Anklage wegen fahrlässiger Tötung

Fall Malters: Polizeikader müssen definitiv vor Gericht

In diesem Haus zwischen Scheune und Turm spielte sich das Drama von Malters ab.

(Bild: azi)

Jetzt ist es definitiv: Der Fall Malters wird zum Gerichtsfall. Der Polizei-Kommandant und der Leiter der Kriminalpolizei werden wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung angeklagt. Der ausserordentliche Staatsanwalt kommt zum Schluss, dass die Polizei unverhältnismässig gehandelt hat.

Der ausserkantonale Staatsanwalt, welcher den Polizeieinsatz vom vergangenen März 2016 in der Gemeinde Malters untersucht, hat wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung gegen Polizei-Kommandant Adi Achermann und Kripo-Chef Daniel Bussmann Anklage erhoben. Das Bezirksgericht Kriens hat als nächste Instanz über die Vorwürfe zu befinden.

Die beiden Polizeikader waren verantwortlich für einen Polizeieinsatz am 8. März 2016 in Malters. Die Polizei wollte eine Wohnung durchsuchen, weil sie darin eine Hanfplantage vermutete. Doch eine 65-jährige Frau, die Mutter des mutmasslichen Betreibers der Hanfanlage, verbarrikadierte sich darin. Nach stundenlangen Verhandlungsversuchen stürmte die Polizei das Gebäude und fand die Frau tot auf. Sie hatte sich erschossen. 

Der Sohn der Frau hat bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern gegen die Verantwortlichen des Polizeieinsatzes eine Anzeige eingereicht, unter anderem wegen fahrlässiger Tötung. Er führte unter anderem ins Feld, dass der Polizeipsychologe von einer Intervention abgeraten haben soll (zentralplus berichtete).

Unverhältnismässige Intervention

Der Aargauer Staatsanwalt Christoph Rüedi wurde vom Kantonsgericht als ausserordentlicher Staatsanwalt mit der Untersuchung beauftragt. Er hat die Umstände der Selbsttötung abgeklärt und dazu mehrere Personen befragt. Nun kommt er zum Schluss, dass sich die beiden beschuldigten Personen – der Kommandant und der Leiter der Kriminalpolizei – für ein gewaltsames Eindringen in die Wohnung entschieden, ohne ausreichend weitere Handlungsalternativen geprüft oder wahrgenommen zu haben. Gemäss Anklage bestehen mehrere Anhaltspunkte dafür, dass die erfolgte Intervention so nicht hätte durchgeführt werden dürfen und unverhältnismässig war.

Der zuständige Staatsanwalt hat die beiden Personen entsprechend beim Bezirksgericht Kriens wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Wann die Verhandlung stattfinden wird, ist noch nicht bekannt. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

Adi Achermann, Kommandant der Luzerner Polizei.

Adi Achermann, Kommandant der Luzerner Polizei.

(Bild: bra)

Die beiden Anwälte der Polizeikader hatten im November mitgeteilt, dass alle anderen anwesenden Experten den Entscheid und den Zeitpunkt für ein Eingreifen für richtig hielten. Sie beschuldigten vielmehr den Sohn der verstorbenen Frau, der mit dem Betrieb seiner Indoor-Hanfanlage und dem Zurücklassen seiner bewaffneten, psychisch angeschlagenen Mutter den wichtigsten Faktor darstelle. Sie bezeichneten das Vorgehen als «verfehlt». Allerdings befürworteten die Anwälte, dass angesichts der Schwere der erhobenen Vorwürfe, ein Gericht über diese Sache entscheiden wird.

Ausschluss von heiklen Einsätzen bleibt

Der zuständige Regierungsrat Paul Winiker (SVP) hatte im September beschlossen, dass die beiden Beschuldigten der Luzerner Polizei im Sinne einer vorsorglichen Massnahme bis zum Abschluss des Strafverfahrens keine heiklen Einsätze mehr leiten dürfen (zentralplus berichtete). Von weiteren Massnahmen sah er aufgrund der Unschuldsvermutung ab.

Winiker lässt mitteilen, dass die vorsorgliche Massnahme weiterhin in Kraft bleibt und betont in einer Medienmitteilung, dass die Anklage noch keine Vorverurteilung bedeute.

Regierungsrat Paul Winiker äussert sich in einer Videobotschaft am 10. Januar:

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1 Kommentar
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    Rasputin, 13.01.2017, 11:41 Uhr

    Wie bitte? Fahrlässige Tötung bei Suizid?

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