Kammermusik-Matinee im Casino Zug

Der heimliche Star am Klavier

Margarita Höhenrieder (Klavier) und Jonas Iten (Cello) (Bild: PD)

Der Zuger Cellist Jonas Iten und die Münchner Pianistin Margarita Höhenrieder nahmen ihr Publikum an diesem Sonntag mit auf eine kleine Weltreise. Auf tänzerischen Füssen ging es von Polen bis Argentinien. Der Publikumsliebling war klar hinter dem Cello, doch der eigentliche Star sass am Klavier.

Einer der ersten warmen und sonnigen Frühlingstage dieses Jahres scheint nicht der ideale Zeitpunkt für eine Kammermusik-Matinee. Doch für diesen Solisten strömte das Publikum mit Vergnügen ins Zuger Casino und liess die strahlende Frühlingssonne und den weiten Blick auf den Zugersee für eine gute Stunde hinter sich: Der gebürtige Zuger Cellist Jonas Iten konzertierte an diesem Morgen mit der Münchner Pianistin Margarita Höhenrieder im grossen Casinosaal.

Tanzend um die halbe Welt

Im Gepäck hatten die beiden Musiker ein Programm, das zunächst durch seine Vielfalt auffiel. Auf Beethoven folgte der Pole Chopin, danach ging es mit Manuel de Falla nach Spanien, um mit den typischen Tango-Klängen des Argentiniers Astor Piazzolla in der neuen Welt zu enden. Eine Reise durch Raum und Zeit, durch den alten und den neuen Kontinent wie auch von der Wiener Klassik bis in die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts.

Manch einem Hörer dürfte während des Konzerts die Tanzlust in die Beine gefahren sein. Denn Tanzmusik war das Element, das die verschiedenen Werke – abgesehen vom Eröffnungsstück – miteinander verband. Besonders berauschend, aber schnell vorbei: de Fallas «Danza ritual del fuego», ein ritueller Feuertanz einer Zigeunerin, die im Ballett «El amor brujo» auf diese Weise den Geist ihres verstorbenen Gatten zu bannen versucht. Die gefährlich lodernden Flammen im Klavier, von der Pianistin so plastisch realisiert, schufen eine gleissende Bühne für den Cellisten, der mit wilden Trillern und Verzierungen die stolze Tänzerin zum Leben erweckte.

Piazzollas «Le Grand Tango» für Violoncello und Klavier, mit dem das Programm endete, war von einem völlig anderen tänzerischen Gestus getragen. Hörend war nachzuvollziehen, wie sich die beiden Protagonisten auf der Bühne musikalisch umkreisten, abtasteten, auseinandergingen, um im nächsten Moment wieder harmonisch zusammenzufinden. Wo das Klavier einmal eher in den Hintergrund trat, um die Bühne dem Cellisten zu überlassen, behielt Höhenrieder in ihren Rhythmen eine solch konzentrierte Spannung, dass schon diese allein an die anmutigen Schritte leidenschaftlicher Tangotänzer erinnerten.

Dramatik und Zwiegespräch

Ganz etwas Anderes dagegen das Eröffnungsstück, Ludwig van Beethovens Sonate für Violoncello und Klavier Nr. 3 in A-Dur. Dieses dramatische und komplexe Werke forderte besonders viel kammermusikalisches Können. Hier ist die Rollenverteilung zwischen den Instrumenten fliessend, ein Murmeln im Hintergrund entwickelt sich in kürzester Zeit zu einem selbstbewussten Gesang, um wenig später dem anderen Kammermusikpartner wieder das Wort zu überlassen. Dieses Zwiegespräch zwischen Klavier und Cello gelang Iten und Höhenrieder organisch und überzeugend.

Der Star sitzt am Klavier

Es war dabei oft Höhenrieder, die mit ihrem umfangreichen Repertoire an Klangfarben und ihrem konzentrierten Spiel den Interpretationen besondere Tiefe und Brillanz verlieh. Da kann ein tiefer Klavierton auch mal wie ein Zupfen klingen, das sich an Itens Pizzicato anschmiegt. Oder ein langer Lauf von den höchsten in die tiefsten Etagen des Instruments wie ein Wasserfall aus Perlen anmuten.

Im Vergleich dazu blieb Itens Spiel leider eher blass, und das lag höchstens zum Teil an der Akustik des Raums. Manchmal schien dem Cellisten die nötige Überzeugung zu fehlen, um den gewählten Interpretationsansatz mit letzter Konsequenz zu realisieren. Seine magischen Momente hatte Iten vor allem dort, wo er romantische Kantilenen geniessen konnte. Doch daneben gab es auch Momente der Orientierungslosigkeit, Passagen, mit denen er scheinbar wenig anzufangen wusste. Wenn Kammermusik gespielt wird, dann ist das Klavier niemals nur Begleitung, auch wenn der Cellist, der Geiger oder ein anderer Musiker zumeist prominenter auf der Bühne steht.

Dieser wichtige Grundsatz wurde an diesem Morgen nicht nur durch die komplexe Komposition von Ludwig van Beethoven in Erinnerung gerufen. Vielmehr war es die Pianistin selbst, welche der Bedeutung ihres Instruments Nachdruck zu verleihen vermochte. Obwohl beide Musiker ihre jeweilige kammermusikalische Rolle erkannten und ausfüllten, war es sie, die eine zusätzliche Dimension in die Interpretationen hineinbrachte. Jonas Iten war an diesem Morgen der Liebling des Publikums. Aber die Hauptverantwortung für die musikalische Güte des Konzerts trug Margarita Höhenrieder.

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