Troimer in der Galvanik

Realitätsverlust für alle

In der Galvanik brachten Troimer das Publikum zum Schwitzen. (Bild: zvg)

Die Zuger Alternativ-Rock-Band Troimer hat am Samstag in der Galvanik ihre neue Platte mit einem durchinszenierten Drama getauft. Und brachte das Publikum damit ins Straucheln.

Die Galvanik ist am Samstagabend einer absurden Zwischenwelt gewichen, irgendwo zwischen Wachen und Trance, wo alles möglich ist. Die Zuger Band Troimer hat ihre neue Scheibe «Mit anderen Augen» getauft und damit auch gleich dem Publikum einen Blick durch die Augen des Troimers ermöglicht. Die Taufe war ein theatralischer Traum, dessen reinigende Krise der Auftritt der Band selbst bildete.

Batman, Braut und Bräutigam

Am Eingang stand Batman. Schwarz und düster kontrollierte er den Zugang zum Club. Ein Motorradfahrer, nackt bis auf ein paar ausgewaschene rote Unterhosen tanzte für die Gäste. Vollkommen vertroimt, in einer fremden Welt versunken. Eine Braut, ganz in Weiss verteilte Brownies, während ihr Bräutigam ihr die wallende Schleppe hielt. Ein langhaariger Biker mit verspiegelter Pilotenbrille hing an der Bar. Wobei nicht sicher war, ob der Rocker mit zur Inszenierung gehörte.

Die Grenze zwischen Theater und Zuschauer verschwamm. Und liessen die Gäste hilflos in einer Welt zurück, die sie nicht verstehen konnten.

Stubenrein mit Rum und Jägermeister

Die Vorband Stuberein aus Zug spielte auf der Bar. Eine logische Konsequenz, wo auch sonst? Es ging ja auch ums Feiern der Platte und wo feiert man eine neue Platte gebührend wenn nicht direkt auf dem Tresen? Stuberein besang in bester Folkmanier mit Cajon und Gitarre die Liebe, den Rausch und die Stolperfallen des Lebens. Rum und Jägermeister wanderten durch die Gästeschar, die Stimmung schaukelte sich unaufhaltsam hoch.

Dann begann der Traum und der Traum begann im Nebel. Im Spalt des Vorhangs erkannte man die Silhouette des Troimer-Sängers Etienne Bühler. Er sang über die Flut, die kommen wird, und die Flut kam mit der zweiten Strophe. Nämlich als sich der Vorhang vollends zur Seite schob und sich die Songs der Band über die Köpfe der Zuschauer ergossen.

Wahnsinn und gnadenlose Realität

Troimer gilt auch noch nach zehn Jahren im Zentralschweizer Musikzirkus als Geheimtipp. Geheimtipps verzeiht man eigentlich gerne auch kleinere Patzer. Solche Abstriche gab’s bei Troimer nicht. Wie auf Schienen fuhr die Band sicher und gewaltig durch das Programm. Und bot damit genau die nötige Spurtreue, damit die gesungenen Dramen von Etienne Bühler und Alexandra Landtwing ihre volle Wirkung entfalten konnten.

Das Thema «mit anderen Augen» wurde auch auf der Bühne selbst umgesetzt: Grossformatige Bildschirme zeigten in Direktübertragung die Sicht von Sänger Bühlers Mikrofon. Naturgemäss verliefen sich die Bilder auf den Schirmen in rasendem Wechsel. Als Sinnbild der Fantasie, schwankend zwischen furchtlosem Wahnsinn und wahnsinniger Furcht.

Nach dem Konzert fand man sich unwillkürlich mit der gnadenlosen Realität konfrontiert. Trunken vom Sound, den Jäger- und Rumshots. An der Nachtluft verblasste langsam die Erinnerung an nackte Motorradfahrer, Brownie-Bräute und Batman. Falls das ein Traum war, war er bestimmt einer der verschwitztesten und intensivsten überhaupt.

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