Zuger SVP macht auf Humanismus

Schenkt! Seid fröhlich! Spart Steuern!

Der Kantonsrat muss die Motion der SVP-Fraktion erst noch überwiesen. Damit ist aber noch nicht freie Bahn für freies Schenken angesagt. (Bild: Archiv)

Die Motion kommt so gutmütig daher, dass sie auf Misstrauen stossen muss. Die SVP will die Schenkungssteuer im Kanton Zug abschaffen. Auf dass eine neue und sozialere Schenkungskultur Einzug halte. Allerdings hat das Ganze einen Haken.

Bei zu viel Humanismus in einer politischen Vorlage wird einem seltsam zumute – besonders wenn es um knallharte Steuerfragen geht. Eine Reihe von Zuger SVP-Kantonsräten hat eine Motion eingereicht, um die Schenkungssteuer im Kanton Zug abzuschaffen. Begründung: «Schenken ist etwas Grossmütiges, Edelmütiges und Soziales. Der Beschenkte wird gestärkt, der Schenker bereitet eine Freude und/oder – je nach Konstellation – hilft einer Person in Not, Bedrängnis oder finanzieller Verlegenheit.»

Dabei würde zwar dem Staat etwas an Steuersubstrat entgehen, schreiben die Motionäre rund um Fraktionschef und Anwalt Manuel Brandenberg weiter, allerdings würde dieser Nachteil durch einen Vorteil mehr als aufgehoben: Die Motivation, vermehrt zu schenken, zu unterstützen und zu spenden, würde gestärkt. So würde, schreiben die Motionäre, ein «sozialpolitisch vernünftiger Anreiz gesetzt, private Grosszügigkeit zu honorieren». Und dann ein drittes Argument, das plausibler tönt: «Auch standortpolitisch ist die Aufhebung der Schenkung nicht zu unterschätzen. In einer für den Kanton Zug als Standort unruhigen Zeit wird Mäzenatentum gefördert, etwas, das der Prosperität des Kantons mittelfristig zugute kommt.»

Schenkungssteuer als Schlupfloch

Das klingt fantastisch. Aber wem bringt die Abschaffung der Schenkungssteuer wirklich etwas? Roland Beeler von der R. Beeler+Partner Treuhand AG, ist Steuerexperte und Experte für Unternehmensgründungen. Er sagt: «Die Schenkungssteuer ist nur ganz selten von Bedeutung. Im Kanton Zug gibt es bei einer Schenkung unter nächsten Verwandten sowieso keine Steuer. Das würde also nur zum Zug kommen, wenn etwas an Dritte verschenkt werden sollte.»

«Es wäre ein neues Schlupfloch zur Steueroptimierung von reichen Ausländern und ein Mittel, um vermögende Personen aus dem Ausland anzulocken.»

Roland Beeler, Steuerexperte

Das wiederum sei selten der Fall. «Die wenigsten Leute wollen ihr Privatvermögen an Dritte verschenken. Es wäre ein neues Schlupfloch zur Steueroptimierung von reichen Ausländern und ein Mittel, um vermögende Personen aus dem Ausland anzulocken – für die würde eine fehlende Schenkungssteuer mehr Flexibilität bei der Vermögensbildung bedeuten.»

Standortmarketing auf dem Buckel der Gemeinden

Bei der Zuger Steuerverwaltung ist man sich noch nicht sicher, welche Auswirkungen eine Abschaffung der Schenkungssteuer nach sich ziehen würde. Würde damit tatsächlich ein neues Steuerschlupfloch geschaffen? «Das können wir im Moment schwer beurteilen», sagt Philipp Moos, Leiter der Abteilung Natürliche Personen der Steuerverwaltung Zug. «Vermutlich dürften sich vermehrte Abgrenzungsfragen zwischen künftig allenfalls steuerfreien Schenkungen und weiterhin steuerbaren Erbschaften ergeben. Zudem wäre es wohl nicht immer einfach, zwischen einer steuerfreien Schenkung und einem steuerbaren Arbeitsentgelt zu unterscheiden, vor allem bei Arbeitsverhältnissen im Familien-, Verwandten- und Freundeskreis.»

Falls es der SVP tatsächlich um Standortmarketing geht, wäre die Abschaffung der Schenkungssteuer auf jeden Fall eine Massnahme, die den Kanton sehr günstig zu stehen kommen würde, allerdings auf etwas perfide Art: Sie wäre für den Kanton Zug gratis. Es wären die Gemeinden, die davon betroffen wären. «Die kantonale Steuerverwaltung ist zwar für die Veranlagung und das Inkasso der Schenkungssteuern zuständig, der Steuerertrag kommt jedoch ausschliesslich den Zuger Gemeinden zugute», sagt Philipp Moos. «Für den Kantonshaushalt würden sich somit bei einer Abschaffung der Schenkungssteuer keine Ausfälle ergeben, wohl aber für die Gemeinden.»

«Das ist kein Steuerschlupfloch»

Was will die SVP tatsächlich mit der Motion? Für Manuel Brandenberg (SVP) ist der Fall klar: «Uns geht es darum, Steuern zu senken und die Standortattraktivität zu erhöhen.» Der Kanton müsse die Steuern für gewisse Unternehmen erhöhen, im Zuge der Unternehmenssteuerreform III – mit der Abschaffung der Schenkungssteuer könnte eine andere Klientel angezogen werden, so Brandenberg. Quasi als Ausgleich für das verlorene Holdingprivileg. «Für wohlhabende ältere Menschen, die in ihrem Lebensabend Geld spenden wollen, könnte das interessant sein – sie könnten so auch Geld verschenken, ohne dass es immer für eine wohltätige Organisation sein müsste», sagt Brandenberg. Also doch ein Steuerschlupfloch – mehr Flexibilität für das Herumschieben von Beträgen? «Nein, das ist kein Steuerschlupfloch, da geht es nur darum, dass das Geld, das ich jemandem schenke, auch bei ihm ankommt. Das Geld gehört nicht dem Staat, sondern der Privatperson – der Staat nimmt es ihr weg.»

Dass der Kanton mit der Abschaffung der Steuer Standortmarketing auf dem Buckel der Gemeinden betreiben würde, nimmt die SVP zur Kenntnis. «Das ist nun mal so – der Kantonsrat macht die Gesetze.» Unfair sei das nicht. «Grundsätzlich ist es immer gut, dem Staat Mittel wegzunehmen – dann muss er sich automatisch verkleinern und sich genauer entscheiden, was Staatsaufgabe ist und was nicht.»

Dass die Abschaffung der Schenkungssteuer nur wenige Menschen betreffen würde, nämlich solche, die etwas zu verschenken haben, ist für Brandenberg kein Hinderungsgrund. Und er sieht auch noch mehr Streichungspotenzial. «Wir haben uns jetzt für die Schenkungssteuer entschieden, aber in einem zweiten Schritt könnten wir auch die Erbschaftssteuer angehen.»

Der Kantonsrat wird am Donnerstagnachmittag entscheiden, ob er die Motion an den Regierungsrat überweisen will.

 

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