Luzernerin fotografiert unter Wasser

Kunst mit Tiefgang

Das neueste Projekt von Heidi Hostettler widmet sich verwelkten Blumen.

(Bild: Heidi Hostettler)

Heidi Hostettler taucht seit 35 Jahren in die Tiefen des Vierwaldstättersees ab. In der geheimnisvollen Unterwasserwelt entdeckt die ausgebildete Fotografin immer wieder neue Überraschungen – die sie mit ihrer Kamera festhält.

Manchmal taucht Heidi Hostettler aus dem Vierwaldstättersee auf und bemerkt erst an der Wasseroberfläche, dass sich das Wetter geändert hat. Denn unten, in der Schwerelosigkeit, ist die Welt über dem Wasser komplett ausgeblendet.

«Das sind spezielle Momente. Wenn du an die Wasseroberfläche kommst und es inzwischen zu schneien begonnen hat», sagt Hostettler. «Dann tauchst du nochmals ab und lässt das Schneegestöber, den Alltag oben, hinter dir.»

Seit 35 Jahren ist die 58-Jährige leidenschaftliche Sporttaucherin. In jungen Jahren absolvierte sie das Tauchbrevet. Nach und nach kamen die Ausbildung zur Tauchlehrerin und das anspruchsvolle Brevet fürs Höhlentauchen hinzu.

Ab einer Tiefe von zehn Metern braucht die Fotografin künstliches Licht. (Bild: Heidi Hostettler)

Ab einer Tiefe von zehn Metern braucht die Fotografin künstliches Licht. (Bild: Heidi Hostettler)

Heidi Hostettler ist schon an vielen Orten in der Welt getaucht. Zum Beispiel im Roten Meer, ihrem Lieblingsspot, wo sie als Tauchlehrerin gearbeitet hat. «Ägypten ist in nur vier Stunden erreichbar. Eine ähnlich schöne Unterwasserwelt gibt es ansonsten nur weit entfernt in tropischen Meeren.»

«Meine Bilder sollen auf den ersten Blick irritieren.»

Heidi Hostettler, Fotografin und Taucherin

Auch in Südfrankreich ist die Luzernerin schon getaucht und hat Schiffswracks aus dem Zweiten Weltkrieg fotografiert.

Je tiefer, desto dunkler

Nicht weniger spannend sei die Unterwasserwelt direkt vor ihrer Haustüre. Durchschnittlich zweimal im Monat taucht Heidi Hostettler in den Vierwaldstättersee ab, am liebsten zwischen November und Februar, wenn der See zwar kalt, die Sicht jedoch klar ist. Dann packt sie ihre kostspielige Kameraausrüstung und wasserdichten Blitze zusammen, um unter der Oberfläche kunstvolle Bilder zu machen.

Heidi Hostettler zählt ihre Tauchgänge nicht mehr – zu viele sind es. (Bild: artick.ch)

Heidi Hostettler zählt ihre Tauchgänge nicht mehr – zu viele sind es. (Bild: artick.ch)

Die Tauchfotografie sei im Vergleich zu jener an der Luft anspruchsvoller. Denn je nach Tiefe des Tauchganges verändere sich das Farbspektrum. Ab einer Tiefe von 10 Metern sei es auch nicht mehr möglich, ohne künstliche Lichtquelle zu fotografieren, sofern man nicht nur Schwarzweiss-Bilder will.

«Fischli-Bilder von anderen Fotografen gibt es schon genug.»

Heidi Hostettler, Fotografin und Taucherin

Heidi Hostettler taucht in der Regel in den obersten 10 bis 15 Metern des Sees. Dort spielt sich das Leben ab – und das hat den Vorteil, dass die Luft in der Flasche mehr als eine Stunde reicht.

Über 2000 Tauchgänge

In dieser Zeit fotografiert die Taucherin nicht etwa Fische, denn sie sagt: «Fischli-Bilder von anderen Fotografen gibt es schon genug.» Heidi Hostettler sucht unter Wasser das Ungewöhnliche, das Kunstvolle. Ihre Fotografien sind regelmässig in Ausstellungen zu sehen, auch werden sie in Magazinen und Kundenzeitschriften gedruckt.

«Du hörst nur deinen Atem, den Rhythmus der Luftblasen.»

Heidi Hostettler, Fotografin und Taucherin

Das Farbspektrum ändert sich je nach Tiefe des Tauchgangs, sagt Hostettler. (Bild: Heidi Hostettler)

Das Farbspektrum ändert sich je nach Tiefe des Tauchgangs, sagt Hostettler. (Bild: Heidi Hostettler)

In ihrem neuesten Projekt fotografiert sie im dreidimensionalen Raum verwelkte Blumen. «Meine Bilder sollen auf den ersten Blick irritieren, nicht wie klassische Unterwasseraufnahmen aussehen», sagt Heidi Hostettler. Solche Bilder seien ihre wahren Schätze, die sie von ihren Tauchgängen hochbringe. Goldmünzen oder ähnliche materielle Kostbarkeiten habe sie in ihrer ganzen Tauchkarriere nämlich noch nie gefunden.

Mittlerweile hat Heidi Hostettler aufgehört zu zählen, wie viele Tauchgänge sie bereits absolviert hat. «Den 100. feierst du noch. Den 1000. auch noch, dann ist es nicht mehr wichtig», sagt sie. Sie schätzt, dass es bis jetzt über 2000 Tauchgänge gewesen sein müssen.

Die Fotografien sind für Heidi Hostettler die Schätze, die sie aus der Tiefe mit nach oben bringt. (Bild: Heidi Hostettler)

Die Fotografien sind für Heidi Hostettler die Schätze, die sie aus der Tiefe mit nach oben bringt. (Bild: Heidi Hostettler)

Noch heute geniesst die Luzernerin, dass unter Wasser jegliche Ablenkung komplett ausgeblendet wird. «Du hörst nur deinen Atem, den Rhythmus der Luftblasen», sagt sie. Wenn sie auftauche, sei ihr Geist wie frisch gewaschen.

Zwei Bücher, eine Ausstellung

Heidi Hostettler hat ihre Unterwasser-Eindrücke in zwei Taschenbüchern festgehalten:

  • Mind the Gap: Für dieses Buch hat sich Heidi Hostettler in die Welt der Unterwasserpfähle im Vierwaldstättersee begeben, die sich in Ufernähe befinden. Immer wieder hat sie dort mit der Kamera Entdeckungen im Nahbereich gemacht.
  • Fantasme: Sardinien ist für seine Höhlensysteme im Kalkstein bekannt. Viele sind ausschliesslich tauchend übers Meer zugänglich. Fernab vom Tageslicht eröffnet sich hier eine neue Welt.
  • Weitere Infos zu den Büchern gibt es hier.

Heidi Hostettler stellt eines ihrer Bilder zusammen mit anderen Künstlern in der Ausstellung «15 Jahre Kunstforum Zentralschweiz» vom 2. bis zum 15. September 2016 in der Kornschütte in Luzern aus.

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