Ehemaliger Rocker verkauft jetzt Wein und Platten

«Zu Sportsguitar passt ein einfacher Champagner»

Oliver Obert vor seinem Laden. Das Plakat hat seine Tochter gemalt. (Bild: lru)

«Sportsguitar» waren in den 1990ern die international erfolgreichste Luzerner Band. Sänger Oliver Obert eröffnet in Luzern nun einen Laden für Wein und Platten. Dabei interessiert ihn Handel «überhaupt nicht» und einen Businessplan hat er auch nicht. Obert setzt auf andere Stärken.

«Woher wisst ihr, dass ich diesen Laden aufmache?», fragt Oliver Obert etwas misstrauisch. Bewusst habe er die Eröffnung nicht an die grosse Glocke gehängt, keine Facebookseite eröffnet. Eine Website wird erst später aufgeschaltet. «Das grösste Qualitätssiegel ist es, persönlich weiterempfohlen zu werden. Die Leute, die sich von diesem Ort angesprochen fühlen, werden früher oder später hierher finden.»

Früher ein erfolgreicher Musiker

In Luzern, und auch darüber hinaus, ist Obert kein Unbekannter: Mit seiner Band «Sportsguitar» ist der 47-Jährige in den 1990ern dem Prädikat «Rockstar» wohl so nahe gekommen, wie sonst kein Luzerner Musiker. Beim Nirvana-Label «Sub Pop» veröffentlichten Sportsguitar ihre Debüt-Single «Gong Gong», danach standen ihnen im Musikbusiness alle Tore offen. Nach zwei erfolgreichen Alben geriet die Karriere jedoch ins Stocken, und seit 15 Jahren haben Sportsguitar keine neue Musik mehr veröffentlicht.

 

Dieser ehemalige Rockstar (der eher Anti-Rockstar war) eröffnet in Luzern nun einen Laden – «Setpember Vin & Vinyl» öffnet seine Tür an der Kasimir-Pfyffer-Strasse im Luzerner Bruchquartier diesen Freitag. Im Sortiment: Platten und Weine.

Wein und Musik sollen sich befruchten

«Ich bin grosser Wein- und Musikliebhaber. Der Laden trifft die Grundfesten meiner Leidenschaften», sagt Obert. Guten Wein trinke er schon fast so lange, wie er gute Musik höre – häufig mache er auch beides zusammen, denn dies könne sich gegenseitig befruchten. Ein Song habe, wie ein Wein, eine gewisse Stimmung: «Es gibt sehr leicht zugängliche Platten, die Spass machen. Dazu brauchst du einen fruchtigen Wein, der lustig ist.» Schwerer zugängliche Platten hingegen würden nach einem spezielleren Wein verlangen.

Und welcher Wein passt zu seiner eigenen Musik? «Sportsguitar ist eher eine lustige Angelegenheit. Da würde vielleicht ein einfacher Champagner dazu passen. Ein schwerer Bordeaux wohl eher nicht.»

Die Verbindung von Musik und Wein sieht Obert als die Existenzberechtigung für «Setpember»: «Diese beiden Lebensgefühle will ich zusammenbringen.» Mit dem Laden will Obert in Luzern einen Treffpunkt schaffen.

«Hauptsache, ich muss nicht drauflegen»

Einen soziokulturellen Aspekt habe «Setpember» auch: «Internetshopping ist super, aber es braucht in einer Stadt auch physische Orte, an denen man sich treffen kann», sagt Oliver Obert. Um gleich wieder einzuschränken: «Als Dorfpfarrer sehe ich mich dann aber nicht.»

«Zuerst machen, dann überlegen.»

Eine reine Weinhandlung würde Obert nie eröffnen: «Der Handel an sich interessiert mich überhaupt nicht.» Dem getreu gibt es für den Laden auch keinen Businessplan, sondern nur ein grobes Budget. «Hauptsache, ich muss nicht drauflegen.» Nach der Eröffnung will Obert durchrechnen, wie viel er verkaufen muss, damit das Konzept aufgeht: «Zuerst machen, dann überlegen.»

Oliver Obert vor seinem Laden an der Kasimir-Pfyffer-Strasse im Bruchquartier.

Oliver Obert vor dem «Setpember» an der Kasimir-Pfyffer-Strasse im Bruchquartier.

(Bild: lru)

Seine Familie wird der Betriebsökonom und Vater von drei Kindern denn auch weiterhin mit seinem angestammten Job ernähren. «Setpember» ist nur zwei Tage in der Woche offen: freitags ab 16 Uhr und samstags. «Das macht mir von A bis Z Spass», sagt Obert.

Und wenn man etwas mit Leidenschaft mache, dann springe der Funke auch aufs Publikum. Und wenn nicht? «Dann bin ich hier in zwei Jahren halt wieder draussen. Aber davor habe ich keine Angst.»

Zu verkaufen: Plattensammlung

Das Sortiment in Oberts Laden ist nicht nur zwischen Wein und Vinyl aufgeteilt. Sondern auch zwischen «new» und «used», wie Obert es sagt, der mit Sportsguitar viermal durch die USA tourte: Etwa ein Drittel der Platten stammt aus der persönlichen Sammlung des Ladenbesitzers. Oliver Obert zieht eine schwarze Platte aus der Kiste: Mogwai – Come On Die Young von 1999. «Es ist die Erstpressung», sagt Obert, nicht ohne Stolz.

Mehr Musik von Oliver Obert: Happy Already (1998)

Der Gedanke, dass bald jemand kommt und die Platte kauft, stresst den Musikliebhaber nicht: «Meine Lieblingsplatten stehen nicht im Laden, das würde ich auf keinen Fall übers Herz bringen.» Dennoch sei er ziemlich unzimperlich über seine Sammlung gegangen: «Ich verkaufe keinen Schrott.» Gut die Hälfte der circa 140 Platten stammen aus dem Bereich Rock und Pop, die andere Hälfte sei Noise und Avant-Rock – «anspruchsvolles Zeug». Die Auswahl entspreche «hundert Prozent» seinem Geschmack.

«Ich interessiere mich nicht für Industrieproduktionen, weder bei der Musik, noch beim Wein.»

Auch bei den Weinen gebe es «neue» und «gebrauchte»: Obert kauft Kellerbestände auf und stellt sie dann in seinen Laden. Das sei weniger ein Geschäft und mehr eine Dienstleistung: «Wenn jemand zum Beispiel einen Keller erbt, sage ich den Leuten, welchen Wein sie zu einem guten Preis noch verkaufen können, welchen Wein sie besser selber trinken, weil niemand dafür etwas bezahlt, und welchen Wein ich für sie im Laden verkaufen kann.»

Neue Musik? «Das Nächste, was ich anpacken will»

Diese Auswahl wird ergänzt durch Weine aus Frankreich und Italien, die Obert direkt bei Kleinstproduzenten einkauft. «Ich interessiere mich nicht für Industrieproduktionen, weder bei der Musik, noch beim Wein.» Die Weine gebe es mit wenigen Ausnahmen ausschliesslich bei ihm und kosten zwischen 12 und 35 Franken, mit Ausschlägen nach oben. Nach unten nicht: «Zu Discountpreisen kann ich so kleine Mengen handgemachten Wein nicht importieren.»

Mit all der Leidenschaft, die Oliver Obert in seinen neuen Laden steckt – fehlt da die Zeit, wieder neue Musik herauszubringen? Schliesslich hat er das schon 2009 angekündigt. «Ich schreibe immer mal wieder neue Songs. Es gibt eigentlich keinen Grund, keine neue Musik aufzunehmen. Ich habe es bisher einfach nicht gemacht.» Mit dem Laden würde sich das aber nicht beissen: «Das ist das Nächste, was ich anpacken will.»

zentralplus hat mit Oliver Obert über seine Vergangenheit mit Sportsguitar gesprochen: «Nirvana war eine schöne Form von Wut»

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