Bürgerliche knöpfen sich Luzerner Öko-Allianz vor

Geheime Studie sorgt für politisches Blitzgewitter

Die Debatte ums Musegg-Parkhaus ist neu entfacht – und sorgt für böses Blut.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Hätte eine – bis jetzt noch geheime – Studie womöglich das Musegg-Parking gerettet? Hätte es das Scheitern im Stadtparlament verhindert? Die Bürgerlichen meinen Ja – und erheben massive Vorwürfe. Unsinn, entgegnen die Linken. Und bei der GLP ist man vor allem eines: sauer.

Will man die Cars vom Schwanen- und Löwenplatz weghaben, gibt es langfristig keine Alternative zum Parkhaus Musegg. Zu diesem Schluss kommt angeblich eine Studie, die der Stadtrat in Auftrag gegeben hat. Sie ist Grundlage für das Carpark-Konzept, das die Stadt bis im Frühling präsentieren will.

Nun wirft die «Luzerner Zeitung» (LZ) dem Stadtrat vor, dass er die Ergebnisse unter Verschluss hält, obwohl sie – zumindest zum Teil – bereits im Herbst bekannt waren. Also noch vor der Debatte im Stadtparlament von Mitte Dezember, bei der auf Drängen der Öko-Allianz aus SP, Grünen und GLP eine knappe Mehrheit das Projekt Musegg-Parking versenkt hat (zentralplus berichtete).

Hat der Stadtrat also relevante Informationen unter dem Tisch gehalten? Dies zumindest behauptet die LZ am Freitag (zentralplus berichtete). SP, Grüne und GLP hätten das Parkhaus versenkt. «Der Stadtrat hatte sich nur halbherzig dagegen gewehrt. Jetzt ist klar, warum: Er wollte es genau so haben», kommentiert LZ-Chefredaktor Jérôme Martinu. «Unehrlich» und «eine Zumutung» sei das Verhalten des Stadtrats.

Andrea Gmür, Präsidentin der CVP Stadt Luzern, forderte auf Twitter:


Die Studie geht laut LZ davon aus, dass es in der Luzerner Innenstadt künftig 118 Carparkplätze sowie 11 Halteplätze braucht – 49 mehr als heute. Das unterirdische Parkhaus hätte Platz für 36 Reisecars geboten.

Bürgerliche fordern Transparenz

Auch die unterlegenen Parteien FDP, CVP und SVP finden: «Der Stadtrat hat dem Parlament entscheidungsrelevante Fakten vorenthalten. Es stellt sich die Frage, ob die Debatte und Entscheidung am 15. Dezember anders verlaufen wären», schreiben sie in einem dringlichen Postulat diesen Freitag. Sie fordern, dass der Stadtrat die besagte Car-Studie jetzt öffentlich macht.

Eine offene Frage ist zudem, wie viel die städtische Verkehrskommission, in der alle Parteien sitzen, von der Studie gewusst hat. Und inwiefern SP, Grüne und Grünliberale dieses Wissen für ihre Vorstösse – unter anderem das entscheidende dringliche Postulat – gegen das Parkhaus nutzten.

FDP und SVP enttäuscht vom Stadtrat

Ob die bisher geschlossene Allianz aus Grünen, Linken und Grünliberalen tatsächlich gebröckelt hätte, darf zumindest bezweifelt werden. Auch Fabian Reinhard, Präsident der FDP Stadt Luzern, weiss nicht, ob damit an den Mehrheiten letztlich etwas geändert hätte. «Aber das Postulat hätte niemals für dringlich erklärt werden dürfen, die Anforderungen dafür waren nicht gegeben und der Stadtrat hätte da opponieren müssen», sagt er.

Reinhard findet, dass der Stadtrat sich viel mehr für das Anliegen hätte ins Zeug legen müssen. «Weil der Stadtrat die Studie verschwiegen hat, muss man davon ausgehen, dass Parlament und Regierung unter einer Decke stecken», sagt er. Dass die Öko-Parteien ihre Vorstösse mit dem Wissen aus den Kommissionen starteten, ist für Reinhard schlicht eine «handstreichartige politische Aktion».

Fordern, dass die Studie öffentlich wird: Roger Sonderegger (CVP), Peter With (SVP) und Fabian Reinhard (FDP).

Fordern, dass die Studie öffentlich wird: Roger Sonderegger (CVP), Peter With (SVP) und Fabian Reinhard (FDP).

(Bild: zvg)

SVP-Präsident Peter With pflichtet bei: «Mit Kenntnis der Studie hätte es zumindest eine ehrlichere Debatte gegeben. Ich bin enttäuscht vom Stadtrat, man muss davon ausgehen, dass er wollte, dass das Parkhaus bachab geht.» Dies nach einem Jahr Planung und einem Zusammenarbeitsvertrag mit den privaten Parkhaus-Initianten. «Wenn man den Schwanenplatz carfrei will, hätte der Stadtrat im Rat dafür kämpfen müssen», so With. Indem er aber die Studie zurückgehalten habe, nehme er in Kauf, dass das Projekt scheitert.

Nun wollen die Bürgerlichen zumindest erreichen, dass die Studie so schnell wie möglich öffentlich wird, es gebe keinen Grund mehr, diese unter dem Deckel zu halten. Adrian Borgula, zuständiger Stadtrat der Grünen, begründete das Abwarten gegenüber der LZ so: «Wir können uns erst inhaltlich zum Carparkierungs­konzept äussern, wenn dieses fertig vorliegt und zuhanden des Parlaments verabschiedet ist. Das ist immer das normale Vorgehen mit dem Parlament.» Zudem sei damals, im Dezember, die Endversion der Studie noch nicht vorgelegen.

Keine Ahnung über die Studie

Planen die Parkhaus-Initianten weiter?

SP, Grüne und Grünliberale haben dem von privaten Initianten geplanten Projekt des Musegg-Parkhauses Mitte Dezember den Stecker gezogen. Ein dringliches Postulat wurde knapp angenommen und die Stadt muss sich aus den Planungen zurückziehen (zentralplus berichtete).

Trotz politischem Schiffbruch: Die privaten Initianten gehen jetzt an die Öffentlichkeit. «Wir erachten es als unsere Pflicht gegenüber unseren Geldgebern, aber auch gegenüber der Bevölkerung der Stadt Luzern, die Inhalte der bisherigen Arbeiten publik zu machen», schreiben sie in einer Mitteilung. Mit dem Vorprojekt liessen sich viele offene Fragen beantworten und die Machbarkeit nachweisen.

Am Donnerstagmorgen, 9. Februar, wird die Musegg Parking AG ihre Erkenntnisse an einer Medienkonferenz präsentieren – und «aufzeigen, ob es einen fortführenden Weg geben kann». zentralplus hält Sie auf dem Laufenden.

Jules Gut, Fraktionschef der GLP im Stadtparlament, ist sauer und momentan nicht gut auf das Geschäft zu sprechen. «Man kann im Moment sagen, was man will, es ist eh falsch.» Er habe keine Ahnung vom Inhalt der Studie – die Vorwürfe, man habe Kommissionsinformationen missbraucht, findet Gut «unverschämt und ungeheuerlich».

Der GLP gehe es bei der ganzen Carproblematik um eine Gesamtsicht, um grundlegende Fragen der Stadtentwicklung und nicht eine Reduktion auf ein Parkhaus. «Bei der jetzigen Diskussion geht es wieder nur um einen Grabenkampf zwischen links und rechts», das Postulat verhindere eine sachliche Diskussion, so Gut. «Dabei müsste man jetzt miteinander reden und Brücken bauen.»

Jules Gut ist nicht dagegen, dass die Studie jetzt öffentlich wird, kann sich aber einen Seitenhieb nicht verkneifen: «Die Bürgerlichen pochen auf Veröffentlichung, sind aber gegen das Öffentlichkeitsprinzip, damit habe ich Mühe.»

Linke gibt sich ahnungslos

Mario Stübi, Mitglied der SP-Fraktion und der Verkehrskommission, sagt leicht sarkastisch: «Es ist super für die LZ, wenn sie zu dieser Vorabversion der Studie kommt, aber die Vorwürfe an den Stadtrat zeugen nicht von einer guten Recherche.» Jedenfalls hätten er und die Fraktion sich im Dezember nicht schlecht informiert gefühlt – und geändert hätte sich auch mit der Studie nichts: «Wer das behauptet, kennt uns schlecht. Für uns steht fest, dass neue Parkplätze im Stadtzentrum ungeeignet sind, das hätte an unserer Haltung zum Parkhaus Musegg nichts geändert.»

Auch den Vorwurf, dass die Linken das Kommissionswissen für ihre Vorstösse genutzt hätten, lässt Stübi nicht gelten: «Wie gesagt, wir kennen die Studienergebnisse nicht, das hat nichts damit zu tun.» Stübi hält es für richtig, dass der Stadtrat dann informiert, wenn es etwas zu sagen gibt. Wie die SP zum dringlichen Postulat steht, hat die Fraktion aber noch nicht entschieden. Das Carparkierungskonzept ist für den Frühling angekündigt. «Wir erhoffen uns Lösungen für die Carfrage, die nicht nur die Innenstadt betreffen, das ist das, was wir wollen», so Stübi.

Die Studie ändert nichts an deren Meinung: Laurin Murer (Grüne), Mario Stübi (SP) und Jules Gut (GLP).

Die Studie ändert nichts an deren Meinung: Laurin Murer (Grüne), Mario Stübi (SP) und Jules Gut (GLP).

(Bild: zvg)

Auch für die Grünen hätte eine Vorabinfo der Studie im Dezember nichts geändert: «Für uns ist das Musegg-Parking unabhängig davon keine Lösung für die Carproblematik, das war für uns immer klar», sagt Laurin Murer, Stadtparlamentarier der Jungen Grünen. Er sieht es als Vorteil, wenn man möglichst früh nach anderen Lösungen Ausschau hält: «Wir fordern, dass man einen Plan B zu den Carparkplätzen im Parkhaus Musegg findet», sagt Murer. Das steht auch so im Postulat «Carparkierungskonzept ohne Parkhaus Musegg», das Laurin Murer mit Parlamentskollegen bereits im September einreichte. Es fordert, dass das Konzept mindestens eine Variante ohne Musegg-Parkhaus aufzeigt.

CVP fordert Lösungen

Die CVP, die bisher in Verkehrsfragen häufig mit den Linken stimmte, hat die dringliche Forderung, die Studie öffentlich zu machen, ebenfalls unterschrieben. Aber CVP-Parlamentarier und Präsident der Verkehrskommission, Roger Sonderegger, hält nicht viel von den Vorwürfen an den Stadtrat: «Den Vorwurf der Geheimniskrämerei kann man immer machen, aber die Linken hätten auch gegen das Parkhaus gestimmt, wenn sie über die Studie informiert gewesen wären.»

Dass hingegen SP, Grüne und GLP, kurz nachdem die Verkehrskommission im September von der Studie erfahren hat, drei Vorstösse gegen das Musegg-Parking lancierten, findet Sonderegger «merkwürdig». Da habe man den Informationsvorsprung genutzt, «es ist eigentlich nicht die Meinung, dass man damit Politik macht», so Sonderegger.

Sonderegger ärgert sich am meisten, dass man nicht mehr in ordentlichen Bahnen planen könne. «Das ganze Projekt läuft jetzt in chaotischer Manier ab, das verunmöglicht einen geordneten Prozess.» Und: «Wie man die Carproblematik längerfristig lösen will, da haben die Linken bis jetzt einfach noch keine vernünftige Lösung gezeigt.»

Auch innerhalb der FDP gibt es gemässigtere Töne, die zumindest die Kritik am Stadtrat etwas relativieren. Reto Kessler sagt als Mitglied der Verkehrskommission: «Wenn die Studie öffentlich wird, kommen unweigerlich viele Fragen auf, man muss dem Stadtrat die nötige Chance geben, sich darauf vorzubereiten und alle offenen Fragen kompetent zu beantworten.»

Eine Frage ist laut Kessler aber, ob der Stadtrat die Veröffentlichung der Studie bis nach der Debatte im Parlament verzögert hat. «Wenn hier eine Verzögerungstaktik stattgefunden hat, so ist dies tatsächlich unhaltbar», sagt Kessler.

Sicht auf die Luzerner Altstadt samt Museggtürmen. Der rote Pfeil zeigt an, wo in etwa die Einfahrt ins unterirdische Parkhaus wäre.

Sicht auf die Luzerner Altstadt samt Museggtürmen. Der rote Pfeil zeigt an, wo in etwa die Einfahrt ins unterirdische Parkhaus wäre.

(Bild: zVg)

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