Zuger Graffiti Artist testet Graffiti von morgen

«Voll gstört!»: Reaktion eines Zuger Graffiti Artist auf 3D

Der 3D gestaltete Künstler-Alias des Zuger Sprayers Smog

(Bild: Google Tilt Brush)

Ein Zuger Anlass brachte interessierten Besuchern die virtuelle Welt in 3D näher. Ein Programm, das Malen im dreidimensionalen Raum ermöglicht, drehte dem Zuger Graffiti Artist «Smog» zwar fast den Magen um. Kaufen würde er es aber trotzdem. Wir haben seine Reaktionen auf das multidimensionale Erlebnis gleich multimedial im Video festgehalten. 3D-Brille auf, Film ab.

Die Veranstaltungsreihe Eva Lab Days in der Chollerhalle brachte interessierten Besuchern die virtuelle Welt in 3D näher. Näher im wahrsten Sinne des Wortes. Der Zuger Graffiti Artist «Smog» ist im realen Leben Physikstudent an der ETH und heisst mit richtigem Namen Matthias Setz. Zum Testen des Programms «Tilt Brush», das Malen im dreidimensionalen Raum ermöglicht, zog er sich die 3D-Brille über und nahm die virtuelle Spraydose in die Hand. Seine erste Reaktion im Video: «Voll gstört».

Von der Strasse in die gute Stube

Vom Handling her sei es noch nicht perfekt, ansonsten sei es «genial», dies das Fazit des seit sechs Jahren aktiven Graffiti Artist aus Rotkreuz: «Mir fehlten zuerst Ideen, das Ganze umzusetzen. Am Anfang ist es schon ein wenig ein Mindfuck. Zum Beispiel, wenn man eine normale Fläche ausfüllen will, geht das zuerst nicht.»

Normalerweise versucht Smog die Dinge dreidimensional aussehen zu lassen, eine Tiefe reinzubringen. Jetzt habe er «eine neue Dimension, um richtig in den Raum reinzuzeichnen.» Aus 2D-Simulation auf der Strasse wird also eine in 3D erlebbare Simulation zu Hause.

«Das einzige Graffiti-Instrument, das fehlt, ist die Spraydose selbst.»

Graffiti Artist Smog

«Wenn man sich beim Zeichnen nur um die eigene Achse dreht, entstehen automatisch gekrümmte Flächen. Das merkt man erst, wenn man’s von der Seite anschaut.» Als Sprayer sei man sich eben gewohnt, dass die Farbe immer auf derselben flachen Ebene landet. Das erschwert nicht nur die Arbeit, sondern fordert ein Umdenken in Vorbereitung und Praxis der Sprayer.

Keine Ersatzdroge

So manch einer bei der Polizei würde sich wohl wünschen, dass die Zukunft des Graffiti gänzlich in die Virtualität vertrieben werden könnte. Auch Tags und teure Schmierereien. Smog glaubt dabei nicht, dass das Programm genügend Suchtpotenzial habe, um echte oder auch illegale Graffiti-Kunst zu verdrängen: «Als Sprayer geht man immer noch lieber nach draussen, aber es wäre ein netter Spass für zu Hause.»

Eva Lab Days

Während der Eva Lab Days vom 24.7. bis 7.8. in der Chollerhalle Zug präsentierte der Zuger Verein von 3D-Projektionen begleitete Konzerte und DJ-Sets sowie aktuelle Virtual-Reality-Programme. Von gewöhnlichen Spielen mit analogem Spielcontroller bis hin zur Starwars-Demo mit original Lichtschwert-Simulation: Die rund sieben Vorstandsmitglieder, darunter Timon Sager, Martin Riesen und Lukas Meier, setzen sich seit 2015 mit wiederkehrenden Veranstaltungen für internes Netzwerken und externe Aufklärung im experimentellen Bereich von VR und audio-visuellen Mitteln ein (zentralplus berichtete). Eine weitere öffentliche Performance wird an der Kunstnacht Zug am 17. September 2016 gezeigt.

Wirklich vorbereitet sein kann man wohl als klassischer «2D»-Künstler auf die neue virtuellen Möglichkeiten nicht, auch wenn wie beim Graffiti die dritte Dimension mit höchster Präzision und technischer Fertigkeit simuliert wird. So Smog: «Ich hatte keinen Plan, was ich machen wollte oder was möglich ist. Nach zwei Minuten hab ich die Bilder jeweils wieder gelöscht. Es war spannender, zu experimentieren und zu sehen, was für Linien möglich sind.»

Beim Experimentieren wird es wohl auch noch eine Weile bleiben. Nichtsdestotrotz, weiter experimentieren will auch Smog mit der räumlichen Technik, denn es habe ihm keine Ruhe gelassen und er habe sich «schon einige Gedanken gemacht, was alles möglich wäre». Schliesslich liegt es wohl in der Natur eines jeden experimentierfreudigen Künstlers: eine neue Sicht auf die Dinge oder die Welt aufzuzeigen, und sich dafür nötige und neue Technikdomänen anzueignen.

Räumliche Simulation (hier ein Beispiel von Smog) hat in der Kunst Tradition.

Räumliche Simulation (hier ein Beispiel von Smog) hat in der Kunst Tradition.

(Bild: Smog)

Zuerst Übelkeit, dann Übung

Anstrengend ist das mit «Tilt Brush» herausgeforderte räumliche Denkvermögen des Gehirns ohnehin. Durch die geringe Latenz, also zeitliche Verschiebung zwischen realer Bewegung und den simulierten Bildern, die der Benutzer sieht, kann es einem auch schon mal mulmig werden. Zu recht also Smog: «Wenn es mir nicht schlecht geworden wäre, hätte ich stundenlang so weitergemacht». Ein Controller dient dabei zur Auswahl des Zeicheninstruments für die andere Hand, oder eben als Farbpalette, ähnlich wie in der klassischen Malerei. Der ganze Spass, bestehend aus Konsole, zwei Lasersensoren und zwei Controllern, ist im Moment für rund 1000 Franken erhältlich. «Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich es mir kaufen. Man muss aber auch erstmal einen Raum haben, wo man so frei herumlaufen kann», weiss Smog.

Ein weiterer und entscheidender Wermutstropfen für Setz: «Das einzige Graffiti-Instrument, das fehlt, ist die Spraydose selbst.» Bis die grafische Komplexität der Darstellung einer Spraydosen-Dunstwolke von gängigen Systemen ebenso zeitecht berechnet werden kann, wird man wohl noch eine weitere Entwicklungsstufe von Programmen abwarten müssen.

Neuestes Projekt im Coop in Zug, von Smog und Valentin Studerus

 Im Vergleich sieht das eher «traditionelle» 2D-Graffiti im virtuellen Raum nicht gerade revolutionär aus.

 

 

 

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