Luzerner Band Kapnorth geht mutige Wege

Stück für Stück zum ganzen Film

«Über allem steht die Freundschaft»: Kapnorth mit David Buntschu (ganz rechts). (Bild: PD)

Mit guter Musik allein ist’s nicht getan. Wie hebt man sich als Band heute von der Masse ab? Die Luzerner «Kapnorth» versuchen es mit zehn Videos in Folge. Diese ergeben am Schluss nicht nur ein Album, sondern einen ganzen Film. Mit ihrer Musik plädieren sie für mehr Mut zum Emotionalen.

Man kann den guten alten Zeiten, als Menschen noch Musik kauften und ein Konzert ein Ereignis war, nachtrauern. Oder man stellt sich den neuen Umständen und lässt sich etwas einfallen. Eine Strategie, mit der man sich in der schnelllebigen Social-Media-Welt Aufmerksamkeit verschafft. Klar ist jedenfalls: Mit Musik allein ist es nicht getan.

Die junge Band Kapnorth aus Luzern bringt bald ihr zweites Album raus. Und sie hatten eine gute Idee: Jeder der zehn Songs ist ein eigener Videoclip, der ab jetzt im Zweiwochenrhythmus erscheint. So halten sie den Pegel bis zum Album-Release konstant hoch.

Zwei Stücke haben sie schon veröffentlicht. Vor zwei Wochen das Video zum Song «Ghostly Love»:

 

Und ganz neu, diese Woche das Video zu «A Helping Hand» – der ersten Single des kommenden Albums:

 

Für jeden Song haben Kapnorth einen anderen Videokünstler angefragt, die meisten davon aus Luzern, und gaben ihnen eine Carte blanche. «Wir wollten ihnen möglichst viel Spielraum geben für Eigeninterpretation», sagt David Buntschu, Gitarrist und einer der Songschreiber der Band.

Kein Vorhaben ohne Vorbild: Als Inspiration diente den vier Luzernern die Isländer Band Sigur Rós: Diese fragte 2012 für ihr Album «The Valtari Mystery» zwölf Videokünstler an, Filme zu ihren Songs zu verwirklichen – ebenfalls ohne jegliche Vorgaben.

Wenig Geld, maximale Freiheit

Kapnorth eröffnen «There Are Worse Bands»-Festival

55 Bands an einem Festival in Luzern. Am Samstag, 12. März, wird das Festival mit dem symptomatischen Namen «There Are Worse Bands» eröffnet. Mit dabei in der Zwischenbühne: Kapnorth, Augustine’s Suspenders, The Espionne und Hendrick the Hatemaker.

Weiter geht’s bis 26. März mit 28 weiteren Konzerten von mehrheitlich Luzerner Bands in verschiedenen Clubs der Stadt. Einige Namen gefällig: Who’s Elektra, Maple Tree Circus, Coco Galaxy, Tobi Gmür, Miss Goldie oder Hairdryer.  Alle Konzerte sind ohne Eintritt respektive: bezahlt wird nach eigenem Gutdünken. Veranstaltet wird das Festival vom gemeinnützigen Veranstaltungslabel Lumberjack.

Kapnorth tun also etwas Ähnliches wie Sigur Rós, wenn auch mit weit kleinerem Budget. «Wir fragten uns: Wollen wir einfach wieder ein normales Album herausbringen oder etwas Neues wagen?», sagt David Buntschu. «Es macht uns einfach Freude, verschiedene kulturelle Sparten zu vermixen, also suchten wir zehn befreundete Videokünstler, die das für uns machen.» Dank einer Crowdfunding-Kampagne im Vorfeld kamen einige Tausend Franken zusammen, alle Videokünstler erhielten somit ein Honorar. Wenig zwar, dafür maximale künstlerische Freiheit.

Es geht Kapnorth darum, die Aufmerksamkeit über eine längere Zeit hoch zu halten. «Es ist alles so kurzlebig, du kannst eine Platte herausbringen, Promo machen, und nach drei Monaten ist es wieder vorbei», sagt David Buntschu. Das Video-Projekt ist nachhaltiger. «Oder nachhalliger», wie es Buntschu ausdrückt, die Idee bleibe über eine längere Zeit bestehen. «Die Frage ist einzig, ab wann wir die Leute damit nerven», sagt er lachend.

Am Schluss gibt’s einen Albumfilm

Am Schluss ergeben die zehn Songs nicht nur ein Album, sondern einen Albumfilm, den der befreundete Videokünstler Philipp Thalmann macht. Die zehn Videos werden mit zusätzlichem Material wie Interviews und anderen Sequenzen angereichert und zu einem stündigen Film zusammengeschnitten. Das Album kommt im Mai, der ganze Film dann frühestens im Herbst.

«Die Frage ist einzig, ab wann wir die Leute damit nerven.»

David Buntschu, Gitarrist von Kapnorth

Ab Mai spielt Kapnorth einige Konzerte in Deutschland. Sowieso: In Deutschland erhoffen sie sich einiges. «Wir merkten, dass unsere Musik dort gut ankommt», sagt Buntschu. Eine Berliner Agentur platziert aktuell landesweit ihre Videos und Singles. «Die Agentur war Fan von der Idee mit den Clips – sie fanden das mutig und mögen unseren Sound», sagt Buntschu.

Das Nordische steht ihnen gut: die vier Freunde von Kapnorth.

Das Nordische steht ihnen gut: die vier Freunde von Kapnorth.

(Bild: PD)

Liebe als Fundament

Das Album wird «Dematerealize» heissen. Entmaterialisieren. Sie schreiben in ihrem Pressetext: «Weg vom Materialismus zurück zur emotionalen Präsenz im Leben.» – Was man durchaus als Appell verstehen könne. Ein Konzeptalbum also?

«Wir sind vier sehr gute Freunde, über allem steht diese Freundschaft.»

David Buntschu von Kapnorth

Buntschu sagt, jeder der zehn Songs könne sich an den Albumtitel anlehnen. In den Texten geht es um Liebe, die jeder Mensch brauche – und die Menschen verbindet. «Liebe ist Fundament und gleichzeitig Fokus der Sinnsuche», schreibt die Band.

Entmaterialisieren!

Weg vom Materialismus, hin zur Emotionalität – das fängt bei der Band selbst an: «Wir sind vier sehr gute Freunde, über allem steht diese Freundschaft», sagt Buntschu. «Das ist sehr wertvoll und mir persönlich sehr wichtig. Das ist der Kern des Ganzen.» Er sei stolz darauf, dass sie so vieles selber durchzögen und daran glaubten. Wie auch jetzt, mit den zehn Videoclips.

Und schliesslich hat sich die Band auch musikalisch «entmaterialisiert»: Weniger ist mehr, sagten sie sich. Alles sei etwas dünner geworden, einfachere Kompositionen, reduziert auf das Nötige. «Wenn ich Leuten unsere Musik abspiele, sagen sie oft: Das ist aber schon sphärisch, schon schwer und melancholisch», sagt David Buntschu und schmunzelt. «Ich denke, das ist auch jetzt noch so, wir suchen diesen nordischen Einschlag. Alternative Rockmusik mit Einflüssen aus Post-Rock, Klassik und Jazz, beschreibt er die Musik von Kapnorth. «Irgendwo dort drin.»

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