Blue Balls erstreitet wegweisendes Urteil

Luzerner Polizei bleibt auf ihren Kosten sitzen

Von Weitem sieht das Blue Balls friedlich aus – aber Polizeieinsätze gibt es auch hier.  (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Das Kantonsgericht gibt dem Blue Balls recht: Das Festival muss den Aufwand der Luzerner Polizei nicht selbst berappen. Diese wollte vor zwei Jahren für ihre Kontrollen 14’500 Franken in Rechnung stellen. Das Urteil ist bedeutend für fast alle Luzerner Veranstalter.

Blue-Balls-Direktor Urs Leierer konnte es kaum glauben: Die Luzerner Polizei teilte ihm am 30. Mai 2014 mit, dass er erstmals die Kosten für die Polizeieinsätze am Festival berappen müsse. Es war von rund 14’500 Franken die Rede, die auf das Blue Balls zukommen würden – aber das war erst eine Schätzung. Inzwischen weiss man, dass die Kosten nur etwa halb so gross waren.

Die Polizei begründete die Rechnung mit der erhöhten Polizeipräsenz am Festival und einer neuen Gebührenverordnung, die aber inzwischen wieder aufgehoben wurde (siehe Box). Die Regelung sah vor, bei Veranstaltungen mit besonderer Inanspruchnahme der Polizei neu eine Gebühr zu erheben. Und da das Blue Balls zu den Veranstaltungen mit kommerziellem Zweck gezählt wurde, schlug der Polizeiaufwand für Leierer und Co. neu mit 100 Franken pro Stunde zu Buche.

Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Das liess Leierer nicht auf sich sitzen: Er ist der Meinung, dass das Blue Balls nicht kommerziell, sondern eine Non-Profit-Organisation sei. Der Verein Luzerner Blues Session (der das Festival organisiert) erhob im Juni 2014 Einsprache gegen die Verrechnung der Polizeikosten – jedoch erfolglos. Im Januar 2015 folgte dann eine Einsprache gegen eine Zahlungsverfügung – wieder erfolglos. Daraufhin reichte der Verein am 24. September 2015 eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Kantonsgericht ein – diesmal mit Erfolg.

«Das Urteil zeigt: Man soll sich wehren, wenn man recht hat.»

Blue-Balls-Direktor Urs Leierer

Wie jetzt bekannt ist, bekam der Verein und somit das Blue Balls am 5. September recht: Das Kantonsgericht hiess die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in ihrem Urteil gut. «Der Polizeieinsatz am Blue Balls Festival 2014 überstieg die mit den allgemeinen Steuermitteln zu deckenden Aufwände nicht. Die Erhebung einer Gebühr für den Polizeieinsatz erachtete das Kantonsgericht daher als unzulässig», teilt das Gericht mit. Das Blue Balls schreibt dazu: «Der Verein Luzerner Blues Session ist im Recht und der Fall damit abgeschlossen.» Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, ein Weiterzug ans Bundesgericht wäre möglich.

Kein grosses Aufhebens mehr

Festivaldirektor Urs Leierer will kein grosses Aufhebens mehr um die Geschichte machen: «Die Sache ist nun abgeschlossen zu unseren Gunsten, so wie es sein muss», sagt er. Er sei 2015 und 2016 immer wieder gefragt worden, wie das nun mit den Polizeikosten sei, nun hat er Gewissheit.

Urs Leierer sagt die Konzerte am Blue Balls Festival selber an – er wolle damit dem Festival ein Gesicht geben, sagte er zu zentralplus.

Urs Leierer sagt die Konzerte am Blue Balls Festival selber an – er wolle damit dem Festival ein Gesicht geben, sagte er zu zentralplus.

(Bild: zVg)

«Es ging letztlich um die Frage: War es rechtens, was die Polizei von uns verlangte? Wir haben uns gewehrt, und das Urteil zeigt: Man soll sich wehren, wenn man Recht hat», bilanziert Leierer. Letztlich ist es um gerademal gut 7000 Franken gegangen.

Massstab für die Zukunft

Auch bei der Luzerner Polizei hat man das Urteil zur Kenntnis genommen. «Wir akzeptieren den Entscheid natürlich», so Kurt Graf, Chef Kommunikation. Das Geld für den Einsatz am Blue Balls von 2014 sieht die Polizei also nicht mehr und muss das selbst berappen.

«Wir haben jetzt einen Massstab, darum sollte es in Zukunft kein Thema mehr sein.»

Kurt Graf, Sprecher Luzerner Polizei

Doch viel wichtiger als der ohnehin vergleichsweise geringe Betrag ist für Kurt Graf das neue Polizeigesetz: Für Anlässe wurde auf den 1. Januar 2016 eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen, die nun rückwirkend auch für das Blue Balls 2014 gilt. Konkret heisst das: Bei allen Veranstaltungen, die unter «grundrechtsgeschützt» fallen und 200 Polizeistunden Aufwand nicht übersteigen, werden die Verantwortlichen nicht mehr zur Kasse gebeten. Für alles, was darüber liegt, wird es auch in Zukunft eine Rechnung geben – auch für das Blue Balls. So sieht es das neue Polizeigesetz vor (siehe Box).

«Das ist für uns gut, weil wir jetzt einen Massstab haben, darum sollte das in Zukunft kein Thema mehr sein», sagt Kurt Graf. Und er sagt auch: Die meisten Anlässe in der Grössenordnung des Blue Balls liegen unter dem Bereich dieser 200 Stunden für die Grundversorgung polizeilicher Leistungen. So schnell dürfte Urs Leierer also keine Rechnung der Polizei mehr erhalten.

Das Polizeigesetz sagt: 200 Stunden Polizeiarbeit sind gratis

Die Überwälzung der Polizeikosten an das Blue Balls, die jetzt vom Tisch ist, stützte sich auf die damalige «Verordnung über den Gebührenbezug», die auf September 2012 in Kraft getreten war. Diese regelte die Beteiligung an den Kosten der Luzerner Polizei. Doch die Bestimmung hatte einen grossen Haken: Sie war verfassungswidrig. Das entschied im Mai 2013 das Verwaltungsgericht – Grund: fehlende gesetzliche Grundlage und mangelnde Präzisierungen. Deshalb hob das Gericht die Bestimmung auf.

Artet es aus, muss man bezahlen

Nun regelt in Luzern das neue Polizeigesetz, das auf Anfang 2016 in Kraft getreten ist, die Kosten bei Veranstaltungen. Je nach Anteil des ideellen Zwecks der Veranstaltung werden die in Rechnung gestellten Kosten reduziert. Gemäss Verordnung gehören 200 Einsatzstunden pro Veranstaltung zum Grundauftrag und sind somit unentgeltlich.

Allerdings können Veranstalter trotzdem stark zur Kasse gebeten werden: Artet eine Kundgebung aus, müssen Veranstalter laut Gesetz bis 40 Prozent der Polizeikosten tragen, die aufgrund von Ausschreitungen zusätzlich entstehen. Die übrigen 60 Prozent sollen die Randalierer zahlen.

Veranstalter müssen aber nur dann zahlen, wenn sie die Auflagen vorsätzlich oder grobfahrlässig nicht einhalten. Die Kostenbeteiligung wurde auf maximal 30’000 Franken beschränkt. Mit der gleichen Summe können auch einzelne Randalierer zur Kasse gebeten werden.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Daniel Huber
    Daniel Huber, 26.09.2016, 17:33 Uhr

    Das Urteil macht Sinn. Die Polizei soll der Allgemeinheit dienen, und diese soll auch für deren Leistungen bezahlen. Alles andere wollen vielleicht einige rechtsbürgerliche Politiker anders, aber sicher nicht der Bürger. Sonst verteilt die Polizei nächstens neben der Busse noch einen Lohnzettel fürs Ausstellen derselbigen…

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