Beim Lido droht wegen Carparkplätzen Rechtsstreit

Monstercars: Im Brüelmoos geht die Angst um

Drängen bald Monstercars ins beschauliche Brüelmoos-Quartier? Und sähe das dann so aus?

(Bild: zvg/Montage zentralplus)

Ein Luzerner Quartier sucht die Konfrontation: Die geplante Aufstockung der Carparkplätze im Brüelmoos beim Lido bringt Anwohner und Quartierverein auf die Palme. Am Donnerstag gab’s eine Aussprache – statt einer Einigung kommt es wohl zum Rechtsstreit.

«Wir wollen nicht noch mehr Lärm, Gestank und piep-piep-piep!» Dieser Satz bringt den Widerstand in einem Quartier auf den Punkt. Und unter diesem Titel fassen Anwohner im Brüelmoos ihre Verzweiflung zusammen. Sie schrieben am Donnerstag einen Brief an alle Luzerner Stadtparlamentarier.

Der Hintergrund: Luzern braucht 50 neue Carparkplätze. Auch weil das Inseli ab 2020 carfrei werden soll und die dortigen 26 Parkplätze wegfallen. Kurzfristigen Ersatz will der Stadtrat unter anderem auf dem Parkplatz Brüelmoos beim Tennisclub Lido schaffen. Zu den jetzigen 12 Carplätzen kommen 20 dazu, dafür werden Autoparkplätze aufgehoben (zentralplus berichtete).

«Geringschätzung ist ein mässiger Ausdruck!»

Aus dem Brief des Quartiervereins

Es brodelt bei den Anwohnern und beim dortigen Quartierverein. Der Widerstand gegen die Pläne der Stadt hat stetig zugenommen, seit die Stadt vor zwei Wochen ihr Carkonzept präsentierte. Leserbriefe, öffentliche Stellungnahmen und nun also der Brief an die Politiker.

Dieser Brief trieft vor markigen Worten: «Da wird knallhart keine Rücksicht auf die dort lebenden Bürger genommen: Geringschätzung ist ein mässiger Ausdruck!» Oder: Kindergärtner seien den «rückwärts fahrenden Monstercars ausgesetzt».

Treffen mit Megaphon

Am Donnerstag gab’s erstmals eine direkte Aussprache: ein Treffen auf dem Parkplatz Brüelmoos mit dem städtischen Verkehrsexperten Roland Koch. Josef Galetti hat dafür eigens ein Megaphon organisiert, er ist Präsident des Quartiervereins Seeburg, Würzenbach, Büttenen. Der Aufmarsch war gross, Galetti spricht von rund 80 Anwohnern, die Stimmung: angespannt. «Wir sind entsetzt, mit der Aufhebung der Carparkplätze beim Inseli will man die Emissionen zu uns auslagern», sagt Galetti am Tag danach.

«Cars sind mächtige Gefährte.»

Josef Galetti, Quartierverein

Koch hat die Anwesenden über das städtische Carkonzept informiert und Fragen beantwortet, konnte aber die Bedenken laut Galetti nicht aus dem Weg räumen: «Er hat einiges klargestellt, aber es ist bei den Anwohnern nicht gut angekommen.»

Pointierte Voten

Es habe viele «sehr pointierte Voten» aus dem Publikum gegeben, der Trend sei ganz klar: Nein zu den zusätzlichen Carparkplätzen, Ja zum Parkhaus Musegg, für das derzeit Unterschriften gesammelt werden (zentralplus berichtete). Die Sorgen kamen nochmals aufs Tapet: Lärm, Abgas, Gestank und die Sicherheit für Schulkinder. «Die Cars sind mächtige Gefährte und sind gerade für Kinder bedrohlich», so Galetti.

So könnten die zusätzlichen Carparkplätze im Brüelmoos aussehen – hier rot eingefärbt. Heute stehen dort Autos.

So könnten die zusätzlichen Carparkplätze im Brüelmoos aussehen – hier rot eingefärbt. Heute stehen dort Autos.

(Bild: Google Maps/Montage zentralplus)

Auch die zusätzlichen Fahrten vom Stadtzentrum, wo die Cars Touristen abladen, und dem Brüelmoos, wo die Gefährte parkieren, stossen Anwohner sauer auf. «Das gibt ein Chaos», sagt Galetti. Besonders im Sommer sei die Lidostrasse ohnehin immer voll und die Haldenstrasse sei heute schon stark befahren.

Weitere Streitpunkte sind die fehlende Infrastruktur wie Verpflegung und WCs, ungenügende Sicherheitskontrollen und Lärm von laufenden Motoren zur Kühlung der stehenden Cars. «Wenn die Polizei vor Ort ist, stellen sie den Motor aus, kaum ist sie wieder weg, laufen sie wieder», so Galetti. Er ist enttäuscht: «Dazu hat Roland Koch wenig gesagt.»

Lasten gerecht verteilt?

Auch im Stadtzentrum wohnen Leute – ist es denn nicht fair, wenn die Lasten auf die Stadt verteilt werden? Das lässt Galetti nicht gelten: «Wir ertragen jetzt schon genug Carparkplätze ohne die nötige Infrastruktur und tragen die Lasten bereits mit.»

«Insgesamt war es doch sachlich und keinesfalls verletzend.»

Roland Koch, städtischer Verkehrsexperte

Roland Koch, der städtische Verkehrsexperte, glättet die Wogen: «Die Anwohner haben, was absolut verständlich ist, ihre Voten zum Teil emotional, aber insgesamt doch sachlich und keinesfalls verletzend vorgebracht.» Und er lobt den Quartiervereinspräsidenten, der dazu aufgerufen habe, den «Stadtvertreter» als «Gast» zu behandeln.

Vorstoss der FDP

Auch die FDP-Fraktion im Stadtparlament hat Bedenken wegen der Erweiterung der Carparkplätze im Brüelmoos. «Sind diese zonenkonform?», fragt Grossstadtrat Rieska Dommann in einer dringlichen Interpellation. Das Grundstück liege in der Zone für öffentliche Zwecke, zulässig seien da Bauten, Anlagen und Nutzungen der öffentlichen Nutzung. Konkret heisst das für das Gebiet Brüelmoos: Schulen, Kulturbauten, Museen, Ausstellungs-, Sport- und Freizeitbauten sowie Grünanlagen. Zonenfremde Bauten dürften zwar belassen und unterhalten werden – aber die FDP will nun wissen: «Kann der bestehende Carparkplatz Brüelmoos, falls er zonenfremd ist, trotzdem erweitert werden?»

Für Roland Koch ist der Unmut über Lärm und Gestank «absolut verständlich»: «Ich habe auch nicht versucht, im Detail darauf einzutreten. Ich habe lediglich versucht darzulegen, was wir zu unternehmen gedenken, um die negativen Auswirkungen einzudämmen.»

Als Beispiele nennt er eine «Hausordnung» für den Platz, die zu Rücksicht mahnt, auf Verbesserungen der Fäkaltankentleerung hinweist und darauf, dass das Laufenlassen der Motoren gesetzeswidrig sei. «Ich habe die Anliegen entgegengenommen und keine Versprechungen abgegeben.» Man werde jetzt die Voten in der Direktion beurteilen.

Wie viel Spielraum bleibt?

So oder so: Viel Spielraum dürfte es beim Gesamtkonzept nicht geben, um den Anliegen der Anwohner entgegenzukommen. Die städtische Baukommission hat dem Carkonzept bereits zugestimmt (zentralplus berichtete), am 6. April stimmt das Stadtparlament darüber ab. Zudem befinden die städtischen Stimmbürger am 24. September über das carfreie Inseli.

«Die Luzerner haben das Inseli im Herzen, das Brüel kennt hingegen niemand.»

Josef Galetti

Josef Galetti macht sich keine Hoffnungen, dass das Parlament oder das Volk den städtischen Carplänen einen Riegel schiebt – daran werde auch der Brief nichts ändern. «Die Luzerner haben das Inseli im Herzen, das Brüel kennt hingegen niemand», sagt Galetti.

Bleibt noch der Rechtsweg

Sagen auch Parlament und Stimmvolk Ja zum Carkonzept und somit zu den zusätzlichen Carparkplätze im Brüelmoos, bleibt für die betroffenen Anstösser nur noch der Rechtsweg: «Es wird Einsprachen geben, das steht fest. Es wird auf Verzögerungen und einen Rechtsstreit hinauslaufen», sagt Galetti. «Es kursiert auch bereits die Idee, dass man die Stadt auf Wertminderung der Liegenschaften einklagt.»

Davon lässt sich Roland Koch vorerst nicht beirren. «Ich gehe davon aus, dass wir das Parkplatzprojekt dieses Jahr noch erarbeiten und die Verkehrsanordnung publizieren werden.» Dann könnten die Anwohnerinnen und Anwohner «die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ergreifen», was zwangsläufig zu einer Verzögerung der Umsetzung führe.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Marcel Sigrist
    Marcel Sigrist, 25.03.2017, 13:34 Uhr

    Im Brühl beim Lido kommentarlos 180 Parkplätze aufheben zu Gunsten von 20 zusätzlichen Reisebusplätzen, mit unter anderem massivem Mehrverkehr an Reisebussen auf der Haldenstrasse. Eine Idee unserer städtischen «Verkehrsexperten». Eigentlich unglaublich, leider aber wahr. Das neue «Konzept» Carparkierung liest sich wie eine Auflistung noch vorhandener Parkflächen, die als Reisecarparking umfunktioniert werden können. Wahrlich eine Glanzleistung.. Mit der Schlussfolgerung, ein Parkhaus unter der Museggmauer sei die einzige Möglichkeit, dem Carparkplatzproblem beizukommen. Aber nicht einmal das kann funktionieren.

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