Zuger Abstimmungsdebakel ist noch nicht verdaut

Unterfeld: Grundeigentümer und Behörden eiern herum

Diese Aussicht an der Bahnstrecke zwischen Baar und Zug dürfte nicht so schnell ändern. Der Bauernhof Stocker im Gebiet Unterfeld-Schleife.

(Bild: mbe.)

Die Krokodils-Tränen sind vergossen, die Wunden schmerzen noch – schliesslich wurde viel Geld für die Planung in den Sand gesetzt. Nach dem Abstimmungsfiasko vom 12. Februar stellt sich die Frage, wie es auf dem Unterfeld weitergeht. Die Korporation Zug findet, der Ball liege nun bei den Behörden. Diese wirken seltsam unentschlossen.

Am 12. Februar hat das gemeindeübergreifende Grossprojekt Unterfeld an der Urnenabstimmung Schiffbruch erlitten (zentralplus berichtete). Die Zuger stimmten dem Bau preisgünstiger Wohnungen auf dem Land der Korporation zwar zu. Doch der Bebauungsplan scheiterte am Nein der Baarer Stimmberechtigten, was alle überraschte.

Ja gesagt haben die Baarer jedoch zur Änderung des Zonenplans. Eine komplizierte Ausgangslage, die viele Fragen aufwirft.

Korporation verweist auf Behörden …

Was meinen die Grundeigentümer? Fangen wir in der Stadt Zug an. «Der nach der Abstimmung angekündigte Marschhalt gilt immer noch», sagt Urban Keiser auf Anfrage. Der Präsident der Korporation Zug fügt hinzu, man sehe momentan keinen grossen Handlungsbedarf. «Der Ball liegt jetzt bei den Behörden.»

«Wir sind weiterhin daran interessiert, auf dem Unterfeld ein Projekt zu entwickeln.»

Reto Aregger, Kommunikationschef Implenia

Der Regierungsrat und der Zuger Stadtrat hätten den Bebauungsplan gewünscht, so Keiser. Im Übrigen habe er momentan keinen Auftrag und könne frühestens im Juni 2017 einen neuen Planungskredit beantragen.

… Behörden warten auf Bescheid

Bei den Stadtzuger Behörden verweist man auf die Investoren. «Die Grundeigentümer werden der Behördendelegation ein schriftliches Feedback geben», erklärt der Stadtzuger Bauvorsteher André Wicki. Laut Korporations-Präsident Keiser hat die Korporation das Schreiben an den Stadtrat bereits in der letzten Februar-Woche verschickt. – Da weiss die eine Seite offenbar nicht, was die andere tut.

Und was meinen die Investoren aus Baar? «Implenia ist weiterhin daran interessiert, auf dem Unterfeld ein Projekt zu entwickeln. Die Gruppe bleibt deshalb mit den verschiedenen Partnern im Gespräch», erklärt Reto Aregger, Kommunikationschef der Implenia AG. Detaillierter kann er sich noch nicht äussern. Sobald es konkrete Informationen zur weiteren Entwicklung auf dem Unterfeld gebe, werde man orientieren.

Sitzung in zwei Wochen

Nach dem «Bescheid der Grundeigentümer» werde die Behördendelegation der Stadt Zug und der Gemeinde Baar zusammensitzen und das weitere Vorgehen abstimmen und informieren, so der Zuger Stadtrat Wicki. Diese Sitzung findet am 23. März statt, an diesem Montag wird sich die Gruppe treffen.

Laut Gemeindepräsident Andreas Hotz hat Baar gemeindeintern in der Abteilung Planung/Bau eine erste Auslegeordnung vorgenommen. Konkreter will er nicht werden, man will die Infos zuerst den Behördenkollegen präsentieren.

Der Planungsprozess Unterfeld wurde während Jahren von dieser Gruppe begleitet. Ihr gehören als Vertreter Zugs Stadtpräsident Dolfi Müller (SP), Bauvorsteher André Wicki (SVP) und der Zuger Stadtplaner Harald Klein an. Die Gemeinde Baar ist durch Gemeindepräsident Andreas Hotz (FDP), den Bauvorsteher Paul Langenegger (CVP) und Urs Spillmann, Abteilungsleiter Planung/Bau, vertreten.

Macht die Behördendelegation weiter?

«Sofern weiterhin über beide Gemeindegebiete geplant wird, dürfte diese Behördendelegation beibehalten werden», sagt der Baarer Gemeindepräsident Andreas Hotz auf Anfrage.

Aber offenbar hat die Gruppe die Stimmung in der Bevölkerung nicht richtig eingeschätzt. Hotz tönt damit an, dass auch ein anderes Szenario möglich wäre. Denn es ist durchaus möglich, dass es kein gemeinsames Unterfeld-Projekt mehr geben wird. Und jede Seite für sich plant und baut.

Die Baarer Behörden wünschen sich das aber genauso wenig wie die Zuger. Und die Grundeigentümer profitieren ja erheblich von einem Bebauungsplan, weil er Ausnahmen und mehr Verdichtung zulässt. Das Risiko eines erneuten Scheiterns an der Urne besteht jedoch weiterhin, wenn man planerisch überbordet und kein mehrheitsfähiges Projekt hinbringt.

«Negative Grundhaltung» in Baar

«Selbstverständlich bin ich immer noch nicht glücklich über den Entscheid des Souveräns», sagt Andreas Hotz. Diesen habe er jedoch ohne Wenn und Aber zu akzeptieren. Es sei nun auch an der Behördendelegation, die Gründe für das knappe Nein zum Bebauungsplan auf Baarer Seite zu analysieren und zu gewichten.

«Das Schweizer Volk, und das gilt somit auch für das Zuger Stimmvolk, ist sich über die Fragen des Wachstums nicht mehr einig.»

Beni Riedi, SVP-Kantonsrat

Als mögliche Gründe für das Nein sieht der Gemeindepräsident «eine negative Grundhaltung wegen der USRIII-Abstimmung». Doch ebenso eine Skepsis gegenüber dem Wachstum oder eine negative Grundhaltung zur Verdichtung und zur Mobilität.

Skeptische Stimmen aus Baar

Die Abstimmung vom 12. Februar war ein Fiasko für die bürgerlichen Parteien der beiden Gemeinden, die alle im Ja-Komitee waren. Von dieser Seite hörte man bisher wenig.

Der Baarer SVP-Kantonsrat Beni Riedi betont auf Anfrage, der SVP-Parteivorstand seiner Wohngemeinde habe zwar die Ja-Parole gefasst; die Mitglieder seien aber nicht befragt worden. Er finde persönlich, als Konsequenz des Neins vom 12. Februar müsste man nun über Grenzen des Wachstums diskutieren. «Das Schweizer Volk, und das gilt somit auch für das Zuger Stimmvolk, ist sich über die Fragen des Wachstums nicht mehr einig.» Ein Kanton Zug mit 150’000 Einwohnern im Jahr 2040 werde nicht mehr vorbehaltlos bejaht. «Die Zuger Regierung und die Politik müssen sich diesen wichtigen Fragen stellen», so der Politiker.

Die Baarer Linken zählen sich zu den Gewinnern des 12. Februar. «Der Ball liegt jetzt bei den Investoren», findet der Baarer SP-Kantonsrat Zari Dzaferi. Sie müssten jetzt einen neuen Bebauungsplan vorlegen, der die vorgebrachte Kritik am abgelehnten Projekt aufnehme, wie zum Beispiel die Gebäudehöhe und das Verhältnis zwischen Arbeiten und Wohnen.

Dzaferi findet, dass der politische Prozess für einen nächsten Bebauungsplan breiter abgestützt werden müsste. Die bürgerlichen Parteien seien zu selbstsicher aufgetreten, dass das schon durchkommen würde und hätten nicht auf Kritik gehört. «Man muss sich deshalb schon fragen, wie nahe sie am Puls der Bevölkerung politisierten.»

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