Die künftige Carpolitik in Luzern

Mit Köpfchen statt mit Beton

Der Car-Umschlag beim Schwanenplatz dürfte noch länger erhalten bleiben.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Alles easy an der Carfront? Es scheint so. Mit der neuen Carpolitik gewinnt der Stadtrat zwar keinen Innovationspreis, aber er macht Zugeständnisse in alle Richtungen. Das ist klug.

Es konnte einem fast etwas schwindlig werden am frühen Montagmorgen. Was der Stadtrat den Medien um die Ohren gehauen hat, war nicht ohne. Ganze drei Berichte haben Verkehrsdirektor Adrian Borgula und Baudirektorin Manuela Jost vorgestellt: das Car-Konzept, die Pläne für das Inseli und die Neugestaltung des gesamten linken Seeufers. Ein ordentlicher Stapel Papier, den sich jetzt die Parlamentarier zu Gemüte führen. Sie stimmen im April darüber ab.

Wir wissen nun: Für die Cars ändert sich nicht wahnsinnig viel. Sie dürfen weiterhin am Schwanenplatz und Löwenplatz Touris ausspucken und aufgabeln – zur Freude der Uhrengeschäfte. Das Inseli hingegen wird vom Blech befreit und künftig grüner. Und das Gebiet zwischen Europaplatz und Tribschenhorn soll endlich eine eigene Identität erhalten. Ein Langzeitprojekt wird aufgegleist, eine alte Forderung erfüllt (zentralplus berichtete).

Die überraschenden, grossen Würfe fehlen. Denn, dass der Stadtrat das Inseli grüner haben will, weiss man seit der Salle Modulable. Und man weiss auch, dass das bei der Bevölkerung äusserst gut ankommt – das Inseli ist heilig. Die Umgestaltung des linken Seeufers schliesslich wurde bereits 2008 in einer FDP-Motion gefordert.

Man kann es schade und mutlos finden und das kritisieren. So wie es die Jungen Grünen tun. Sie argumentieren, dass der Stadtrat «die Stadt Luzern an die Uhrenindustrie verkauft und die Bedürfnisse der wohnhaften Bevölkerung ignoriert». Ansonsten blieb es an der Parteienfront erstaunlich ruhig – die Jungsozialisten freuten sich selbstverständlich über den Erfolg ihrer Inseli-Initiative.

Man kann aber auch einfach anerkennen: Was der Stadtrat hier präsentiert, ist Sachpolitik par excellence: Er gibt den Linksgrünen das Inseli inklusive populären Anliegen wie Zwischennutzung und Urban Gardening.

Gleichzeitig beruhigt er Tourismus und Detailhandel und tastet den Schwanenplatz nicht an. Das ist eine nicht zu unterschätzende Konzession, denn die dort ein- und ausfahrenden Cars sind für viele ein Ärgernis, aber es ist hinnehmbar. Und mal ehrlich: Zur Naherholungszone wird der Schwanenplatz auch ohne Cars nicht.

Der Stadtrat kalkuliert ohne Parkhaus im Musegghügel, weil es politisch momentan nicht mehrheitsfähig ist – und zeigt, dass der Car-Verkehr auch ohne dieses Projekt zu bewältigen ist. Elf Halteplätze für alle Cars in der Stadt gibt es, und das reicht. Denn die Vehikel machen gerade mal ein bis zwei Prozent des städtischen Verkehrs aus, in Spitzenzeiten sind es 2,6 Prozent. Ein in der Wahrnehmung grosses Problem wirkt nicht mehr so dramatisch. Zusätzliche Car-Parkplätze sind am Stadtrand geplant – auch das ist sinnvoll.

Am meisten aufhorchen liess eine Bemerkung von Verkehrsdirektor Adrian Borgula: «Mit Intelligenz statt mit Beton» wolle man die künftige Verkehrspolitik betreiben. Und er hat recht: Lieber ein Carkonzept, das als mutlos verschrien wird, das aber mit geschickten kleineren und grösseren Massnahmen ein Problem löst.

Darum ist es löblich, investiert die Stadt in die Strategie, in digitale Lösungen und ins Verkehrsmanagement. Die Chauffeure sollen frühzeitig wissen, wo sie freie Plätze ansteuern können, denn das grosse Ärgernis ist der Suchverkehr, bei Cars wie bei Autos. Und die Stadt gibt zu, dass sie bisher erstaunlich wenig weiss über den Carverkehr: Wo kommt er her? Warum kommt er her? Und wie verhält er sich künftig? (Im Moment geht er zurück.)

Was sicher ist: Intelligente Verkehrssysteme werden uns früher einholen, als uns lieb ist. Darauf muss die Politik gefasst sein. Ein Parkhaus Musegg mag von Tatkraft zeugen, doch es wäre eine Investition in eine Technik von gestern. Massnahmen wie «Monitoring», «Controlling» und «Reisecar-Management» mögen wenig sexy klingen. Aber eben: Ausbaumöglichkeiten bestehen bei beschränkten Platzverhältnissen in der Software, nicht in der Hardware.

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