Drei Kandidaten fürs Luzerner Stadtparlament

Der Star, die Tochter und der Dinosaurier

Überall sind derzeit Wahlplakate zu sehen: (v. l.) Martin Abele (Grüne), Judith Wyrsch (Grünliberale) und Joseph Schärli (SVP, bisher). Sie haben Politik im Blut. (Bild: Montage les)

Wer kandidiert fürs Luzerner Stadtparlament? zentralplus hat sich durch die Kandidatenlisten gewühlt und drei interessante Persönlichkeiten herausgefischt. Wir beleuchten ihre Vergangenheit – und entdecken dabei so einiges.

270 Kandidierende (98 Frauen, 172 Männer) bewerben sich um die 48 Sitze im Grossen Stadtrat. Am 1. Mai wissen wir, wer den Einzug schafft. zentralplus hat drei Kandidaten herausgepickt, die besonders hervorstechen: Einen Polit-Star aus Zürich, der hier einen Neuanfang plant, einen Polit-Dinosaurier, der trotz fortgeschrittenem Alter noch immer politisches Feuer verspürt, und eine Kandidatin aus einer Polit-Familie, die in grosse Fussstapfen treten will.

Kandidat 1: Martin Abele (Grüne)

Als Erstes haben wir einen Kandidaten gefunden, der schon eine steile Polit-Karriere hinter sich hat. Mai 2013: Das Stadtparlament in Zürich wählt einen neuen Präsidenten. Gewählt wird Martin Abele. Während einem Jahr steht er als «Höchster Stadtzürcher» der grössten Stadt der Schweiz vor. Und auch danach bleibt er als Parlamentarier aktiv bis im Oktober 2015. Daraufhin verlässt Abele die Stadt Zürich und zügelt nach Luzern. «Die Liebe hat mich nach Luzern gezogen», sagt Abele zum Umzugsgrund. Seit über zwanzig Jahren ist er mit seinem Lebenspartner zusammen, vorher führten die beiden eine Wochenendbeziehung. Jetzt will er hier für die Grünen ins Stadtparlament und da seine politische Laufbahn fortsetzen.

«Wenn man so will, stehe ich in Luzern vor einem politischen Neustart.»

Abele, 52-jährig und Fachstellenleiter Schuldenberatung, ist bewusst, dass er sich von seinen Ämtern in der Stadt Zürich nichts mehr kaufen kann. «Wenn man so will, stehe ich in Luzern vor einem politischen Neustart.» Natürlich bringe er Erfahrung aus dem Parlamentsbetrieb mit. «Ich weiss aber, dass in der Stadt Luzern niemand auf mich gewartet hat», so der Grüne Kandidat.

Allgemein schätzt Abele die politischen Fronten etwas weniger verhärtet ein als in der Stadt Zürich. Die Themen sind zwar etwa dieselben. «Verkehr, Stadtentwicklung und Finanzen haben mich in Zürich schon beschäftigt, damals einfach noch eine Dimension grösser als hier in Luzern.» Abele fügt aber an, dass es ihm hier sehr gefällt. «Und als politisch denkender Mensch möchte ich auch mein Engagement weiterführen.» Als seine politischen Schwerpunkte nennt Abele den Verkehr, die Quartierentwicklungen, Natur und Umwelt sowie soziale Themen im Bereich der Integration und Gleichberechtigung.

Martin Abele als Gemeinderatspräsident im Zürcher Ratshaus.

Martin Abele als Gemeinderatspräsident im Zürcher Ratshaus.

Kandidat 2: Joseph Schärli (SVP)

Der Dinosaurier unter den drei Kandidaten ist schon eine gefühlte Ewigkeit dabei. Auch Joseph Schärli (73) durfte sich schon Präsident eines Gemeindeparlaments nennen. 1982/83 stand er dem Einwohnerrat in Littau vor. Dies war aber nur einer von vielen Höhepunkten seiner politischen Karriere. Schärli war 8 Jahre im Einwohnerrat Littau, 22 Jahre Gemeindeammann, sass 16 Jahre im Luzerner Kantonsrat und sitzt seit der Fusion von Littau und der Stadt im Grossstadtrat. Genug von der Politik hat er noch lange nicht. Auf sein Alter angesprochen sagt er kurz und knapp: «Einer muss ja der Älteste sein.»

Er stelle sich in den Dienst der Partei, weil die SVP zu wenige Kandidaten habe. «Nur 13 sind schon etwas mager», erwähnt er. Platz für frisches Blut zu machen, sei gar nicht möglich. «Dieses Problem haben ja viele Parteien – ausser die Linken.» Für diese hat Schärli allerdings ein müdes Lächeln übrig. «Ein 20-Jähriger in der Politik ist noch ohne politische Erfahrung.»

«Jede Altersgruppe sollte angemessen vertreten sein, dazu gehören auch die Pensionierten.»

Wie geht es Schärli denn gesundheitlich? «Gut wäre besser», sagt er. Er erholt sich von einer Rückenoperation, in der vergangenen Legislatur hat er auch mal gefehlt, war in der Reha und ein halbes Jahr im Spital. «In der letzten Zeit war ich aber immer anwesend», versichert er. Noch lieber würde er zwar auf Bergtouren gehen, doch dramatisieren will Schärli seinen Gesundheitszustand überhaupt nicht. «Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.»

Dass er zu alt sei, höre er übrigens überhaupt nicht gerne, lässt Schärli verlauten. «Jede Altersgruppe sollte angemessen vertreten sein, dazu gehören auch die Pensionierten», hält er fest. «Ich habe mir meine Kandidatur gut überlegt und will nochmals gewählt werden.» Und auch ein vorzeitiger Abgang komme für ihn nicht infrage, wenn es die Gesundheit erlaubt, stellt er unmissverständlich klar. Und im Falle einer Abwahl? Schärli lässt sich den Vorwurf, den rechtzeitigen Abgang allenfalls verpasst zu haben, nicht gefallen. «Ich müsste damit leben, doch das Volk hätte entschieden. Meine zwei gescheiterten Nationalratskandidaturen (beide Male erster Ersatz) – damals noch für die CVP – waren allerdings die grösseren Niederlagen.»

Das politische Feuer brennt in Schärli definitiv noch. «Das muss auch so sein», lacht er. Man müsse sich auch immer neue Ziele setzen. Schärli will sich in den Bereichen Kultur, Tourismus und Wirtschaft weiter engagieren. «Die Salle Modulable liegt mir am Herzen. Man darf nicht immer nur schimpfen.» Die Beteiligten hätten gewaltige Vorarbeit geleistet, sagt Schärli und honoriert diese. Weiter will er neue Firmen in Littau ansiedeln. «Die Stadt hat hier Land gekauft, nichts geschieht. Hier erwarte ich mehr Engagement von der Exekutive», so der Littauer.

Mit diesem Foto machte Joseph Schärli im Grossratswahlkampf 1991 Wahlkampf.

Mit diesem Foto machte Joseph Schärli im Grossratswahlkampf 1991 Wahlkampf.

Kandidatin 3: Judith Wyrsch

Die dritte im Bunde der Kandidaten mit einem speziellen Hintergrund ist Judith Wyrsch. Die 50-jährige Kulturmanagerin ist die Tochter des langjährigen und mittlerweile verstorbenen Stadtluzerner CVP-Finanzdirektors Armand Wyrsch (1970 bis 1991). Ihr liegt die Politik also im Blut. Wyrsch sagt: «Zuhause wurde leidenschaftlich und engagiert über aktuelle Themen diskutiert.» Wenn Stadträte, die Fraktion oder die persönlichen Mitarbeiter ihres Vaters zu Besuch gewesen seien, konnten die Gespräche durchaus heftiger werden. «Dieses Herzblut und Interesse an gesellschaftspolitischen Themen ist mir geblieben.»

Durch diese Erfahrungen hat Wyrsch aber auch grossen Respekt vor einem politischen Amt. «Wenn ich mich um ein Amt bewerbe, dann habe ich auch den Anspruch, es engagiert und verantwortungsvoll auszufüllen.» Deshalb habe sie aus Zeitgründen auch eine erste Anfrage abgelehnt. Jetzt sagt sie aber: «Luzern liegt mir am Herzen und ich bin bereit, mich für meine Stadt einzusetzen.»

«Ich hätte einen wunderbaren Vertrauten und Berater mit meinem Vater gehabt.»

Ihr Vater war bei der CVP, sie kandidiert nun für die Grünliberalen. Hätte das früher nicht zu Problemen geführt? Wyrsch sagt: «Ich meldete mich auch ohne Zustimmung meines Vaters mit 16 Jahren für die Kunstgewerbeschule an.» Sicher hätten wir betreffend der Parteiwahl ein paar Fragen zu klären, ergänzt sie. «Wir hätten diese jedoch bestimmt konstruktiv und sachlich besprochen und ich hätte schliesslich einen wunderbaren Vertrauten und Berater mit ihm gehabt.»

Den Namen Wyrsch trägt sie mit sich. Damit sei eine gewisse Bekanntheit, aber natürlich auch eine besondere Verantwortung verbunden, meint sie. «Ich bringe aber meine ganz persönlichen Erfahrungen und Ideen mit in die Politik.» Ihr gehe es nicht darum, einen Namen durch die Stadt zu tragen. «Ich kandidiere, weil ich mich für ein nachhaltiges und vielfältiges Luzern einsetzen möchte. Auch später einmal in die Fussstapfen des Vaters im Stadtrat zu treten, sei derzeit nicht geplant. «Vorerst würde ich mich über den Einzug ins Stadtparlament sehr freuen, dann sehe ich weiter.»

Politische Schwerpunkte will Wyrsch in der Kulturpolitik setzen. «Die Kultur und der Kulturkompromiss sind mir ein Anliegen. Luzern benötigt etablierte Institutionen genauso wie die alternative Kultur.» Sie kenne beide Seiten und auch die Seite der Kulturförderer sehr gut – diese Erfahrung möchte sie einbringen. «Als selbstständig Erwerbende weiss ich zudem, wie wichtig ein gesundes wirtschaftliches Umfeld für Luzern ist.»

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