Ex-Miss-Kandidatin will Stadträtin werden

Zur Wahl steht: Jung, hübsch und weiblich

Gelingt es Karin Stadelmann (rechts), die bisherigen Stadträte ernsthaft in Bedrängnis zu bringen? (Bild: Montage les)

Nun will’s auch die JCVP wissen und buhlt um einen Sitz im Luzerner Stadtrat. Erklärtes Ziel: Eine junge, frische Mitte. Dieses will sie mit ihrer Präsidentin erreichen. Karin Stadelmann hat denn auch Erfahrungen mit Kandidaturen – auch wenn es dabei nicht immer um Politik ging.

Die Sitze im Luzerner Stadtrat sind heiss begehrt. Und das Buhlen um die Gunst der Wähler ist im vollen Gange. Neu mit dabei: Karin Stadelmann. Die 30-Jährige wurde am vergangenen Freitag von ihrer Partei, der JCVP Stadt Luzern, offiziell und einstimmig nominiert. So ganz nebenbei bemerkt, hat sie 2009 an der Miss-Zentralschweiz-Wahlen teilgenommen. Dies könnte ja durchaus auch im Wahlkampf von Vorteil sein, wie zentral+ bereits berichtete.

Wie die JCVP schreibt, will die gebürtige Stadtluzernerin mit ihrer frischen, engagierten Art dafür eintreten, dass die Stadt Luzern für Jung + Alt attraktiv bleibt, die Altstadt mit vielfältigen Einkaufs- und Flaniermöglichkeiten wiederbelebt wird und Luzern seinen «traditionellen Charme trotz zukunftsgerichteten Entwicklungen beibehält».

zentral+ hat bei der frisch gekürten Kandidatin nachgefragt. Wer sie ist, was sie antreibt und was sie konkret bewegen will.

zentral+: Frau Stadelmann, bisher sind Sie politisch noch weitgehend unbekannt. Können Sie sich bitte vorstellen?

Karin Stadelmann: Ich wohne in der Stadt Luzern und bin 30 Jahre alt. Studiert habe ich an der Universität Zürich Erziehungswissenschaften mit Schwerpunkt Sozialpädagogik und im Nebenfach Rechtswissenschaften. Momentan arbeite ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit.

zentral+: Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Stadelmann: Ich war schon länger daran interessiert und im Hintergrund tätig. In der Studentenzeitschrift «Civitas» verfasse ich bildungspolitische Beiträge. Im Frühling kandidierte ich auf der CVP-Liste für den Kantonsrat. Da merkte ich, dass ich die jüngste Kandidatin war und es dringend junge Persönlichkeiten und wieder eine JCVP braucht. So war ich aktiv am Aufbau der Stadtluzerner JCVP-Sektion beteiligt, welche ich nun präsidieren darf.

Mit diesem Plakat warb Stadelmann im Kantonsrats-Wahlkampf:

Bei dem Wetter hat man entspannt Zeit die Wahlunterlagen auszufüllen. Herzlichen Dank für eure Stimme!! Am besten 2x

Posted by Karin Stadelmann on Samstag, 21. März 2015

 

zentral+: Nun wollen Sie in den Stadtrat. Warum?

Stadelmann: Es braucht eine junge, frische Mitte. Aktuell stelle ich in der Stadtluzerner Politik eine Verhärtung der Fronten fest. Die verschiedenen Pole prallen bei unterschiedlichen Themen aufeinander und verunmöglichen eine konstruktive Politik – ich denke etwa an den Verkehr. Als Mittepolitikerin kann ich die Ausgangslage klar analysieren und spüre, was wir wirklich brauchen und was zielführend ist.

zentral+: Und wo wollen Sie ihre Schwerpunkte setzen?

Stadelmann: Mein beruflicher Hintergrund verrät, dass mich die Bildungspolitik interessiert. Auf städtischer Ebene möchte ich bei der Verbesserung von Betreuungs- und Tagesstrukturen weiter ansetzen. Zudem muss der Stadtraum und seine Entwicklung im Einklang mit den Bedürfnissen der Luzernerinnen und Luzerner und dem Tourismus verlaufen. Und das mit den Parkplätzen in der Innenstadt müssen wir dringend nochmals überdenken.

JCVP greift auch im Stadtparlament an

Karin Stadelmann kandidiert neben dem Stadtrat auch für den Grossen Stadtrat. Die JCVP schickt weiter Esther Hagmann, Remo Baumgartner, Alexandro Meier, Daniel Stadelmann und Flavius Steiner ins Rennen. Weitere Nachnominationen sind nicht ausgeschlossen.

Die Gründungsversammlung der JCVP Stadt Luzern liegt rund ein Monat zurück. Die Kandidatur für den Stadtrat und eine eigene Liste für den Grossen Stadtrat wurden getreu dem Gründungsmotto «Ab durch die Mitte» lanciert. Diese Energie will die JCVP mit in den Wahlkampf nehmen.

zentral+: Aber sind wir ehrlich: Sie haben keine Chance, gewählt zu werden, und wären mit 30 Jahren auch kaum erfahren genug, ein ganzes Departement zu führen.

Stadelmann: Mit meiner Kandidatur stelle ich mich ganz in den Dienst meiner Jungpartei und trage zu einer besseren Wahrnehmung bei. In der Tat habe ich Respekt vor einem solchen Mandat und der dazugehörigen Verantwortung. Aber mit meinem Hintergrund könnte ich in vielen Themen auch agieren – in anderen müsste ich mich klar einarbeiten oder Know-how von aussen herbeiziehen. Aber irgendeinmal braucht es ja ein Anfang in der Politik.

zentral+: Auf Facebook haben Sie ihr Profilbild im Frühling des letzten Jahres in Regenbogenfarben gehüllt. Der Trend entstand wegen der Einführung der «Ehe für alle» in Irland (zentral+ berichtete). Nun verlangt die CVP, mittels ihrer Heiratsstrafen-Initiative, die Ehe als Institution zwischen Mann und Frau in der Verfassung zu verankern. Was sagen Sie dazu? Rebellieren Sie in dieser Frage gegen ihre Mutterpartei?

Stadelmann: Die Initiative und die gesellschaftspolitische Einstellung im Allgemeinen sind für mich zwei verschiedene Dinge. Die Initiative hat ihre steuertechnische Berechtigung: die Heiratsstrafe gehört abgeschafft. Leider wird in der öffentlichen Wahrnehmung nur über den gesellschaftspolitischen Aspekt, über die Definition der Ehe, gesprochen. Hierzu kann ich sagen, dass es Sache der einzelnen Mitglieder der JCVP ist, wie sie sich dazu stellen. Die JCVP ist selbstständig und daher kann es durchaus vorkommen, dass sie in gewissen Punkten eine andere Position vertritt als ihre Mutterpartei. Ich für meinen Teil denke ich grosszügig, gerade was die Gesellschaftsstrukturen betrifft.

«Ich bin realistisch genug, um die Chancen meiner Kandidatur richtig einzuschätzen.»

zentral+: Wie schätzen Sie die Ausgangslage für die Stadtratswahlen ein? Am meisten zittern muss wohl GLP-Stadträtin Manuela Jost. Ist Ihre Kandidatur ein direkter Angriff auf die Baudirektorin?

Stadelmann: In der Tat, es gibt einige kritische Stimmen und die Schwäche der GLP eröffnet für meine Kandidatur natürlich Perspektiven. Aber wie gesagt, ich bin realistisch genug, um die Chancen meiner Kandidatur richtig einzuschätzen.

zentral+: Zum Schluss noch eine Frage, die Sie vielleicht nicht erwarten würden: Als Kandidatin geraten Sie natürlich ins Blickfeld der Medien. Wir haben herausgefunden, dass Sie 2009 an den Miss-Zentralschweiz-Wahlen teilgenommen haben. Was sagen Sie zu Ihrer «Kandidatur» von damals? War’s eine Jugendsünde oder hatten Sie tatsächlich vor, als Schönheitskönigin durchzustarten? 

Stadelmann: Ihre Frage passt wunderbar zu Ihrer These «Vorteil durch Schönheit». Schade wurde ich in Ihrem Artikel nicht vorgestellt. Antwortet Stadelmann augenzwinkernd. Zwei Dinge dazu: Erstens, die Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. Zweitens: Auch die damalige Kandidatur gehört zu mir, genauso wie die jetzige Kandidatur. Einfach mit dem gewichtigen Unterschied, dass ich in der Politik wirklich viel bewegen kann und will.

Spannende Ausgangslage

Mit der neuen Kandidatur kommt nochmals frischen Wind in den Stadtratswahlkampf. Bekanntlich tritt lediglich SP-Stadträtin Ursula Stämmer zurück, die SP will den Sitz mit Beat Züsli verteidigen (zentral+ berichtete). Auch die SVP hat zum Grossangriff geblasen und schickt ihren Präsidenten, Peter With, ins Rennen (zentral+ berichtete). Zittern muss vor allem GLP-Stadträtin Manuela Jost – denn die Minipartei GLP hat eigentlich keinen arithmetischen Anspruch auf einen Sitz in der Luzerner Stadtregierung.

Die Wiederwahl der Bisherigen, Martin Merki (FDP), Adrian Borgula (Grüne) und Stadtpräsident Stefan Roth, könnte schon im ersten Wahlgang erfolgen. Lediglich ob Roth Stapi bleibt, steht zur Diskussion. Denn SP-Kandidat Züsli will ihm den Chefsessel wegschnappen. Weiter treten an: Juso-Jungspund Yannick Gauch (21) und BDP-Präsident Denis Kläfiger (24). Ein Sitzgewinn der beiden Jungpolitiker wäre allerdings eine Riesensensation.

Stadelmann hat den «Frauenbonus»

Läuft alles so wie erwartet, kommt es bei den Stadtratswahlen zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SVP-Präsident Peter With und GLP-Stadträtin Manuela Jost. Schafft es die GLP tatsächlich nicht, den Sitz zu halten, wäre die Luzerner Stadtregierung – genau wie die Luzerner Kantonsregierung – ein reines Männergremium. Mit Karin Stadelmann tritt nun eine zweite Frau an, die das verhindern könnte. Jugend-Bonus, Schönheits-Bonus, Frauen-Bonus: ob das für die Wahl reicht, wird sich zeigen.

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