Plakat-Amore für einen Luzerner Kultverein

Ein Gebastel – auf dem Plakat wie auf dem Fussballfeld

Marco Liembd inmitten seiner Plakate, die er für seinen Club gestaltet.  (Bilder: zvg/Montage: zentralplus)

Der Luzerner Fussballclub FC Inter Altstadt spielt in der 5. Liga. Ihre Meisterschaftsplakate sind jedoch mindestens Champions-League-würdig. Der Schöpfer dieser Kunstwerke ist Schüür-Geschäftsführer Marco Liembd, ein «absoluter Grafiker-Amateur». Trotzdem erntet das liebevolle Gebastel das Lob von Profis.

Sowohl beim Fussballspielen auf dem Rasen als auch beim Plakate-Kreieren im Photoshop ist Marco Liembd eines nicht: ein Profi. Das hindert den 36-Jährigen jedoch keineswegs daran, viel Liebe in beide Tätigkeiten zu stecken.

Auf dem Fussballplatz in der 5.-Liga-Mannschaft Inter Altstadt – auch Inter Amore genannt – hat es Liembd bis jetzt noch nicht aufs Niveau eines Zlatan Ibrahimovic geschafft. In der Plakatekunst scheint der Luzerner allerdings der René van Eck zu sein: In seinen technischen Möglichkeiten beschränkt, damit aber sehr erfolgreich und beim Publikum beliebt.

Der Weg zum Spieler war hart

Marco Liembd begann seine Fussballvereinskarriere erst im Alter von 32 Jahren. Der Weg zum Spielerpass war hart. «Ich hatte ja bis dahin nur ohne Verein Fussball gespielt. Und einen 32-jährigen Hobby-Fussballer wollten viele Vereine nicht mehr aufnehmen», sagt Liembd.

Denn auch in der untersten Fussballliga, der fünften, ist der Ehrgeiz gross. Erst Inter Altstadt empfing Liembd mit offenen Armen. «Dieser Verein hat mich gleich reingezogen. Hier kann jeder mitmachen. Selbst jene, die erst mit dem Fussballspielen anfangen.»

Keine Hexerei: Marco Liembds Plakate.  (Bilder: zvg)

Keine Hexerei: Marco Liembds Plakate.  (Bilder: zvg)

Ohne Hilfe von Grafikern ginge es nicht

FC Inter Altstadt

Den FC Inter Altstadt – auch Inter Amore genannt – gibt es bereits seit dem Jahr 1977. «Inter» als Hommage an Inter Mailand. Bei Inter Altstadt kann grundsätzlich jeder mitspielen. Auch jene, die wenig bis gar keine Fussballerfahrung haben. Gemäss eigenen Angaben lautet die Philosophie des Vereins: «autonom-kollektiv-rotzfrech-libertär und genial». Der FC Inter Altstadt spielt in der 5. Fussballliga.

Auch als Plakatgrafiker ist Liembd ein Spätzünder. Als er von 2014 bis 2016 für das Luzerner Kulturhaus Südpol als Kommunikationsleiter zuständig war, verantwortete er unter anderem den dortigen, riesigen Plakatdrucker. «Ich hatte ja keine Ahnung, wie der funktioniert. Ich musste ihn einfach mal ausprobieren. Und da kam mir die Idee, ein Plakat für Inter Altstadt zu kreieren», sagt Liembd. Also bastelte er ein Plakat zum Weihnachtsessen seines Vereins.

Gleich zu Beginn holte sich Liembd fürs Plakatemachen prominente Hilfe: beim international bekannten Grafiker Felix Pfäffli. Der brachte ihm einige Grundlagen im Photoshop bei. «Ich merkte schnell, dass das ja gar nicht so eine Hexerei ist», sagt Liembd. Mittlerweile gestaltet der Hobby-Grafiker mit seiner «Learning by Doing»-Methode über 30 Plakate pro Saison. «Wenn ich mal etwas nicht weiss, zum Beispiel, wie man einen Kopf ausschneidet, dann frage ich einfach die Profis der Fachklasse Grafik.»

Zägg, Zägg – von Rambo bis «The Big Lebowski»

Liembd gelang es, eine eigene Plakatsprache zu entwickeln, die er selber als «trashig» bezeichnet. Seine Motive sind wild zusammengesetzt, anarchistisch. Rambo, der Dude aus «The Big Lebowski», «Star Wars», «Dirty Dancing», sie alle waren schon Motive für Liembds Plakate. «Meistens überlege ich lange, bevor mir eine Idee kommt. Wenn ich aber eine habe, dann geht es am PC zägg, zägg», sagt Liembd.

Etwa 15 Minuten würde er im Schnitt in ein Plakat investieren. «Mich stört es auch nicht, wenn halt mal ein Sujet etwas verpixelt ist.» Oder wenn er die Sternchen (Shift+3) auf dem Plakat «Handgelenk-mal-Pi» anordnet. «Ein richtiger Grafiker würde beim Zuschauen sicher die Krise bekommen.»

Wild zusammengesetzte Motive aus Filmen.  (Bilder: zvg)

Wild zusammengesetzte Motive aus Filmen.  (Bilder: zvg)

Keinem Trend unterworfen

Trotz der etwas wilden Arbeitsweise ernten Liembds Plakate auch bei Grafikern Anerkennung. «Ich fand das am Anfang schon lustig, was er als absoluter Amateur hinbekommt», sagt der international bekannte Luzerner Grafiker Erich Brechbühl.

«Mittlerweile hat er sich einen eigenen Stil angeeignet. Man erkennt seine Plakate sofort. Er unterwirft sich keinem Trend und bleibt seiner Linie treu.» Es sei überhaupt nicht selbstverständlich, dass Leute ohne entsprechende Ausbildung gute Plakate wie Liembd hinbekämen. «Da sehe ich an Plakatsäulen leider sehr vieles, das wirklich wehtut», sagt Brechbühl.

Unberechenbare Laufwege

Lob erntet Marco Liembd auch von Michael Hüsler, Präsident von Inter Altstadt: «Seine Plakate sind mittlerweile schon legendär. Sie sehen je länger je besser und professioneller aus.» Ausserdem würde sein Stil ganz gut zu Inter Altstadt passen. «Wir sind ja auch ein bisschen ein Gebastel. Sowohl auf als auch neben dem Platz.»

Nicht nur mit seinen Plakaten habe sich Liembd bei Inter Altstadt einen Namen gemacht, sondern auch mit seinen motivierenden Kabinenansprachen. «Er weiss jeweils alles über die Gegner. Wie viele Bewohner das Dorf hat, wie viele Kühe dort leben», sagt Hüsler.

Immer wieder greife Liembd tief in die psychologische Trickkiste: «Einmal hat er jedem Spieler in der Startformation die Charaktereigenschaften einer Filmfigur zugewiesen, die es auf dem Platz umzusetzen galt.» Liembd selber sei ein Spieler, der sowohl den Gegner als auch die Mitspieler verwirrt. «Seine Laufwege sind unberechenbar. Man weiss nie, ob und wie der Ball nach einem Pass wieder von ihm zurückgespielt wird», sagt Hüsler.

Gemacht mit der «Learning by Doing»-Methode.  (Bilder: zvg)

Gemacht mit der «Learning by Doing»-Methode.  (Bilder: zvg)

Eine späte Grafikkarriere?

Auch wenn Liembds Plakate gut ankommen, für ihn werde die Plakategestaltung vorerst nur ein Hobby bleiben. «Ich beschränke meine grafische Arbeit auf Inter Altstadt. Für alles andere sollen die Profis ran. Die machen das besser als ich.» Trotzdem würde ihn eine Ausbildung bei der Fachklasse Grafik aber definitiv reizen. «Ich bin jetzt Ende 30. Das wäre nochmals ein radikaler Berufswechsel.»

Zumindest für eine Profikarriere als Grafiker wäre es noch nicht zu spät.

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