Pastarazzi-Jungunternehmer sehen Essen als Kunst

«Snowboarder der Gastrobranche» sind in Luzern angekommen

Inhaber Benito Omlin vor der Pasta-Theke im Restaurant Pastarazzi in Luzern. (Bild: jal)

Das Lokal erinnert an eine Szenebar und das Essen an Ferien in Italien: Am Hirschengraben ist letzten Frühling Pastarazzi eingezogen. Dahinter stehen drei Jungunternehmer aus Sarnen, die auf hausgemachte Ravioli setzen – und damit vor Kurzem den Neuunternehmerpreis abräumten.

Angefangen hat alles damit, dass drei Köche die Schnauze voll hatten, am Sonntag zu arbeiten. Etwas, das wohl viele Arbeiter in der Gastrobranche kennen. Doch Benito Omlin, Markus Hurschler und Kim Zumstein handelten. Sie übernahmen in Sarnen ein Spezialitätengeschäft und boten wochentags am Mittag hausgemachte Ravioli zum Mitnehmen an – mit Erfolg. Kunden und Köche waren zufrieden.

Inzwischen sind die drei Inhaber der Pastarazzi GmbH und beschäftigen zwölf Vollzeitangestellte an mehreren Standorten – seit letztem Frühling auch in Luzern. Doch gewöhnliche Take-Aways und Restaurants sind nicht alles. Neuerdings bieten sie in einem Eventlokal in Sarnen Kochkurse an und bewirten auch schon mal eine Hochzeitsgesellschaft mit 200 Gästen. Kürzlich wurden die beiden 26-jährigen Benito Omlin und Kim Zumstein sowie der 30-jährige Markus Hurschler mit dem Neuunternehmerpreis der Gewerbe-Treuhand AG Luzern ausgezeichnet (siehe Box).

Trotz des Erfolgs stehen die drei weiterhin täglich am Kochherd, versichert Benito Omlin. Er leitet das Lokal in Luzern, wo zentralplus ihn zu einem Kaffee getroffen hat. Während im Hintergrund der Soundtrack von Pulp Fiction aus dem Lautsprecher duselt, erzählt Benito Omlin, wieso er nicht gerne den Chef raushängt, was ihr Erfolgsrezept ist und wieso Essen vergleichbar ist mit Kunst.

zentralplus: Die Gastronomie ist ein hartes Pflaster. Was fasziniert euch daran?

Benito Omlin: Wir sind gelernte Köche, der gastronomische Hintergrund war also gegeben. Wir wollten weg von der klassischen Gastronomie. Unser Ziel war, den Sonntag frei zu haben (lacht). Deshalb haben wir das Spezialitätengeschäft in Sarnen übernommen, wo wir quasi zu Ladenöffnungszeiten arbeiten konnten.

10'000 Franken und Anerkennung

Die Pastarazzi GmbH hat im Seütember den Zentralschweizer Neuunternehmerpreis 2016 gewonnen, der von der Gewerbe-Treuhand AG Luzern gestiftet wird. Damit werden Unternehmer geehrt, die den Schritt in die Selbständigkeit wagen und sich durch aussergewöhnliche Ideen und besonderes Engagement auszeichnen. Die Pasta von Pastarazzi enthalten weder Geschmacksverstärker noch künstliche Farbstoffe oder Konservierungsmittel. Zudem gibt es sowohl gluten- und laktosefreie als auch vegane Ravioli. Damit erkenne Pastarazzi den Zeitgeist und setze ihn um, urteilte die Jury. Der Preis ist mit 10'000 Franken dotiert.

zentralplus: Und doch führt ihr nun in Luzern ein Restaurant, das auch abends geöffnet ist.

Benito Omlin: Ja, das hat sich so ergeben. Für uns war immer klar: Wir können nicht etwas tun, das wir nicht beherrschen. Das ist der Grund, wieso viele in der Gastronomie scheitern. Sie denken, sie könnten ihren Lebenstraum eines kleinen Restaurants umsetzen – und realisieren dann plötzlich: Es ist ein hartes Business mit tiefen Margen und hohen Personalkosten.

zentralplus: Inzwischen arbeitet ihr ja wieder am Wochenende. Vermisst ihr den freien Sonntag bereits?

Benito Omlin: (lacht) Nein, am Sonntag haben wir an allen Standorten zu. Es kann höchstens mal ein Catering auf einen Sonntag fallen. Dann muss sich halt einer opfern.

«Viele haben uns belächelt und gesagt: So funktioniert das nicht.»

zentralplus: Bei der Verleihung des Neuunternehmerpreises wurdet ihr als «Snowboarder der Gastrobranche» bezeichnet. Das tönt nach Spass und Chillen – das ist wohl kaum so?

Benito Omlin: Ich habe zuerst gar nicht begriffen, was diese Bezeichnung bedeuten soll. Wir stehen ja nicht in Skihosen am Herd (lacht). Im Ernst: Wir arbeiten sicher nicht wenig, aber wenn man Freude daran hat, verschmelzen Arbeit und Freizeit manchmal auch. Es gibt nicht den Moment, wo man denkt: Jetzt ist Feierabend, ich mache mir keine Gedanken mehr. Aber das Wichtigste ist, dass man den Mitarbeitern vertraut und Verantwortung abgeben kann. Bei uns gibt es keine strengen Hierarchien. Alle drei von uns haben zum Beispiel letztes Jahr sieben Wochen Ferien gemacht.

Ein bisschen Fabrikhalle, ein bisschen Szenebar: Das Interieur des Pastarazzi-Lokals in Luzern. (Bild: jal)

Ein bisschen Fabrikhalle, ein bisschen Szenebar: Das Interieur des Pastarazzi-Lokals in Luzern. (Bild: jal)

zentralplus: Was bedeutet dieser Neuunternehmerpreis für euch?

Benito Omlin: Wir hatten von Anfang an viele gute Reaktionen aus unserem Umfeld und von Kunden. Aber viele haben uns belächelt und gesagt: So kann man kein Unternehmen führen. Uns treibt nicht das Geld an, und auch nicht nicht die Vorstellung, als erfolgreiche Typen dazustehen, sondern wir wollen einfach eine gute Zeit haben. Nun haben wir offiziell von der Wirtschaft die Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind – und dass es eben auch so funktioniert.

zentralplus: Und es läuft auch in Luzern, wo es Pastarazzi seit einem halben Jahr gibt.

Benito Omlin: Es ist von Anfang an sehr gut gelaufen. Am ersten Mittag hatten wir gleich 80 Essen. Auch abends kommen zu unserer Überraschung mehr Gäste, als wir gedacht haben. Wir sind ja nicht gerade im Ausgangsviertel.

«Ältere Gäste sind am Anfang oft überfordert bei uns.»

zentralplus: Wer gehört denn zum typischen Pastarazzi-Gast?

Benito Omlin: In erster Linie die Jüngeren, die uns oft von Streetfood-Festivals oder vom Blue Balls bereits kennen. Aber grundsätzlich gehört jeder dazu. Wir sind halt kein klassisches Restaurant, in dem man vier Gänge isst, sondern man muss die Pasta am Buffet aussuchen, alles ist unkompliziert und einfach. Gerade ältere Gäste sind am Anfang oft überfordert. Aber die meisten gehen zufrieden wieder raus. 

zentralplus: Euer Unternehmen ist in den letzten vier Jahren enorm gewachsen. Geht es so weiter?

Benito Omlin: Mal schauen, wir wollen nichts erzwingen. Wir sind nun in Luzern, was schon lange unser Ziel war. Zudem haben wir letzten Frühling ein Eventlokal in Sarnen eröffnet. Die letzte Zeit war daher sehr intensiv und es gab eine Phase, in der keiner von uns mehr Lust auf etwas Neues hatte. Inzwischen kommen langsam wieder einige Ideen.

zentralplus: Wir sind gespannt …

Benito Omlin: Es gibt noch nichts Spruchreifes. Aber wir haben jetzt eine Grösse, in der man auch etwas verrücktere Ideen diskutieren kann. Auch wenn es letztlich vielleicht bei den Ideen bleibt.

Mit Hirsch, Schüblig oder Rüebli: Die Auswahl der Raviolisorten wechselt täglich. (Bild: jal)

Mit Hirsch, Schüblig oder Rüebli: Die Auswahl der Raviolisorten wechselt täglich. (Bild: jal)

zentralplus: Ihr setzt auf mediterrane Küche – das ist nicht gerade das, worauf Luzern gewartet hat. Wieso habt ihr trotz viel Konkurrenz so Erfolg?

Benito Omlin: Das Wichtigste ist die Qualität, das ist die Grundvoraussetzung für Erfolg. Aber das allein reicht heute nicht mehr. Was uns von anderen unterscheidet, ist der persönliche Umgang, den wir mit den Gästen pflegen. Wir wollen, dass jeder mit einem guten Gefühl wieder geht, und das spüren und schätzen die Leute.

«Wir runden beim Preis auch mal ab, wenn jemand einen Franken zu wenig dabei hat.»

zentralplus: Das wollen doch alle, die ein Restaurant führen. Was heisst das konkret?

Benito Omlin: Etwa, dass wir eine Alternative bieten, wenn das Menü ausverkauft ist, dass wir mal einen Espresso offerieren oder auch mal den Preis abrunden, wenn jemand einen Franken zu wenig dabei hat. Es sind einfache Gesten, die jeder im Alltag mag – und ich denke manchmal auch, dass wir nichts Besonderes machen. Aber in der Gesellschaft ist das mittlerweile vielerorts nicht mehr selbstverständlich.

 

Die anderen zwei Pastarazzi: Markus Hurschler (links) und Kim Zumstein

Die anderen zwei Pastarazzi: Markus Hurschler (links) und Kim Zumstein

(Bild: zvg)

zentralplus: Und wenn Sie mal mit dem falschen Bein aufstehen – machen Sie das trotzdem?

Benito Omlin: Das kommt natürlich vor. In diesem Fall muss man Professionalität an den Tag legen. Der Kunde kann ja nichts dafür, dass ich einen schlechten Tag habe, und es interessiert ihn auch nicht.  

«Es gibt nur weniges, was der Körper braucht: essen, trinken, atmen, schlafen.»

zentralplus: Was bedeutet Essen für Sie?

Benito Omlin: Es gibt wenige Sachen, die der Körper braucht: Essen, trinken, atmen, schlafen. Wenn man dem Essen keine Wertschätzung entgegenbringt, ist das in meinen Augen gegen die Natur. Ich würde nie beim Essen sparen. In dem Sinne: Essen ist für mich Lebensqualität.

zentralplus: Damit treffen Sie den Zeitgeist – wohl auch ein Grund für Ihren Erfolg.

Benito Omlin: Klar, wir spüren das Umdenken und profitieren davon. Bei der jungen Generation gibt es beide Trends: Ein Teil gibt immer weniger fürs Essen aus. Auf der anderen Seite ernähren sich viele bewusst und nachhaltig und konsumieren grundsätzlich überlegter. Die Leidenschaft für die Esskultur ist vergleichbar mit jener, die manche für Kunst oder Musik aufbringen. Man kann sich stundenlang darüber austauschen und begeistert Neues probieren. Man könnte auch sagen: Wir zelebrieren das Essen.

Zwischen dem Theater und der Stadtverwaltung am Hirschengraben gelegen, läuft das Pastarazzi besonders am Mittag gut. (Bild: jal)

Zwischen dem Theater und der Stadtverwaltung am Hirschengraben gelegen, läuft das Pastarazzi besonders am Mittag gut. (Bild: jal)

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