Der Zuger Kantonstierarzt zur Vogelgrippe

Das wird fürs Geflügel ein langer Winter auf engem Raum

Sie verbreiten möglicherweise bald ein tödliches Virus: Wildvögel auf dem Zugersee.

(Bild: mam)

Die Vogelgrippe breitet sich über Europa aus und fordert viele tierische Opfer. Die rund 70’000 Hühner, Gänse oder Truthähne im Kanton Zug haben Hausarrest. In der Zentralschweiz wurde zwar noch kein infizierter Vogel nachgewiesen, aber das Virus bleibt hoch ansteckend.

Vogelgrippe ist für viele immer noch ein Reizwort, seit sich vor zehn Jahren in China erstmals einzelne Menschen mit der Tierkrankheit ansteckten. 2013 tauchte ein weiterer Virusstamm auf, der für Menschen gefährlich sein kann.

Beim Virus, der momentan Geflügelzüchter und Tierärzte in Atem hält, handelt es sich indes um einen anderen Krankheitserreger: H5N8 breitet sich seit November unter den Wildvögeln Europas aus und bewegt auch Zuger Zeitungsleser zum Verfassen von Leserbriefen.

Übertragen wird das Virus anfangs durch Zugvögel und Entenarten. Als Folge davon müssen beispielsweise in Holland 200’000 Zuchtenten notgeschlachtet werden.

Reiherenten sind zum Teil Zugvögel und gehörten mit zu den ersten infizierten Vögeln in der Schweiz.

Reiherenten sind zum Teil Zugvögel und gehörten mit zu den ersten infizierten Vögeln in der Schweiz.

(Bild: flickr: Arne List)

In der Schweiz wurde das Virus am Bodensee und der Westschweiz festgestellt. In der Zentralschweiz ist es noch nicht aufgetaucht, dennoch besteht hier bereits Stallpflicht fürs Nutzgeflügel. Angesichts der grossen Dimensionen der Epidemie haben wir beim Zuger Kantonstierarzt Rainer Nussbaumer nachgefragt.

zentralplus: Ist die Vogelgrippe ansteckend?

Rainer Nussbaumer: Beim Typ H5N8, der momentan im Umlauf ist, ist das Ansteckungspotenzial von Wildvögeln auf Nutzvögel tatsächlich sehr gross.

«Dieses Virus ist für Menschen nicht gefährlich – ausschliesslich für Geflügel.»

Rainer Nussbaumer, Kantonstierarzt

zentralplus: Besteht Ansteckungsgefahr für Menschen, wenn sie Enten und Schwäne füttern? 

Nussbaumer: Nein. Dieses Virus ist für Menschen nicht gefährlich – ausschliesslich für Geflügel.

zentralplus: Vogelgrippeviren werden durch Vogelkot übertragen. Ist es problematisch, wenn Laub mit einem Gebläse entsorgt wird? Da werden doch der Vogelkot und andere Bakterien herumgewirbelt.

Nussbaumer: Erst mal: Das Vogelgrippevirus H5N8 ist für Menschen nicht gefährlich. Bei der Arbeit mit dem Gebläse werden sicher bakterielle und virale Partikel auf einer grossen Fläche verteilt. Aber es braucht natürlich eine gewisse Mindestmenge von Viren, damit diese ansteckend wirken. Deswegen halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass wegen eines Laubgebläses eine Ansteckung erfolgt. Aber natürlich kann ich auch nicht das Gegenteil beweisen.

Beobachtet die Lage genau: Rainer Nussbaumer, Zuger Kantonstierarzt und Leiter des Amts für Verbraucherschutz.

Beobachtet die Lage genau: Rainer Nussbaumer, Zuger Kantonstierarzt und Leiter des Amts für Verbraucherschutz.

(Bild: mam)

zentralplus: Kann das Virus nicht mutieren?

Nussbaumer: Alle Viren können mutieren. Aber das H5N8-Virus, das in der momentanen Form seit zwei Jahren unverändert im Umlauf ist, scheint stabil. Seit es in China erstmals aufgetaucht ist, hat es keine Tendenz gezeigt, zu mutieren.

zentralplus: Was soll man tun, wenn man einen toten Vogel sieht?

Nussbaumer: Die Todesursache für einen einzigen Vogel kann vielfältig sein. Wenn die Vogelgrippe im Spiel ist, geht man davon aus, dass mehrere Vögel betroffen sind. Es müssten also mehrere tote Vögel in einem gewissen Umfeld zu finden sein. In diesem Fall soll man bitte unbedingt den Fund der Wildhut melden.

«Alle Viren können mutieren.»

Rainer Nussbaumer, Kantonstierarzt

zentralplus: Wie stellen Sie vom Veterinärdienst aus fest, ob die Vogelgrippe im Kanton vorkommt?

Nussbaumer: Dazu nehmen die Wildhüter eine Kottupferprobe der toten Vögel und schicken diese Probe ins Labor.

zentralplus: Gehen Sie  selber an den Seen schauen, ob dort tote Vögel liegen?

Wo melden?

Wer mehrere tote Vögel findet, informiert die Wildhut via Zuger Polizei unter der Telefonnummer 041 728 41 41.

Nussbaumer: Nein, wir stützen uns in erster Linie auf Fundmeldungen aus der Bevölkerung. Aber natürlich sind auch unsere Wildhüter routinemässig unterwegs und halten ihre Augen offen.

zentralplus: Wie lange besteht die Stallpflicht?

Nussbaumer: Voraussichtlich bis Ende März 2017.

zentralplus: Müssen die Hühner also nun den ganzen Winter drinnen bleiben?

Nussbaumer: Die Bestimmung sieht vor, dass die Tränke- und Fütterungsstellen überdacht sind und so ausgerüstet sein müssen, dass Wildvögel nicht dazukommen können. Wenn ein Betrieb dies gewährleisten kann, dann darf das Geflügel durchaus in den Auslauf. Der Auslauf im Freien ist nicht per se verboten. Einzig, wenn ein Betrieb nicht sicherstellen kann, dass keine Wildvögel zu den Tränke- und Fütterungsstellen fliegen können, muss das Geflügel die ganze Zeit drinnen bleiben.

zentralplus: Empfinden Sie den Wirbel um die Vogelgrippe als Hype?

Nussbaumer: Nein, wirklich nicht. Der Krankheitserreger ist für Vögel hoch ansteckend, die infizierten Tier sterben innert wenigen Tagen. Deswegen ist es auch wichtig, dass die Medien die Öffentlichkeit angemessen informieren.

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