Stadt auch in Zukunft ohne Präsidialdirektion

Luzerner Stadtrat versenkt den «Super-Stapi»

Wer ersetzt Stefan Roth (Zweiter von rechts) im Luzerner Stadtrat? Stadtpräsident Beat Züsli (SP), Adrian Borgula (Grüne), Manuela Jost (GLP), Martin Merki (FDP) (v.l.n.r).

Ein Stadtpräsident, der die Zügel in der Hand hält, vier Stadträte, welche in ihren Direktionen zum Rechten schauen. Das war die Idee des neuen Organisationsmodells mit einer Präsidialdirektion. Der Stadtrat will davon nun aber nichts wissen. Bald könnte das Buhlen um die beliebtesten Direktionen erneut beginnen.

Der Stadtrat hat vom Stadtparlament den Auftrag erhalten, die Departemente neu zu organisieren. Darin ging es insbesondere auch um die Frage, ob der Stadtrat künftig in einem Organisationsmodell mit Präsidialdirektion geführt werden soll oder weiterhin in einem solchen mit fünf Fachdirektionen.

«Es ist eine Kulturfrage»

Diesen Donnerstag nun teilt der Stadtrat mit, dass man sich klar für das bestehende Modell mit fünf Fachdirektionen ausgeprochen hat. «Dies entspricht mehr der politischen Kultur der Stadt Luzern», begründet Stadtpräsident Beat Züsli den Entscheid. Das Stadtpräsidium bleibe so im Sinne von «primus inter pares» (Erster unter gleichen) besser im Gesamtstadtrat integriert. «Es ist eine Kulturfrage, ob man eine Direktion stärker gewichten und eine entsprechende Machtposition schaffen will», sagt Züsli.

«Kommt hinzu, dass der Luzerner Stadtrat nur fünf Mitglieder hat», so Züsli. Die Stadt Zürich kennt ein Präsidialsystem. Allerdings besteht ihre Stadtregierung aus neun Mitgliedern. «Dort wird der Spielraum zur Verteilung der Aufgaben grösser, was auch die Schaffung eines Präsidialdepartements vereinfacht.»

Direktionsverteilung im Stadtrat
Stadtpräsidium und BildungsdirektionBeat Züsli (SP)
SozialdirektionMartin Merki (FDP)
BaudirektionManuela Jost (GLP)
Direktion für Sicherheit, Umwelt und VerkehrAdrian Borgula (Grüne)
FinanzdirektionStefan Roth (CVP) – bis 15. September

Und so sieht das Gremium aus: Von links nach rechts vorne: Stefan Roth, Manuela Jost, Martin Merki. Von links nach rechts hinten: Toni Göpfert (Stadtschreiber), Beat Züsli, Adrian Borgula.

Und so sieht das Gremium aus: Von links nach rechts vorne: Stefan Roth, Manuela Jost, Martin Merki. Von links nach rechts hinten: Toni Göpfert (Stadtschreiber), Beat Züsli, Adrian Borgula.

 

Kombination Stapi und Finanzdirektor weiterhin möglich

Den Entscheid fällte der Stadtrat anlässlich seines Sommerseminars vom 27. Juni. Züsli war zwar dabei, aber noch nicht im Amt. Ihm wäre nun die Rolle des Alphatiers zugekommen. Er ist allerdings ganz froh, steht er nun nicht über den anderen Stadträten. «Die flache Hierarchie entspricht meiner Art, wie ich das Präsidium ausführen will.» Für ihn seien die gemachten Überlegungen gut nachvollziehbar und er unterstütze den Entscheid voll und ganz. «Für mich nimmt der Stadtpräsident insbesondere in der Aussenwirkung eine besondere Rolle ein. Er versucht, der Stimme der Stadt mehr Gewicht zu geben.» Nach Innen sei die Leitung einer vollwertigen Direktion absolut möglich.

«Wir wollen im Bericht und Antrag ans Parlament die Problematik der Kumulation aufzeigen.»

Beat Züsli, Stadtpräsident

Alt Stadtpräsident und in Kürze auch alt Stadtrat Stefan Roth (CVP) stand während des Wahlkampfs im Frühsommer in der Kritik. Als Stadtpräsident und Finanzdirektor würde er zu viel Macht auf sich vereinen, wurde ihm vorgeworfen. Für einen kleineren Eklat sorgte Roth, als er anlässlich eines Wahlpodiums sagte, die Kombination werde ab 2018 aufgrund einer Neu-Organisation sowieso nicht mehr möglich sein. Entschieden war zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nichts (zentralplus berichtete).

Wäre der Entscheid zugunsten einer Präsidialdirektion ausgefallen, so wäre die Kombination Stapi und Finanzdirektor – die bis zur Wahl Beat Züslis (SP) zum Stapi am 5. Juni existierte – auch gesetzlich verunmöglicht worden. Der nun kommunizierte Entscheid bedeutet allerdings, dass der Stadtrat der umstrittenen Ämterkumulation weiterhin keinen Riegel schiebt. «Eine solche Anpassung hätte eine Änderung der Gemeindeordnung zur Folge und dazu wäre eine Volksabstimmung notwendig», erklärt Züsli. Dies betrachte der Stadtrat nicht als sinnvoll. Dennoch: «Wir wollen im Bericht und Antrag ans Parlament die Problematik der Kumulation aufzeigen.» Mit der jetzigen Direktionsverteilung hat der Stadtrat das Problem allerdings von sich aus bereits entschärft.

Direktionswechsel sind unwahrscheinlich

Dass keine Präsidialdirektion geschaffen wird, bedeutet allerdings auch, dass Beat Züsli weiterhin eine Fachdirektion führen wird. Im Wahlkampf hatte Züsli, der am 1. September die Bildungsdirektion übernommen hat, öffentlich um die Baudirektion geworben. «Es gibt natürlich Bereiche, die mir vom politischen und beruflichen Hintergrund her näherliegen. Die Baudirektion liegt sicher näher», sagte der Architekt und Energieexperte im zentralplus-Interview. Und Manuela Jost würde durchaus auch in die Bildungsdirektion passen. Im Wahlkampf darauf angesprochen, sagte sie: «Ja, ich bin sehr kulturaffin, das hat mich selbstverständlich auch interessiert.»

Geht nun das Gerangel um die Direktionen von Neuem los? «Ich gehe nicht davon aus, dass es zu Verschiebungen kommt», sagt Züsli. Die Möglichkeit wäre allerdings da, weil durch den Rücktritt von Stefan Roth per 15. September am 27. November eine Ersatzwahl stattfindet und sich der Stadtrat anschliessend neu konstituiert. Und die nächste Gelegenheit bietet sich erst wieder bei den Neuwahlen 2020. Gibt’s nach dem 27. November tatsächlich keine Rochaden, übernimmt das neue Mitglied des Stadtrates folglich die Finanzdirektion.

Mehr Arbeit für Merki

An der Organisation der städtischen Verwaltung wird trotzdem geschraubt. Züsli: «In letzter Zeit hatte sich ein Ungleichgewicht entwickelt, dieses wollen wir nun korrigieren.» Insbesondere die Direktion für Sicherheit, Umwelt und Verkehr war stark gewachsen. Bei der Sozialdirektion wurden durch die Auslagerung der städtischen Heime weniger im strategischen, aber im operativen Bereich Kapazitäten frei.

Das sind die wichtigsten Änderungen:

  • Die Abteilung Prozesse und Informatik migriert in die Bildungsdirektion. 

  • Die Abteilung Bevölkerungsdienste migriert in die Sozialdirektion. 

  • Die Sozialdirektion wird um den Sicherheitscluster (Feuerwehr, 
Zivilschutz, SIP, Sicherheitsmanager) ergänzt. 

  • Die Fachstelle Integration migriert in die Sozialdirektion. 

  • Die Quartier- und Stadtteilpolitik wird in der Sozialdirektion 
zusammengefasst. 

  • Die Finanzdirektion wird zuständig für das Management der 
Liegenschaften im Finanzvermögen während das Management der Liegenschaften im Verwaltungsvermögen bei der Baudirektion bleibt. 


Es tut sich also doch einiges. Auch die Angestellten in den betroffenen Abteilungen werden dies zu spüren bekommen. «Wir sind jetzt daran, die konkreten Folgen der Umstrukturierungen zu prüfen», erklärt Züsli. Im Detail kann er allerdings noch keine Informationen darüber geben, welche Abteilungen allenfalls ihren Standort wechseln und welche Kosten damit verbunden sind. Der Bericht und Antrag an das Parlament wird für das Ende 2016 in Aussicht gestellt.

Kriens wagt das Präsidialdepartement

Anders als die Stadt Luzern hat sich die Gemeinde Kriens per 1. September 2016 dazu entschlossen, ein Präsidialdepartement einzuführen. Der Grüne Gemeindepräsident Cyrill Wiget wird nun vor allem mit strategischen Aufgaben betraut. Das operative Geschäft wird auf die anderen vier Direktionen aufgeteilt.

Das neue Organigramm sieht folgendermassen aus:

 

Im Rahmen eines zweijährigen Reorganisationsprozesses befasste sich der Krienser Gemeinderat damit, wie er sich selber und die Verwaltung in Zukunft organisieren soll. Mit externer Begleitung fand eine vertiefte Analyse der heutigen Situation statt. Dabei hat sich gezeigt, dass vieles, wie es heute organisiert ist, gut und verlässlich ist. An verschiedenen Stellen wurde aber auch klar, dass historisch gewachsene Strukturen mit den effektiven Bedürfnissen der Bevölkerung nicht mehr übereinstimmen.

Das neu geschaffene Präsidialdepartement schafft für das Gemeindepräsidium Freiräume für «aussenpolitische» Aktivitäten (Wirtschaftsförderung, Regionalpolitik) sowie repräsentative Aufgaben, steht als Begründung im offiziellen Mitteilungsblatt der Gemeinde Kriens.

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