In der drittgrössten Luzerner Gemeinde stehen die fünf selben Köpfe zur Wiederwahl – ohne Gegenkandidaten. Eine Kandidatur im Schlafwagen, sozusagen. Was ist da los? Immerhin könnte die Krienser SVP nach dem Wahldebakel im letzten Sommer die Gelegenheit zur Revanche nutzen.
Nun ist es defintitiv: In Kriens, der mit 27’000 Einwohnern drittgrössten Gemeinde des Kantons, treten für die Gemeinderatswahlen am 1. Mai keine neuen Kandidaten an. Völlig langweilig, nix passiert.
Für die fünf Sitze gibt es fünf Kandidaten, das Präsidium wird nicht angetastet und nicht mal die SVP, immerhin die wählerstärkste Partei der Gemeinde, stellt einen Kampf-Kandidaten. Was ist da los? Sieht nach einem Wahlkampf im Schlafwagen aus, ähnlich wie in Emmen (zentral+ berichtete). Aber aus anderen Gründen.
«Wir werden mit niemanden mehr antreten.»
Hans Fluder, SVP
Zur Wiederwahl fürs Krienser Führungsgremium stehen Cyrill Wiget (Grüne, Präsidium), Franco Faé (CVP), Judith Luthiger (SP), Matthias Senn (FDP), Lothar Sidler (CVP). Sie können sehr entspannt dem 1. Mai entgegensehen. Denn Bisherige werden höchst selten abgewählt. Aber hätte nicht wenigstens die SVP angreifen könnnen? Warum gibt es keine Revanche? Man erinnert sich: Das Partei-Aushängeschild Paul Winiker, ehemaliger Gemeindepräsident, wurde im Mai 2015 in den Luzerner Regierungsrat gewählt. Die anschliessenden Krienser Ersatzwahlen vom letzten Sommer waren dann ein regelrechtes Debakel für die SVP. Sie verheizte gleich zwei Kandidaten.
Zuerst liess die Krienser SVP nach dem ersten Wahlgang Einwohnerrat Patrick Koch fallen und versuchte es dann im zweiten Wahlgang ebenfalls erfolglos mit Quereinsteiger Martin Zellweger. Gewählt wurde statt einem SVP-Mann bekanntlich Franco Faé (CVP) (zentral+ berichtete). Das Volk schmiss die SVP aus dem Gemeinderat.
«Wir wollen in den nächsten Legislatur in Ruhe geeignete Kandidaten aufbauen.»
Hans Fluder, SVP
SVP hat die Nase voll
Nun hat die SVP genug von Gemeinderatswahlen – vorerst. Hans Fluder ist seit Anfang Jahr Interimspräsident der Krienser SVP und dürfte bei der Mitgliederversammlung im Mai das Amt fix zugesprochen erhalten. «Wir werden mit niemandem mehr antreten», sagt er. Auch nicht, wenn Sitz-weg-Schnapper Franco Faé allenfalls im ersten Wahlgang nicht auf Anhieb gewählt würde? Die SVP hätte dann fünf Tage Zeit, einen Sprengkandidaten für den zweiten Wahlgang aufzustellen. «Nein, auch im zweiten Wahlgang werden wir niemanden mehr stellen. Wir wollen niemanden verheizen. Faé hat gewonnen. Das gilt es zu akzeptieren.»
Aber: In vier Jahren werde wieder angegriffen. «Wir wollen in der nächsten Legislatur in Ruhe geeignete Kandidaten aufbauen.» Man habe nun genug Zeit, um sich den Sitz im Gemeinderat wieder zurückzuholen, sagt Fluder. Auch im Luzerner Regierungsrat habe es schliesslich ein paar Jahre gedauert, bis die SVP ihren Sitz mit Paul Winiker wieder innehatte. Altershalber könnte vielleicht ein Krienser Gemeinderat zürücktreten? «Das könnte sein. Aber von dem gehen wir nicht aus.»
«Ich vermute, dass die Krienser Kontinuität wünschen und das Präsidium nach so kurzer Zeit nicht angreifen.»
Cyrill Wiget, Gemeindepräsident
Wiget: Nicht nur für 10 Monate gewählt
Wie sehen das die Protagonisten selber? Für den Grünen und Frisch-Präsidenten Cyrill Wiget bleibt der Chefposten so gut wie sicher. Für das Gemeindepräsidium ist er der einzige Kandidat. «Ich denke, die Krienser haben bei den Ersatwahlen letzten Herbst nicht einen Präsidenten für 10 Monate gewählt. Ich vermute, dass die Krienser Kontinuität wünschen und das Präsidium nach so kurzer Zeit nicht angreifen.»
Die Gemeinde Kriens krempelt ihre Verwaltung um. Am 1. September 2016 tritt die Reform in Kraft. Dabei kommt es zu Verschiebungen der Zuständigkeiten, und es wird ein eigenes Präsidialdepartement geschaffen. Damit soll der Gemeindepräsident gestärkt werden.
Heute ist Gemeindepräsident Cyrill Wiget auch noch für Umwelt und Sicherheit verantwortlich. Künftig soll er sich ganz auf die präsidialen Aufgaben konzentrieren. Dazu gehören die Wirtschaftsförderung und die Kooperation mit anderen Gemeinden. Der Krienser Gemeindepräsident würde als eine Art «Aussenminister» die Gemeinde vertreten. Ausserdem werden die Aufgaben gleichmässiger verteilt. Künftig werden alle Gemeinderäte im 80-Prozent-Pensum angestellt. Heute variieren die Pensen der Gemeinderäte je nach Ressort zwischen 62 und 92 Prozent.
Faé: Es wird nicht mehr hart gekämpft
Der kürzlich gewählte Finanzvorsteher Franco Faé (CVP, 57), seit letztem Herbst im Amt, meint: «Dieses Mal wird offenbar nicht mehr so hart gekämpft.» Er habe es nach den Wahlen 2015 vorausgesagt, und es gelte für ihn auch heute noch: «Die Krienser Gemeinderatswahlen 2016 haben bereits im letzten Jahr stattgefunden.»
Laut Faé hängt die Alleinkandidatur der fünf Bisherigen zudem auch mit der neuen Departementsreform zusammen (siehe Box). «Die Wähler wollen bestimmt eine gewisse Konstanz im neuen System. Und keine weiteren Wechsel in der Führung der Gemeinde.» Faé hatte erst kürzlich einen gelungenen Einstand als Finanzvorsteher. Die Krienser sagten nach einem Referendum von FDP und SVP klar ja zum Budget.
Keine Parteitaktik mehr
Auch Matthias Senn (FDP) meint: «Der grosse Sturm war letztes Jahr». Parteitaktisch werde bei diesen Gemeinderatswahlen nichts mehr gehen. Es werde nichts mehr ausgeheckt, alles andere würde ihn sehr überaschen. Senn wird in diesem Jahr 54 und hat inzwischen acht Jahre als Bauvorsteher auf dem Buckel. An einen Rücktritt denkt er noch nicht. «Diese Legislatur werde ich durchziehen. Dann werde ich mich wieder entscheiden.»
Judith Luthiger (SP) hat eigentlich erwartet, dass noch andere Konkurrentinnen oder Konkurrenten nominiert werden würden. Die Vorsteherin des Kultur- und Bildungsressorts seit 2012 sagt: «Meine Wahlchancen sind intakt. Ich möchte ein gutes Resultat erzielen. Das ist mir wichtig.» Ein gutes Resultat sei auch eine Bestätigung für die geleistete Arbeit. Luthiger möchte insgesamt drei Legislaturen als Gemeinderätin erfüllen. «Das ist mein Ziel», sagt sie.
Und Lothar Sidler (55, CVP), seit 2008 Sozialvorsteher von Kriens, sagt: «Keine Gegner bedeutet für mich persönlich, ich kann den Wahlkampf relativ beruhigt angehen.» Auch für ihn stellt sich die Frage, wie viele Stimmen er machen wird. In seiner letzten Legislatur hat er heikle Geschäfte durchgebracht, unter anderem ein Asylzentrum eröffnet; ein weiteres ist in Planung. Ob das bei allen gut ankommt, wird sich zeigen. «Die Wahlen sind auch immer eine Quittung vonseiten des Volkes. Kann man so weitermachen oder nicht?»
Schwierige Finanzlage
Ganz abgesehen davon, wie die Wahlen ausgehen: Die grösste Herausforderung für alle fünf Krienser Gemeinderäte bleiben die Finanzen. Die Exekutive ist gefordert, die Kasse wieder auf Kurs zu bringen. Denn wäre die Gemeinde Kriens eine Firma, stünde sie kurz vor der Pleite. Für nächstes Jahr rechnet sie mit einem Defizit von 2,4 Millionen Franken. Der Bilanzfehlbetrag dürfte bis 2017 auf rund 6 Millionen Franken steigen. Erst 2019 soll die Gemeinde wieder mehr Geld einnehmen als ausgeben.
Einwohnerrat wird schrumpfen |
Ein spezielles Augenmerk verdient dabei die Gemeinde Kriens. Der Einwohnerrat wird von 36 auf 30 Mitglieder verkleinert, und eine gewisse Yvette Estermann, ihres Zeichens SVP-Nationalrätin, will in die Kommunalpolitik einsteigen. Spannend wird die Frage, ob es der SVP und FDP gelingt, den Aufwärtstrend der kantonalen und nationalen Wahlen des vergangenen Jahres nun auch auf kommunaler Ebene zu bestätigen. Hinweis für unsere Leser: Nach der «Jungen Welle» 2012, werden es die Jungparteien bei den Krienser Wahlen im Frühling schwer haben. Nachwuchsprobleme und ein verkleinerter Einwohnerrat plagen die Jungpolitiker. Um ihre Sitze zu retten, wechseln sie sogar zu den Grossen (zum Artikel).
Bis zum Einreichungstermin sind folgende Wahlvorschläge für die Einwohnerrats- und Gemeinderatswahlen 2016 abgegeben worden:
Listenverbindung mit Liste 5 SP, Liste 7 JUSO, Liste 13 Junge Grüne, Liste 6 GLP
Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)
Listenverbindung mit Liste 8 JCVP
FDP.Die Liberalen Kriens (FDP)
Schweizerische Volkspartei (SVP)
Listenverbindung mit Liste 10 JSVP
Sozialdemokratische Partei (SP)
Listenverbindung mit Liste 7 JUSO, Liste 1 Grüne, Liste 13 Junge Grüne, Liste 6 GLP
Listenverbindung mit Liste 5 SP, Liste 7 JUSO, Liste 1 Grüne, Liste 13 Junge Grüne
JungsozialistInnen und Junge Linke (JUSOplus)
Listenverbindung mit Liste 5 SP, Liste 1 Grüne, Liste 13 Junge Grüne, Liste 6 GLP
Junge Christlichdemokratische Volkspartei (JCVP)
Listenverbindung mit Liste 2 CVP
Junge Schweizerische Volkspartei (JSVP)
Listenverbindung mit Liste 4 SVP
Listenverbindung mit Liste 5 SP, Liste 7 JUSO, Liste 1 Grüne, Liste 6 GLP Vorbehalt
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