Bruno Affentranger verscherbelt sein Onlineportal

Dicke Überraschung: Luzerner Zeitung krallt sich beiUns.ch

Die LZ vergrössert ihren Online-Auftritt mit der Übernahme von beiUns.ch (Bild: Montage pze).

Die kriselnde Luzerner Internetplattform beiUns.ch hat in letzter Sekunde einen Retter gefunden. Die Luzerner Zeitung übernimmt die Mitmach-Webseite – doch warum, kann niemand so genau sagen. Der ehemalige Besitzer hat bereits ein neues Projekt am Start.

Es gibt eine Zukunft für beiUns.ch. Vermutlich. Die LZ krallt sich das seit Längerem dahinsiechende Onlineportal, das vor allem von Vereinen, PR-Leuten und Hobbyreportern geführt wird. beiUns findet also den dringend gesuchten Investor, der über das nötige Geld verfügt (zentralplus berichtete).

Bruno Affentranger, Delegierter des Verwaltungsrates der beiUns Medien AG, wird in der Medienmitteilung der LZ von diesem Mittwoch wie folgt zitiert: «Mit der Luzerner Zeitung haben wir die ideale Partnerin gefunden, um Reichweite und Nutzerzahlen von beiUns.ch weiter zu steigern. Im Alleingang wäre dies nicht möglich gewesen.» Affentranger verlässt damit auch die Mitmach-Plattform per sofort.

Auskünfte über die Zukunft der Firma könne er keine machen, da die Firma nun ja nicht mehr länger ihm gehöre. Grosse Enttäuschung über den Verkauf seines Unternehmens ist ihm aber nicht anzumerken. Seine Aufmerksamkeit gilt offenbar dem neuen Magazin «Stadtsicht», wo Affentranger als Herausgeber fungiert.

«Die Nutzerzahlen sind bescheiden.»

Jürg Weber, Geschäftsleiter Regionalmedien NZZ-Mediengruppe

Nichts verändern, nur verfeinern

Noch im November standen die Zeichen für die Onlineplattform schlecht: «Kommerziell läuft es nicht so, wie wir uns das gewünscht hatten», sagte damals Affentranger zu zentralplus. Die gewünschte Reichweite sei nicht erreicht worden, so der ehemalige Wirtschaftsjournalist.

Was also bewegt die LZ dazu, beiUns.ch zu übernehmen? Jürg Weber, Geschäftsleiter Regionalmedien der NZZ-Mediengruppe, räumt ein: «Die Nutzerzahlen sind bescheiden.» Jedoch vertraut Weber auf den Namen der Luzerner Zeitung. Die Zeitung könne die Onlineplattform besser bewerben und so die Nutzerzahlen steigern. An der Seite selber wird vorläufig noch nichts verändert. Sie werde in nächster Zukunft höchstens verfeinert und an gewissen Stellen verbessert, so Weber.

Bruno Affentranger (links) verkauft sein Onlineportal an Pascal Hollensteins LZ.

Bruno Affentranger (links) verkauft sein Onlineportal an Pascal Hollensteins LZ.

(Bild: zVg)

Ziel: «lokale Verästelung»

Laut Weber wird beiUns.ch auch enger mit der LZ verknüpft werden. Dabei geht es nicht nur um das Onlineportal der Zeitung. Weber bestätigt, wenn ein Artikel den Qualitätsstandards der Zeitung genüge, würde er durchaus auch in der Printausgabe erscheinen: «Unser Ziel ist die lokale Verästelung, bei regionalen Themen mehr in die Tiefe gehen zu können.»

Löst das nicht Kontroversen über die Qualität der Zeitung innerhalb der Redaktion aus, wenn Heti und Pletis Beiträge in der Printausgabe veröffentlicht werden? Weber verneint, das sei ja bereits heute hin und wieder der Fall: «Wenn beispielsweise ein Mitglied eines Vereins, jemand, der gut schreibt, einen Matchbericht verfasst, der unseren Ansprüchen genügt, wurde der auch bisher schon abgedruckt.»

«Die LZ wird wegen diesem Projekt sicher nicht in den Abgrund gerissen.»

Pascal Hollenstein, Leiter Publizistik der Regionalmedien der NZZ-Mediengruppe

Ein «grosses Ohr» für das Regionale

Pascal Hollenstein, Leiter Publizistik der Regionalmedien der NZZ-Mediengruppe, sagt, man sei von der Gelegenheit ein Stück weit überrumpelt worden. Zwar studiere man schon länger daran herum, wie man sogenannten «User-Gerenated Content» – so der Fachjargon – in die Kanäle der LZ einbinden könne. Bisher sei es aber nie zu einer Umsetzung gekommen.

Mit beiUns.ch kauft die LZ laut Hollenstein eine funktionierende Infrastruktur. Von daher sei das Angebot von Affentranger eine glückliche Gelegenheit gewesen. Wie viel die LZ für das Portal bezahlt hat, will Hollenstein nicht sagen. Zur Frage nach dem Risiko lässt er mit einem Schmunzeln aber durchblicken: «Die LZ wird wegen diesem Projekt sicher nicht in den Abgrund gerissen.» 

Ein Portal für Hobby-Journalisten

beiUns.ch ist auf sogenannte «Regioporter» angewiesen. Dies können Privatpersonen, aber auch Vereine und Institutionen sein, die über ein bestimmtes Thema einen Beitrag verfassen oder Fotos hochladen. Diese Beiträge können gelesen, kommentiert und weiterempfohlen werden. In letzter Zeit war das Portal aber annähernd inaktiv.

Hollenstein glaubt an die Zukunft des «User-Generated Content», einer Medienform, in welcher die Leserinnen und Leser selber Artikel verfassen. Ausserdem wolle man den regionalen Themen mehr Aufmerksamkeit schenken. Hollenstein meint: «Das Portal ist ein grosses Ohr, das man dort hinhält.» Als Schreibender sei es immer schön, gelesen zu werden. Die LZ biete den Regioportern durch ihre Bekanntheit eine Plattform, auf der mehr Leute erreicht werden können als bisher. So wolle man versuchen, wieder mehr Mitwirkende für das Portal zu gewinnen.

Wie genau aber die Verknüpfung von beiUns.ch und den Kanälen der LZ vonstatten gehen wird; wie das kleine Portal vom grossen Bruder profitieren soll – das wollen die Verantwortlichen nicht verraten.

«Es ist eine Community mit einer Seite, nicht eine Seite mit einer Community.»

Diego Yanez, Direktor der Journalistenschule MAZ

Für die LZ sind die Mitglieder interessant

Es überrascht dennoch, dass die Luzerner Zeitung ein fast marodes Onlineportal aufkauft. Diego Yanez, Direktor der Luzerner Journalistenschule MAZ, meint, grossen Printmedien gehe es bei der Übernahme von solchen Portalen wohl vor allem um sogenanntes «Community-Building». Interessant an beiUns sei nämlich vor allem Eines: die Mitglieder. «Es ist eine Community mit einer Seite, nicht eine Seite mit einer Community», fasst Yanez zusammen.

Solche aktiven Internetgemeinschaften aufzubauen sei ein verbreitetes Problem für die grösseren Printmedien. Daher könnte es bei der Übernahme durchaus auch um einen Know-how-Transfer gehen: Gewisse Konzepte von beiUns.ch könnten auf den hauseigenen LZ-Onlineauftritt übertragen werden. Aber auch Yanez meint zur Übernahme: «Ich bin sehr überrascht gewesen.»

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