Luzern: 17’000 Unterschriften gegen Abbau

Drei Initiativen: wo überall nicht gespart werden soll

Annamarie Bürkli, Monique Frey, Martin Wyss, Yannick Gauch und Marcel Budmiger vor dem Regierungsgebäude.

(Bild: jal)

In der Bildung, bei den Spitälern und beim öffentlichen Verkehr braucht es im Kanton Luzern einen guten Service public. Das verlangt die «Luzerner Allianz für Lebensqualität». Sie hat drei Initiativen eingereicht, um einen Leistungsabbau in diesen Bereichen zu verhindern.

Im Kanton Luzern wurde genug gespart. Dieser Ansicht ist die Luzerner Allianz für Lebensqualität. Der Zusammenschluss von linken Organisationen und Berufsverbänden hat diesen Montagmittag beim kantonalen Amt für Gemeinden drei Initiativen eingereicht. Diese verlangen, dass die Leistungen beim öffentlichen Verkehr, in den Spitälern und der Bildung nicht verschlechtert werden.

Für die drei Anliegen kamen laut den Initianten insgesamt 17’719 Unterschriften zusammen. Die Übergabe diesen Montag war eine Premiere: «Wir gehen davon aus, dass es in den vergangenen Jahren das erste Mal ist, dass gleich drei Initiativen eingereicht worden sind», sagt Kathrin Graber, ad interim Leiterin des Amtes für Gemeinden. Ein Doppelpack hingegen habe es in früheren Jahren bereits mehrmals gegeben.

Viel Verständnis auf der Strasse

«Der Grossteil der Bevölkerung hat genug vom Sparen», sagt Martin Wyss, Geschäftsleiter des VPOD Luzern. Das habe man beim Unterschriftensammeln auf der Strasse gemerkt. Dasselbe erlebte Monique Frey, Geschäftsleiterin VCS und im Kantonsrat Fraktionspräsidentin der Grünen. Weil das rekordschwere Konsolidierungsprogramm (KP 17) des Regierungsrates bereits seit Monaten zu reden gibt, hätten sie kaum jemandem den Kontext erklären müssen – was das Unterschriftensammeln vereinfacht habe.

«Praktisch jeder ist von einem Abbau beim öffentlichen Verkehr, den Spitälern oder der Bildung betroffen.»

Martin Wyss, Geschäftsleiter VPOD Luzern

Die Bereitschaft, die Initiativen zu unterzeichnen, sei denn auch gross gewesen. «Praktisch jeder ist von einem Abbau beim öffentlichen Verkehr, den Spitälern oder der Bildung betroffen», sagt Martin Wyss. Und Monique Frey ergänzt: «In diesen drei Bereichen hat der Kanton einen Auftrag, entsprechende Leistungen zur Verfügung zu stellen. Dieses Engagement des Kantons wird von der Bevölkerung sehr geschätzt.» Auch wenn sie auf der Strasse vereinzelt Personen getroffen habe, die es gut fänden, wenn der Kanton in diesen Bereichen spare.

Eigentlich rechnete die Allianz im Dezember 2015 damit, die Unterschriften bereits im Juni beisammenzuhaben. Dass es nun fast ein halbes Jahr später geworden ist, hat laut Monique Frey einerseits damit zu tun, dass viele Involvierte anderweitig sehr aktiv gewesen seien. Zudem hätten die Verbände – anders als die Parteien – oft wenig Erfahrung mit dem Unterschriftensammeln gehabt. «Es braucht Überwindung, auf die Strasse zu gehen und die Passanten anzusprechen. Vielleicht haben wir auch etwas unterschätzt, wie viele Leute es dafür braucht.» In der «Luzerner Allianz für Lebensqualität» sind die SP, die Grünen, der Gewerkschaftsbund sowie zahlreiche Berufsorganisationen und Verbände organisiert.

60 Millionen Franken für den öffentlichen Verkehr

Konkret verlangt die erste Initiative zum öffentlichen Verkehr, dass im Kanton Luzern ein Fonds geschaffen wird, in den jährlich mindestens 60 Millionen Franken einbezahlt werden. Diese Mittel dürfte der Kanton nur zweckgebunden für den öffentlichen Verkehr einsetzen – ähnlich wie dies beim Strassenbau organisiert ist. «Das bringt Planungssicherheit und ein gutes öV-Angebot in der Stadt, Agglomeration und auf der Landschaft», sind die Initianten überzeugt. Zudem sei es das beste Mittel gegen die steigenden Preise.

Öffentlicher Verkehr, Bildung und Gesundheit: Diese Bereiche wollen die Initianten vor dem Rotstift schützen.

Öffentlicher Verkehr, Bildung und Gesundheit: Diese Bereiche wollen die Initianten vor dem Rotstift schützen.

Mit der zweiten Initiative «Für eine sichere Gesundheitsversorgung» soll eine allfällige Privatisierung der Kantonsspitäler verhindert werden. «Damit würde die Versorgungsqualität ab- und der Druck auf die Angestellten zunehmen», sagt Martin Wyss vom VPOD. Das habe sich beim Kantonsspital Aargau gezeigt.

Weiter verlangt die Initiative Qualitätsstandards für private Spitäler und eine Stärkung der Aus- und Weiterbildung von Pflegefachpersonen. Und damit der ganze Kanton von einer guten Gesundheitsversorgung profitiert, soll an den drei Spitalstandorten Luzern, Sursee und Wolhusen festgehalten werden. Eine mögliche Schliessung des Spitals Wolhusen stand vor einigen Jahren zur Debatte, ist seither jedoch kein Thema mehr, im Gegenteil: Bis 2022 soll für 110 Millionen Franken ein Neubau realisiert werden.

Investiert werden soll auch in das Bildungsangebot. Das verlangt die dritte Initiative «Für eine hohe Bildungsqualität». Unter anderem sollen die beim Kanton angestellten Lehrpersonen über die notwendigen und anerkannten Lehrdiplome für den Unterricht auf der jeweiligen Schulstufe verfügen. Kanton und Gemeinden sollen dazu genügend Mittel bereitstellen. Zudem verlangen die Initianten, dass der Kanton Luzern weiterhin sowohl Langzeit- als auch Kurzzeitgymnasien betreibt. Um die Chancengleichheit zu erhöhen, sollen auf der Sekundarstufe II keine Schulgelder verlangt werden.

Woher das Geld nehmen?

Bleibt die Frage: Wie soll man das bezahlen? Denn dass der Kanton Luzern ein Finanzproblem hat, ist unbestritten. Um 520 Millionen Franken muss der Haushalt laut dem Regierungsrat in den nächsten drei Jahren entlastet werden. Monique Frey sagt, auf der Strasse hätten viele Passanten die Meinung geteilt, dass der Kanton Luzern ein Einnahmeproblem habe. «Und viele Leute finden es nicht fair, dass die Firmen nur zehn Prozent der Steuereinnahmen zahlen.» Dennoch hat die Bevölkerung einer Erhöhung der Gewinnsteuern Ende September eine deutliche Abfuhr erteilt (zentralplus berichtete).

«Wir wollen mit diesen Initiativen eine Vision für den Kanton Luzern.»

Martin Wyss, Geschäftsleiter VPOD Luzern

Martin Wyss vom VPOD nennt als Alternativen eine Erhöhung der Vermögens- oder der Erbschaftssteuern sowie eine Anpassung der Progression. Kurz: Mehr Einnahmen von den Reichen. Er hält aber zugleich fest, dass es ihnen mit den Initiativen nun darum gehe, dass die Bevölkerung über die Leistungen des Kantons mitbestimmen könne. «Wollen wir hier abbauen oder ist das eine Aufgabe des Staates? Wir wollen mit diesen Initiativen eine Vision für den Kanton Luzern.» Man könnte auch sagen: Zuerst will man klären, was der Staat leisten soll – und erst nachher, wie man es finanziert.

In der «Luzerner Allianz für Lebensqualität» sind knapp 40 Verbände und Organisationen vereint.

In der «Luzerner Allianz für Lebensqualität» sind knapp 40 Verbände und Organisationen vereint.

(Bild: jal)

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