Wenn Nachbarn helfen: Der Luzerner «Digi-Treff»

Ein Quartier will seine Computerprobleme selber lösen

Corinne Küng vom Verein «Vicino Luzern» (links) und Romy Mathys, Projektleiterin «Digi-Treff», im gemütlich beheizten Pavillon.

(Bild: pze)

Im Bleichergärtli sollen engagierte Technikfreunde auf Leute treffen, die ob ihren Laptops und Smartphones verzweifeln – und gemeinsam Lösungen finden. Der neue «Digi-Treff» ist ein Ort des Austauschs zwischen Nachbarn und soll Hemmschwellen abbauen. Doch noch fehlt etwas.

In der Luzerner Neustadt gibt es ein neues Angebot: Jeden Mittwochmorgen findet im Pavillon des Bleichergärtli der «Digi-Treff» statt. Zwischen neun und elf Uhr tauscht man sich über technische Probleme aus – ganz unverbindlich und niederschwellig. Organisiert wird er von «Vicino Luzern» (siehe Box am Ende). Das Prinzip des Angebots im Pavillon des Bleichergärtli ist simpel: Leute, die gerne am Computer tüfteln, treffen Leute, welche im täglichen Gebrauch der Geräte auf Probleme stossen. Mit dem Gedanken: Gemeinsam löst man Probleme einfacher.

Romy Mathys, Projektleiterin «Digi-Treff» macht aber klar: «Wir bieten keine Computerkurse an.» Wer hier auftaucht, gehe keine Verpflichtungen ein. Ausserdem brauche man nicht Informatiker zu sein, um zu helfen. «Wir können hier nur Probleme behandeln, die sich zwischen neun und elf Uhr auch lösen lassen.» Man repariere keine Geräte und bei weiterführenden Problemen müsse man die Leute allenfalls auch weitervermitteln. Es gehe um die Lust am digitalen Austausch – und das gemeinsame Erproben und Finden von Lösungen.

«Jeder muss den Umgang mit elektronischen Geräten erst lernen.»

Corinne Küng, Standortleiterin Neustadtquartier von «Vicino Luzern»

Denn das System beruht auf Gegenseitigkeit: Es sollen Menschen mit ihren Techniksorgen zum Pavillon kommen genauso wie Menschen, die Lust hätten, im gemeinsamen Austausch ebenjene Probleme zu lösen. Welche Geräte Probleme machen ist sekundär: Computer, Smartphone, Tablet oder E-Reader können mitgebracht werden. Es ist also ein Forum für gesellige Tüftler und für die Pflege der Nachbarschaftsbeziehungen.

Hemmungen gegenüber Technik abbauen

Das Ziel des Vereins «Vicino Luzern» ist es, dass Senioren möglichst lange und selbstständig zu Hause wohnen bleiben können. Dabei könne Technik auch helfen. Corinne Küng, Standortleiterin Neustadtquartier von «Vicino Luzern», erklärt: «Es gibt tolle Apps für den Alltag. Wir wollen diese unserem Zielpublikum zugänglich machen.» So sei beispielsweise die Spracherkennung für Leute mit Sehproblemen eine grosse Erleichterung. Dabei seien aber nicht nur ältere Menschen angesprochen, man wolle im «Digi-Treff» das ganze Quartier miteinander vernetzen.

Die nächsten Veranstaltungen von «Vicino Luzern» auf einen Blick: Der Verein engagiert sich für Senioren in der Neustadt.

Die nächsten Veranstaltungen von «Vicino Luzern» auf einen Blick: Der Verein engagiert sich für Senioren in der Neustadt.

(Bild: pze)

Der «Digi-Treff» könne helfen, die Hemmschwelle abzubauen, sich mit moderner Technik auseinanderzusetzen. «Jeder muss den Umgang mit elektronischen Geräten erst lernen», so Küng. Gerade pensionierte Menschen seien dabei auf Unterstützung angewiesen. Im ungezwungenen Austausch mit dem Umfeld aus der Nachbarschaft sei dies oft einfacher als in Computerkursen.

Geduld oft wichtiger als IT-Kenntnisse

Die Idee für einen Treffpunkt für digitale Probleme, so sagt Projektleiterin Mathys, sei lange gereift. «Ich habe zuerst an ein Café gedacht, in dem sich Personen austauschen können.» Dabei brauche es Menschen, die Freude am digitalen Ausprobieren haben und die ernsthaft auf die IT-Probleme der Menschen eingehen.

«Ziel ist es, dass wir bald eine Handvoll Freiwillige zusammenbekommen, die dieses Projekt nach und nach selber in die Hand nehmen.»

Romy Mathys, Projektleiterin «Digi-Treff»

Die Herausforderung wird sein, Freiwillige zu finden, die sich gerne mit digitalen Fragen auseinandersetzen, erklärt Mathys. «Wir brauchen nicht IT-Spezialisten, sondern Personen, die in der Lage sind, digitale Probleme zu lösen.» Und «Vicino Luzern»-Standortleiterin Küng betont: «Oft sind IT-Kenntnisse gar weniger wichtig als Zwischenmenschliches. Gemeinsam Computerprobleme zu lösen erfordert von den Frewilligen viel Geduld.»

Bei der ersten Durchführung sind noch keine Besucher vor Ort. Das sei aber in Ordnung, meinen die Verantwortlichen. Die Erfahrung zeige, solche Projekte brauchen eine gewisse Anlaufzeit. Ähnliche Angebote seien inzwischen im Quartier etabliert und gut besucht.

Unterstützung der Hochschule

Die Hochschule für Technik und Architektur (HSLU) ist Partnerin des Projekts im Bleichergärtli-Pavillon. Genauer gesagt: das Projekt «iHomeLab», das IT-Forschungsprojekt für intelligentes Wohnen der Hochschule in Horw. Dort arbeitet man an sogenannten «intelligenten Häusern». Das Ziel ist ein sehr ähnliches wie das von «Vicino Luzern»: Technik soll älteren Menschen ein längeres Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen. «iHomeLab» unterstützte den «Digi-Treff» denn auch mit der nötigen Anschubfinanzierung.

Der Pavillon im Bleichergärtli: Hier findet jeden Mittwochmorgen der «Digi-Treff» statt.

Der Pavillon im Bleichergärtli: Hier findet jeden Mittwochmorgen der «Digi-Treff» statt.

(Bild: pze)

Doch bisher sitzen die zwei Frauen noch alleine am Tisch. Mathys leitet den «Digi-Treff», Küng unterstützt sie bei Bedarf als Standortleiterin. Aber, so Mathys: «Ziel ist es, dass wir bald eine Handvoll Freiwillige zusammenbekommen, die dieses Projekt nach und nach selber in die Hand nehmen.»

Was ist «Vicino Luzern»?

«Vicino Luzern» ist ein Verein, der ältere Menschen im Luzerner Neustadtquartier unterstützt, damit diese möglichst lange in ihrer eigenen Wohnung leben können. Der Verein setzt dabei auf die Vernetzung im Quartier. «Vicino Luzern» fördert durch seine Projekte den Austausch und kleinere Hilfestellungen, um den Alltag zu erleichtern. Das Prinzip der «Nachbarschaftshilfe» soll dabei ein Gewinn für alle Menschen im Quartier sein.

Weiter ist «Vicino Luzern» mit professionellen Dienstleistern verknüpft, beispielsweise der Spitex, der Pro Senectute oder der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL). Der Verein bietet auch Informationen über Dienstleistungen und Beratungsstellen zu den Themen Alter und Gesundheit.

«Sharing» als Grundprinzip

Der Pavillon im kleinen Park neben der Himmelrich-Baustelle bietet dabei den perfekten Rahmen für den Verein. Er ist ausgerüstet mit der nötigen Stromversorgung und einer Internetverbindung, gleichzeitig ist der Innenraum zum Verweilen eingerichtet: Ein runder Tisch mit Stühlen und Holzbank für den Austausch, eine kleine Kochinsel für Kaffee und Tee und ein kleiner Holzofen für das nötige Ambiente geben dem Ort eine «heimelige» Atmosphäre. «Wir wollen der Anonymität des Quartiers entgegenwirken», sagt Corinne Küng. Dabei sei es auch praktisch, dass man im Sommer draussen sitzen könne. Dann werde sich die Hemmschwelle, um «sich einfach mal dazuzusetzen» sicher sinken.

Dabei basiert alles auf dem «Sharing»-Prinzip. «Im Pavillon kann man nichts kaufen», so Küng, «wir schreiben auf eine Tafel, was gebraucht wird , und beim nächsten Besuch nimmt jemand etwas davon mit.» Dies kann Kaffee sein oder jetzt im Winter vor allem Feuerholz. Das funktioniere einwandfrei, so Küng: «Den Leuten ist es ein Anliegen, etwas beizusteuern. Es herrscht ein grosses Gemeinschaftsgefühl.»

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