Versteckte Gesetze im Entlastungspaket

Bubenstreiche im Zuger Regierungsrat

Der Zuger Regierungsrat noch ohne Martin Pfister: v.l. Urs Hürlimann (FDP), Heinz Tännler (SVP), Stephan Schleiss (SVP), Beat Villiger (CVP), Manuela Weichelt-Picard (Alternative), Matthias Michel (FDP) und Peter Hegglin (ehem.) (Bild: zg.ch)

Sparpaket – die beste Zeit, um kleine Gesetzesänderungen ins Trockene zu bringen. Das komplexe Entlastungsprogramm eignet sich dazu offenbar ganz gut. Zwischen Streitereien und Diskussionen brauchte es nämlich gute Ohren und viel dazwischen, um den als Sparmassnahmen getarnten Gesetzen auf die Schliche zu kommen. Zwei Zuger Politiker haben genau hingehört und erzählen Überraschendes.

Es ging hoch zu und her im Kantonsrat: Während der ersten Lesung des Entlastungsprogramms wurde diskutiert und debattiert, ja bisweilen gar gestritten. Fakt ist, man muss sparen. Das ist wenig überraschend. Überraschend war aber die Tatsache, dass plötzlich Gesetze auftauchten, die gar nichts mit dem Sparen zu tun haben.

Umverteilen ist nicht sparen

Es war die Rede davon, dass die Auslagen der Polizei in Strafverfahren vom Obergericht bezahlt werden müssen. Obergerichtspräsident Felix Ulrich wehrte sich und erklärt, dass diese Intervention keinen Sinn mache. Das Geld werde «von einer Tasche in die andere Tasche geschoben. Daraus wird nicht mehr Geld als vorher». Es mache nur mehr Arbeit (zentralplus berichtete).

Im Ping-Pong zwischen Exekutive und Judikative äusserte auch der Regierungsrat, dass es nicht im engeren Sinn ums Sparen ginge. Das fiel SP-Kantonsrätin Barbara Gysel auf. Sie forderte die Regierung auf, zu erklären, wie dieser Abschnitt überhaupt in die Vorlage geraten sei: «Das hat offenbar mit dem Entlastungspaket überhaupt nichts zu tun.» Zudem wollte sie wissen, ob das Sparpaket noch weitere solche Fälle ohne Spareffekte beinhalte – der Sicherheitsdirektor verneinte dies.

Kässelitausch anstatt sparen

War es also ein Einzelfall? Das Gesetz ohne Spareffekt entging auch Thomas Werner, SVP-Kantonsrat, nicht. Er erinnert sich, dass es mit dem oben genannten Beispiel insgesamt drei Mal ein Thema war: «Bei der Verschiebung der Kosten vom Kanton zu den Gemeinden und bei der Verwendung des Geldes des Lotteriefonds zur Bezahlung des Kulturlastenausgleiches» sei auch nicht das Sparen im Vordergrund gestanden, so Werner. Da war der Sicherheitsdirektor offenbar nicht über alles im Bild.

«Da wird schlicht kein Rappen eingespart, sondern einfach aus einem anderen öffentlichen Kässeli bezahlt.»
Thomas Werner, SVP-Kantonsrat

Das ärgert ihn: «Es muss gespart werden, es muss überall gespart werden.» Deshalb dürfe nicht nur umverteilt und beschönigt werden. Und er findet: «Da wird schlicht kein Rappen eingespart, sondern einfach aus einem anderen öffentlichen Kässeli bezahlt.»

Mit einem Trick, dafür ohne Aufwand ins Gesetz?

Wie konnte es passieren, dass Gesetze in einem Sparpaket untergebracht werden, wenn sie gar nichts mit Sparen zu tun haben? Barbara Gysel meint dazu: «Ich vermute, dass man bei solchen Gesetzen denkt, dass sie mit verhältnismässig ‹geringem Aufwand› den Kantonsrat passieren, ohne ins Scheinwerferlicht zu geraten.»

«Im ‹Seitenwagen des Sparpakets› werden offenbar auch gesetzliche Änderungen diskutiert, die nicht mal das Sparen als oberste Priorität haben.»
Barbara Gysel, SP-Kantonsrätin

Aufgefallen ist der Kantonsrätin dieser Bubenstreich erst während der Debatte: «Wir haben die Vorlage in der Fraktion zwar sehr ausführlich beraten.»

Das werden Zankäpfel der morgigen Debatte sein

Morgen Donnerstag wird im Kantonsrat erneut über das Entlastungsprogramm debattiert. Folgende Themen könnten dabei ins Kreuzfeuer der Parteien geraten:

  • Verlegung und Zusammenlegung von Polizeiposten: Die Streichung des Polizeipostens in Steinhausen wird die Gemüter bewegen.
  • Erhöhung der Kostendeckung bei der Schifffahrt: Die Schifffahrtsgesellschaft sorgt sich um ihre Zukunft auf dem Ägerisee.
  • Finanzierung von Sozialversicherungen und Ergänzungsleistungen sowie IV-Renten: Dass bei den sozial Schwachen gespart werden soll, erzürnt nicht nur linke Politiker.
Dass im «Seitenwagen des Sparpakets» aber offenbar auch gesetzliche Änderungen diskutiert würden, die nicht mal das Sparen als oberste Priorität hätten, sei ihr erst während der Debatte aufgefallen, sagt Barbara Gysel.

Ist es Absicht?

Versucht der Regierungsrat Gesetze ins Entlastungsprogramm zu schmuggeln, die gar keinen Spareffekt haben? Beat Villiger, Sicherheitsdirektor des Kantons Zug, sagt: «Der Vorwurf ist unbegründet.» Die «Verrechnung polizeilicher Leistungen nach dem Verursacherprinzip» sei als schlüssiges Gesamtpaket zu verstehen, so wie es im Bericht und Antrag des Regierungsrats auch dargelegt sei.

Es gehe um einen Systemwechsel, der mehrere Gesetzesänderungen beinhalte. «Ausserdem kann man davon ausgehen, dass eingeschleuste ‹Seitenwagen-Vorlagen› bereits den vorberatenden Kommissionen aufgefallen wären», so Villiger.

Ob das Thema «Gesetze im Seitenwagen des Sparpakets» vom Tisch ist, wird sich am Donnerstag zeigen. Dann führt der Kantonsrat die Beratungen zum Entlastungsprogramm fort. 

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