Parlament will elektronische Abstimmungsanlage

Schafft Zug den Sprung in die Moderne?

Bald muss im Zuger Parlament wohl niemand mehr einen Finger heben. Eine automatische Abstimmungsanlage ist in der Pipeline.

(Bild: zentralplus)

«Bitte drücken Sie jetzt Ja oder Nein!» Ab Sommer 2017 könnte es im Zuger Kantonsrat so tönen. In der Kantonsratsdebatte vom Donnerstag wurde darüber diskutiert, ob Zug bereit sei für eine elektronische Abstimmungsanlage. Und es sieht fast so aus, als würde der Rat bald im 21. Jahrhundert ankommen.

 

Schneller abstimmen, ohne Handaufheben, ohne Verwirrungen, ohne Zählfehler. Und mit der Möglichkeit, grosse Transparenz zu erhalten. Das ist der Zweck der elektronischen Abstimmungsanlage, die im Rat besprochen wurde. Nicht zum ersten Mal.

Doch auch jetzt droht die Vorlage bereits wieder verschoben zu werden. Die Staatswirtschaftskommission (Stawiko) bittet den Rat «mit Nachdruck», der Abstimmungsanlage erst dann zuzustimmen, wenn «die Finanzen wieder im Lot sind», so Stawiko-Präsidentin und FDP-Politikerin Gabriela Ingold. Denn eine Anlage würde, so die Berechnungen der Kommission, mindestens 425’000 Franken kosten. «Denken Sie an unser Entlastungsprogramm, welches noch nicht in trockenen Tüchern ist», mahnt Ingold. Ausserdem stimme man in Zug seit über hundert Jahren per Handerheben ab, das könne auch noch ein paar Jahre weiter so passieren.

Luzern sei kein gutes Vorbild

Weiter gibt Ingold zu bedenken, dass man in Luzern zwar eine elektronische Abstimmungsanlage habe, dies aber dazu geführt habe, dass im Luzerner Parlament «die Spontaneität verloren gegangen ist».

Auf den Vorschlag hin, die ganze Anlage zu vertagen, hagelt es Kritik. Etwa von der Alternative – die Grünen. «Diese Anlage nach hinten zu verschieben, das ist keine Einsparung. Wir sollten das jetzt anpacken, jetzt ist die Zeit reif», erklärt Anastas Odermatt. Und er ergänzt: «Das hier ist ein Milizparlament. Wir müssen pragmatisch und niederschwellig bleiben. Letztendlich ist es eine Willensfrage: Wollen wir der Öffentlichkeit diese Transparenz zugestehen, ja oder nein? Die ALG sagt Ja.»

«Also wenn wir diesen Paragrafen hier drinlassen, dann melde ich uns persönlich an für den unrühmlichen Preis des ‹Rostigen Paragrafen›.»

Philip C. Brunner, SVP-Kantonsrat

SVP-Kantonsrat Philip C. Brunner ist ein bisschen empört über den entsprechenden Paragrafen der Stawiko, der besagt: «Die Ausgabe darf erst dann getätigt werden, wenn die letzte laufende Rechnung des Kantons ein positives Ergebnis aufweist.» Brunner sagt: «Also wenn wir diesen Paragrafen hier drinlassen, dann melde ich uns persönlich an für den unrühmlichen Preis des ‹Rostigen Paragrafen›, der jährlich von der IG Freiheit verliehen wird.»

Nur die CVP will manuell unterwegs bleiben

Auch die SVP möchte nichts davon wissen, die Anlage bis auf Weiteres zu verschieben, ebenso wenig möchte das die FDP. Einzig die CVP sperrt sich gegen die geplante Anlage. Patrick Iten gibt ein feuriges Plädoyer zum Besten, warum die elektronische Abstimmungsmaschinerie gar keine gute Idee sei. Er nennt dabei die leidende Ratsspontaneität, spricht von Verzögerungen, die entstünden, wenn jemand einen Antrag stellen würde, von langen Einschulungszeiten. Nicht zuletzt sei auch der Preis der geplanten Anlage völlig überrissen. «Für mich dient eine solche Anlage nur dem Ratsgeplänkel, das hat mit transparentem Ratsbetrieb nichts zu tun», so Iten.

«Es handelt sich um eine Funkanlage, und ich sage Ihnen, das Ding funktioniert.»

Andreas Hostettler, FDP-Kantonsrat

Und dann kommt frischer Wind in die Debatte. Durch FDP-Mann Andreas Hostettler, der mit einer ganz neuen, innovativen Idee aufwartet: «Eigentlich genügt es, nur 100’000 Franken zu investieren», so beginnt er. «Im Wiler Parlament hat man eine Funkanlage installiert, die sogar nur 11’500 Franken gekostet hat.»

Alle staunen, und Hostettler fährt fort: «Es handelt sich um eine Funkanlage, und ich sage Ihnen, das Ding funktioniert. Wer ein ungeplantes Votum abgeben möchte, kann eine Nummer abgeben und wird danach der Reihe nach berücksichtigt. Damit wäre auch gleich das Problem der fehlenden spontanen Voten gelöst, das man in Luzern hat.» Die Gefahr, dass der Funk abgehört werden kann, die bestehe, so der neue FDP-Kantonalpräsident. «Aber das wollen wir ja. Transparenz!»

Sofort und bitte günstig!

Die Idee, eine Abstimmungsanlage für 100’000 Franken anstatt 425’000 Franken zu erhalten, gefällt den Leuten im Saal. Und wie. Man stimmt mit grosser Mehrheit dafür und mit noch grösserer Mehrheit gegen den Antrag der Stawiko, die ganze Geschichte zu vertagen, bis Zug wieder schwarze Zahlen schreibt. Auch wenn es einer Drohung gleichkommt, wenn GLP-Kantonsrat Daniel Stadlin sagt: «Damit fällt künftig die angenehme Ratsanonymität weg. Wir finden, das ist gut so. Jeder von uns erhält dadurch ein fassbareres politisches Profil. Wir wissen künftig, wer für was steht.»

Bis zur zweiten Lesung muss das Büro des Kantonsrats abklären, inwiefern eine Lösung für nur 100’000 Franken umsetzbar ist.

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