Linke suchen Schuld bei Bürgerlichen

«Die massiven Fehlinformationen haben viele Bürger verunsichert»

Marcel Schwerzmann stellt sich diesen Sonntag den Medien und freut sich über das Nein zur Firmensteuerinitiative.

(Bild: lwo)

Die Stimmbürger des Kantons wollen die Steuern für Unternehmen nicht erhöhen. Die entsprechende Initiative von SP/Grüne erleidet Schiffbruch. Doch SP und Grüne ärgern sich zwar über die Regierung und die Bürgerlichen, sehen im Resultat aber auch Positives. Und Regierungsrat Schwerzmann widerspricht alt Stadtrat Stefan Roth.

Die per 2012 vom Luzerner Stimmvolk beschlossene Halbierung der Gewinnsteuern wird nicht zur Hälfte rückgängig gemacht. Dies haben die Luzerner Stimmberechtigten heute Sonntag, 25. September beschlossen. Sie lehnen eine entsprechende Initiative von SP/Grüne klar ab. Der Ja-Anteil liegt bei 42,2 Prozent. Einzig die Stadt Luzern (54 Prozent) sowie Dierikon (50,4 Prozent) sagen Ja zur Initiative.

Bei einer Stimmbeteiligung von knapp 41 Prozent legten insgesamt 45’380 Luzerner ein Ja in die Urne, 62’232 votierten mit Nein.

Das Endresultat mit der Übersicht über alle Wahlkreise.

Das Endresultat mit der Übersicht über alle Wahlkreise.

Angst vor Arbeitsplatzabbau

Damit folgen die Stimmberechtigten dem Regierungsrat und einer Mehrheit des Parlaments. Die Warnung fast aller Bürgerlichen stiess offensichtlich auf mehr Gehör. Ein Ja zur Initiative sei schädlich für die Wirtschaft, bringe mit 10 Millionen Franken zu wenig Mehreinnahmen und zerstöre die Steuerstrategie des Kantons. Gar mit einem Wegzug von Firmen und somit dem Abbau von Arbeitsplätzen müsse gerechnet werden.

«Gegenüber der Zustimmung von knapp 70 Prozent zur Halbierung der Unternehmenssteuern 2009 entspricht das heutige Ergebnis einer stark schwindenden Unterstützung für die Tiefsteuerstrategie der Regierung.»

Mitteilung des Komitees «Für faire Unternehmenssteuern»

SP, Grüne und weitere Kreise argumentierten, dass die Initiative etwa 40 Millionen Franken einbringen könne. Damit könne die überbordernde Sparerei etwas abgemildert werden. Es sei nicht mehr tragbar, wie etwa im Bildungs- und Sozialbereich alles zusammengespart werde. Zudem sollten auch die Unternehmen einen grösseren Beitrag an die Behebung des aktuellen Finanzlochs von über 500 Millionen Franken (für die nächsten drei Jahre) beisteuern.

SP und Grüne kritisieren Regierung und Bürgerliche

Beim Komitee aus SP/Grünen interpretiert man das Abstimmungsergebnis durchaus auch positiv. So teilen Hans Stutz (Grüne) und David Roth (SP) mit: «Gegenüber der Zustimmung von knapp 70 Prozent zur Halbierung der Unternehmenssteuern 2009 entspricht das heutige Ergebnis einer stark schwindenden Unterstützung für die Tiefsteuerstrategie der Regierung.»

«Die massiven Fehlinformationen, die von Regierung und Gegenkomitee gestreut wurden, haben viele Stimmberechtigte verunsichert.»

Mitteilung des Komitees «Für faire Unternehmenssteuern»

Dass trotzdem keine Mehrheit für die Initiative zustande kam, hat laut den beiden Kantonsräten mehrere Gründe. «Die massiven Fehlinformationen, die von Regierung und Gegenkomitee gestreut wurden, haben viele Stimmberechtigte verunsichert. Auch die Unklarheit, in welche Richtung sich die schweizerische Unternehmenssteuerreform entwickelt, hat einen kantonalen Kurswechsel erschwert.»
 
Nun seien, so Roth und Stutz, die Gegner der Initiative gefordert, mehrheitsfähige Alternativen aufzuzeigen, wie der Kantonshaushalt stabilisiert werden könne. «Bislang ist das weder der Regierung noch der bürgerlichen Mehrheit gelungen. Ihre bisherigen Rezepte, wie Leistungsabbau und Erhöhung der Staatsschulden, können keine langfristigen Lösungen sein. Ein weiterer Leistungsabbau in Bildung, öV, Gesundheit und Sozialem wird den Kanton Luzern weiter schwächen.»
 
An der eingereichten Abstimmungsbeschwerde wegen irreführender, einseitiger Darstellung (zentralplus berichtete) hält das Initiativkomitee fest.

Schwerzmann sieht sich bestätigt

Seitens der Regierung ist man über das Abstimmungsresultat natürlich erfreut. «Der Kanton Luzern bewährt sich dadurch als verlässlicher und attraktiver Wirtschaftsstandort. Der Volksentscheid stärkt auch die Stellung des Kantons Luzern bei der Umsetzung der Unternehmenssteuerrevision III des Bundes», sagte Regierungsrat Marcel Schwerzmann an einer Medienkonferenz.

«Das Luzerner Volk steht hinter der Unternehmensbesteuerung.»

Marcel Schwerzmann, Regierungsrat

Die Luzerner Stimmberechtigten hätten die Ansiedlung von Firmen, die Sicherung der bestehenden sowie die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und damit die wirtschaftliche Entwicklung des Kantons stärker gewichtet als höhere Unternehmenssteuern. «Das Luzerner Volk steht hinter der Unternehmensbesteuerung mit dem Ziel, Arbeitsplätze zu sichern, neue zu schaffen und den Wohlstand zu mehren», interpretierte Schwerzmann das Resultat.

Marcel Schwerzmann stellt sich am Abstimmungssonntag den Medien (Bild: lwo).

Marcel Schwerzmann stellt sich am Abstimmungssonntag den Medien (Bild: lwo).

Steuern werden wohl eh erhöht

Mit dem heutigen Entscheid des Stimmvolks ist eine Steuererhöhung jedoch nicht vom Tisch. Die Luzerner Regierung hat angekündigt, den Steuerfuss von heute 1,6 auf 1,7 Einheiten erhöhen zu wollen. Denn ohne diese Massnahme könnte das Loch von über einer halben Milliarde Franken nicht gestopft werden. Von dieser Steuererhöhung, gegen die wohl das Referendum ergriffen wird, wären auch Unternehmen betroffen.

«Ein budgetloser Zustand würde schlecht zum Bild vom zuverlässigen Kanton passen.»

Marcel Schwerzmann, Regierungsrat

Konkret würde die auf drei Jahre beschränkte Steuerehöhung die Unternehmen mit 12 Prozent, die Privaten mit 88 Prozent treffen. Rund 180 Millionen Franken soll diese Massnahme laut Schwerzmann insgesamt bringen. Im November und Dezember beugt sich der Kantonsrat über dieses heikle Unterfangen, das Teil des Konsolidierungsprogramms KP17 ist.

Bezüglich eines möglichen Referendums gegen die Steuererhöhung, über das erste nächstes Jahr abgestimmt werden könnte, mahnt Schwerzmann: «Wir brauchen ein Budget für die nächsten Jahre. Ein budgetloser Zustand würde schlecht zum Bild vom zuverlässigen Kanton passen.»

Halde als städtische Anti-Steuererhöhungs-Hochburg

Betrachtet man das Abstimmungsergebnis in der Stadt Luzern, sind überraschende Ergebnisse auszumachen. So haben für einmal nicht die Littauerquartiere am deutlichsten Nein gesagt zu einer linken Initiative. Sondern das Quartier Halde mit fast 62 Prozent. Knapp vor dem Quartier Würzenbach mit 59 Prozent. Die meisten Ja-Stimmen resultierten aus den Quartieren Untergrund/Fluhmühle (gut 62%) sowie Sternmatt und Friedberg (rund 62%).

Ergebnisse zur Initiative «Für faire Unternehmenssteuern» in der Stadt Luzern.

Ergebnisse zur Initiative «Für faire Unternehmenssteuern» in der Stadt Luzern.

Stadt als Verliererin – oder doch nicht?

Dass die Stadt Luzern der SP/Grüne-Initiative zugestimmt hat, hat laut Schwerzmann mit den grossen Anteil an Mitte-Links-Wähler zu tun. Verstehen kann der Finanzdirektor das damit geäusserte Misstrauen gegen die Steuerstrategie nicht. «Gerade die Stadt wird zu den Gewinnern gehören. Firmen suchen speziell in der Stadt nach einem Standort.»

Diese Aussage erstaunt. Denn der Mitte September abgetretende Finanzdirektor und Stadtpräsident Stefan Roth (CVP) hat in der Vergangenheit mehrmals betont, wie die Stadt unter der Halbierung der Gewinnsteuern leidet, anstatt davon profitiert. Denn (unter anderem) die Stadt wurde trotz der schweizweit tiefsten Unternehmenssteuern nicht von neu zuziehenden Firmen überrollt. Hat Roth nun auf Vorrat gejammert? Schwerzmann will Roths Äusserungen nicht kommentieren. Er verspricht aber, dass ihm die künftig sehr positiven Abschlüsse der Stadt Recht geben würden.

Grosse Unterschiede

Bei den Resultaten aus den 83 Luzerner Gemeinden zeigen sich wie erwartet grosse Unterschiede im Abstimmungsresultat. Im Wahlkreis Luzern-Land betrug der Ja-Anteil 41,5 Prozent. Die Gemeinden mit dem grössten Ja-Anteil sind Dierikon (50,4%), Adligenswil (49%), die drittgrösste Gemeinde des Kantons, Kriens (47%). Hier ist die Übersicht:

Im Wahlkreis Sursee lag der Ja-Stimmen-Anteil nur noch bei knapp 38 Prozent. Am meisten Sympathien für die linke Initiative hatten die Gemeinden Sursee (48%), Geuensee (44,5%) und Knutwil (42,9%).

Im Wahlkreis Willisau lag der Anteil an Ja-Stimmen bei knapp 38 Prozent. Am meisten Befürworter kamen aus Altishofen (49,5%), Roggliswil (43,4%) und Wikon (41,6%).

Der geringste Ja-Anteil resultierte wie erwartet im Wahlkreis Entlebuch. Nur gut 30 Prozent schrieben ein Ja auf den Abstimmungszettel. Auffallend ist der hohe Ja-Anteil in Werthenstein – gut 40 Prozent sagten Ja zur Erhöhung der Unternehmenssteuern. In Doppleschwand hingegen waren es keine 18 Prozent – Minusrekord.

Das sagen die Parteien

Die FDP kommentiert das Abstimmungsergebnis wie folgt: «Die FDP ist über das Ergebnis sehr erfreut und sieht es als Bestätigung ihrer Steuerpolitik. Das Ergebnis ist aber auch eine klare Bestätigung der bürgerlichen Steuerpolitik und der erfolgreichen Steuerstrategie des Kantons Luzern.» Zugleich sei das Resultat eine klare Niederlage für die SP und die Grünen. «Das Stimmvolk hat erkannt, dass die Initiative eine unfaire Mogelpackung war, welche Arbeitsplätze gefährdet und die Finanzprobleme des Kantons nicht gelöst hätte», moniert die FDP.

Freude über das Ergebnis hat auch die CVP. «Das Luzerner Volk will keine einseitige Erhöhung der Unternehmenssteuern», sagt CVP-Präsident Pirmin Jung. «Eine Änderung der Steuerstrategie hätte uns um Jahre zurückgeworfen.» Im Weiteren hätte die Annahme der Initiative nur einen minimen Beitrag zur Lösung der Finanzprobleme des Kantons Luzern geleistet. Die Antworten zu den finanziellen Herausforderungen im Kanton Luzern würden laut dem Parteipräsident mit dem Konsolidierungsprogramm 17 (KP17) geliefert.

«Unzufriedenheit mit der Durch-die-Wand-Tiefsteuer-Strategie» – so titeln die Grünen ihre Medienmitteilung. Und sie freuen sich: «Über vierzig Prozent der Luzerner Stimmberechtigten haben sich für faire Unternehmenssteuern ausgesprochen. Damit kommt die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Durch-die-Wand-Tiefsteuer-Strategie der Regierung und bürgerlichen Parlamentsmehrheit klar zum Ausdruck.» Auch viele bürgerliche Wähler hätten entgegen der Parolen aller bürgerlichen Parteien Ja zur Initiative gesagt. Die Weiterführung der aus grünen Sicht misslungenen Strategie dürfe nicht wie bis anhin auf Kosten der Staatsangestellten und von Sozialschwachen und Minderheiten vorangetrieben werden.

Hinweis: «Warnschuss für die Bürgerlichen» – hier gehts zum Kommentar von zentralplus

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