Was planen Salesianum-Gegner?

«Wir sind frustriert, dass Zug nicht schöner werden will»

Visualisierung der von der Alfred Müller AG geplanten Überbauung mit 56 Wohnungen beim Salesianum (rechts). (Bild: Alfred Müller AG)

Politisch ist die Sache gegessen: Die Zuger haben den Bebauungsplan für das Salesianum-Areal mit 52,3 Prozent Ja-Stimmen genehmigt. Der Plan ist aber nach wie vor stark umstritten. Strecken die Gegner nun die Waffen oder kämpfen sie auf rechtlichem Weg weiter?

«Wir haben den Entscheid vom Sonntag zur Kenntnis genommen», sagt der Präsident des Zuger Heimatschutzes Meinrad Huser trocken. Die Organisation war im gegnerischen Komitee «Nein zum Bebauungsplan Salesianum». Huser hat am Sonntag eine herbe Niederlage erlitten, die Zuger Bevölkerung hat sich für den Bebauungsplan ausgesprochen (zentral+ berichtete). 

Das Salesianum-Areal ist im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) eingetragen. «Von uns aus ist die Sache nach wie vor problematisch, weil man die künftige Nutzung des Areals durch diese Überbauung einschränkt», sagt Huser. Das habe man versucht, den Stimmbürgern zu vermitteln. Ohne Erfolg.

Einwendung zurückgestellt

Was wenig bekannt ist: Der Heimatschutz hat im letzten Jahr eine Einwendung gegen den Bebauungsplan eingereicht. Wegen der Volksabstimmung wurde diese zurückgestellt (siehe Kasten am Schluss). Ob die Organisation diese Einwendung nun weiterverfolgt oder zurückzieht, ist laut dem Präsidenten noch nicht beschlossen. «Wir werden die Sachlage nun analysieren», sagt Meinrad Huser.

Einen weiteren Stein in den Weg legen könnte der Heimatschutz der Alfred Müller AG mit einer Beschwerde gegen das Baugesuch, das frühestens im Sommer 2017 eingereicht werden dürfte (siehe kleine Box). «Das ist ebenfalls noch nicht entschieden», so Meinrad Huser. Da das Areal im nationalen Inventar ist, werde man aber den Schweizer Heimatschutz in den Entscheid einbeziehen, will er betont haben.

Kritik des Heimatschutzes

Aus Sicht des Heimatschutzes haben die Investoren die Kritik des Verwaltungsgerichts am ersten Bebauungsplan zu wenig berücksichtigt. «Die Befürworter haben immer argumentiert, dass das Salesianum nur genützt werden könne, wenn das Areal überbaut werde», sagt Ruedi Zai, Vizepräsident des Zuger Heimatschutzes.

Das treffe jedoch nicht zu. «Die historischen Gebäude sind genügend geschützt. Es geht um das ganze Areal von 20’000 Quadratmetern und dessen Gestaltung», sagt der Zuger Architekt. Es genüge nicht, dort Wohnungen zu planen. Auch der Aussenraum und die Quartierverträglichkeit seien zu berücksichtigen. Nach Meinung des Komitees ist das aber mit diesem Bebauungplan nicht der Fall. Für Ruedi Zai ist die Gestaltung der «Perle» Zugs nicht gelungen. Es ginge auch anders. Er verweist auf eine andere «Perle» von Zug, den Zurlaubenhof. «Dort hat der Bauherr anders reagiert. Bis auf eine Ecke, die ein wenig komisch wirkt, finden wir dieses Projekt gut.»

«Die historischen Gebäude sind genügend geschützt. Es geht um das ganze Areal.»
Ruedi Zai, Vizepräsident des Zuger Heimatschutzes

Bauliche Qualität in Zug nicht erwünscht?

«Ich bin frustriert über den Entscheid vom Sonntag», sagt Zai. Es sei schwierig, in Zug über bauliche Qualität zu sprechen. «Es bestätigt sich einmal mehr: Zug will nicht schöner werden», so der Architekt. Zai äussert auch Kritik am Zuger Bauamt: «Wenn sogar Vorschriften in der Bauordnung nichts nützen und man den Bebauungsplan einfach durchwinkt, kann man nichts machen.»

Laut Zai hätte das ISOS-Gebiet schon viel früher ausgezont werden müssen. Aus Angst vor einer allenfalls nötigen Entschädigung für die Menzinger Schwestern habe Zug jedoch verzichtet. «Ob diese überhaupt nötig wäre, ist fraglich», so Ruedi Zai.

Alternative im Komitee

Im gegnerischen Komitee engagierten sich auch Vertreter der Stadtzuger Alternative – die Grünen. «Der Entscheid für den Bebauungsplan ist am Sonntag mit 52 Prozent Ja-Stimmen gefallen», stellt ALG-Präsident Thomas Ehrensperger fest. «Das heisst aber umgekehrt, dass doch ein rechter Anteil an Zugern nicht einverstanden war.»

«Ein rechter Anteil an Zugern war nicht einverstanden.»
Thomas Ehrensperger, Präsident ALG Zug

Gegenüber dem ersten Bebauungsplan seien eindeutig Verbesserungen vorgenommen worden. «Aber wir empfanden diese nicht als genügend. Es ist noch nicht das, was das Areal verdient hätte», sagt Ehrensperger. Die Qualität der Überbauung überzeuge noch nicht. In einem solch heiklen Umfeld hätte es Ehrensperger auch begrüsst, wenn die Investoren ihre Pläne für eine öffentliche Nutzung des Salesianums bekannt gegeben hätten. «Doch die Vermutung steht immer noch im Raum, dass die Investoren selber noch nicht wissen, was im Salesianum entstehen soll.» Die städtische ALG wird an der Vorstandssitzung entscheiden, ob sie die Sache weiterzieht – also allenfalls Einsprache macht – oder auf sich beruhen lässt.

Anwohner könnten rekurrieren

Doch auch vonseiten der Anwohner des Salesianums könnten den Investoren noch Steine in den Weg gelegt werden. Der Zuger Heinz Gross war es zum Beispiel, der den Entscheid des Verwaltungsgerichts herbeiführte. Wird der Bewohner der Hofstrasse erneut rechtlich gegen die Baupläne vorgehen? Gross war am Montag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

So viel steht fest: Die Salesianum-Geschichte ist auch nach der zweiten Volksabstimmung nicht beendet und ihr letztes Kapitel wohl noch lange nicht geschrieben.

Ist der Erhalt langfristig gefährdet?

Der Zuger und der Schweizer Heimatschutz haben gegen den Bebauungsplan 2015 eine Einwendung eingereicht. Diese war wegen der Abstimmung vom 28. Februar bis jetzt sistiert. Ob sie weitergezogen wird, haben die Organisationen noch nicht entschieden (siehe Haupttext). Sie beantragen, den Bebauungsplan nicht zu genehmigen.

Die Begründung: Gemäss Bauordnung der Stadt Zug vom 7. April 2009 liegt die Parzelle 1487 mit dem Bebauungsplan Salesianum in der Spezialzone, welche unter Artikel 53 als «Bauzone mit speziellen Vorschriften Salesianum» aufgeführt ist. Diese Bauzone mit speziellen Vorschriften sei für öffentlich zugängliche Nutzungen wie Schulen, Kultur usw. und für Wohnen bestimmt. Der vorliegende Bebauungsplan könne keine Nutzung für die bestehenden Bauten des Salesianums vorweisen.

Der Bebauungsplan trenne die bestehenden Bauten ohne Landreserven, lediglich mit einer Nutzungsreserve von 540 Quadratmetern, für eine mögliche Entwicklung ab, und überbaue den grössten Teil der Parzelle 1487 mit acht Wohnbauten von insgesamt 8006 Quadratmetern anrechenbarer Grundfläche. An der Stelle einer möglichen Entwicklung des Salesianums lägen die notwendigen Grün- und Spielflächen der geplanten Wohnbauten.

Zu wenig Landreserven?

Diese Lösung erschwere eine künftige Nutzung und verunmögliche eine eventuell notwendige Erweiterung des Salesianums für die in der Bauordnung vorgesehene öffentlich zugängliche Nutzung der bestehenden Bauten.

«Wenn zum heutigen Zeitpunkt, der Erstellung des Bebauungsplanes, keine passende Nutzung gefunden werden kann, so sind in einem etappierten Bebauungsplan mindestens 2000 Quadratmeter anrechenbare Grundfläche zusätzlich für eine mögliche Entwicklung des Salesianums zu reservieren und das entsprechende Grundstück auszuweisen», fordert der Heimatschutz.
Und er schreibt weiter: «Der vorliegende Bebauungsplan schränkt eine mögliche Nutzung des Salesianums unverhältnismässig ein und gefährdet somit den langfristigen Erhalt des nationalen Baudenkmals.»

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