Projekt Hirschmatt startet in 2. Runde

Während Bauzeit fallen 150 Parkplätze weg

Die Bäume vor dem Coop Winkelried werden gefällt (Bild: lwo)

Dieses Jahr werden auch im Westteil der Neustadt Leitungen ersetzt, sechs Tage die Woche, vom frühen Morgen bis in die Nacht. Anwohner und Ladenbesitzerinnen sind über Baustellenlärm und abgesperrte Parkplätze nicht erfreut – aber viele haben Verständnis.

Der Lärm von Motorsägen kreischte am Mittwochmorgen durchs Hirschmattquartier, Bauarbeiter fällten die Bäume an der Winkelriedstrasse und vor dem Coop. Es war der Startschuss zur zweiten Etappe der «Gesamterneuerung Hirschmatt». Wie letztes Jahr in der ersten Etappe ums Vögeligärtli erneuert die Stadt zusammen mit der EWL die maroden Leitungen unter den Strassen und verlegt neue Kabel. Gebaut wird etwa an der Winkelriedstrasse, am Kauffmannweg und an der Dornacherstrasse. Diese Bauarbeiten werden genutzt, um auch gleich die Strassen rund um Coop und Migros Winkelried aufzuwerten: Der Strassen- und Parkraum wird verkleinert, dafür gibt es breitere Trottoirs, mehr Bäume und neue Velostreifen. Das gesamte Projekt kostet gut 23 Millionen Franken.

Hier sehen Sie eine Übersicht über die gesamte Erneuerung Hirschmatt. Bewegen sie die Maus über den Plan, um zu sehen, wie es im Quartier dereinst aussehen soll.

Ausser baggerbegeisterten Buben freut sich wohl niemand im Quartier über die anstehenden Bauarbeiten. Mit ihnen kommen Lärm, Verstopfung und für die Geschäfte Umsatzeinbussen, wie etwa bereits letztes Jahr an der Frankenstrasse (zentral+ berichtete). Aus Rücksicht auf die vielen Geschäfte im Quartier wird kürzer, aber viel intensiver gebaut: Unter der Woche von 6 bis 23 Uhr, am Samstag von 7 bis 17 Uhr. «Deshalb dauern die Bauarbeiten nur ein knappes Jahr statt 5 bis 6 Jahre» erklärt Roger Schürmann, der das Projekt bei der Stadt leitet.

 

Der Zeitplan für die anstehenden Arbeiten.

Der Zeitplan für die anstehenden Arbeiten.

(Bild: Stadt Luzern)

Markus Schulthess vom Quartierverein Neustadt schätzt dieses Entgegenkommen: «Es nervt die Leute, wenn sie eine Baustelle vor der Tür haben, aber darauf gar niemand arbeitet.» Trotzdem werde es für einige Geschäfte ein sehr hartes Jahr. Natürlich sei man von der Baustelle betroffen, meint auch Ruth Zust, Inhaberin der Papeterie Linsi, aber hat auch Verständnis für die Bauarbeiten: «Ohne Einschnitte gibt es keine Verbesserungen».

Knackpunkt Parkplätze

Ganz ohne Opfer geht es aber nicht: Platz machen müssen in der Bauzeit die Autofahrer und ihre blechernen Begleiter. «Je nach Bauphase sind bis zu 150 Parkplätze blockiert», schätzt Roger Schürmann, das wären fast 10 Prozent der Parkplätze im Quartier. «Wir sind aber bemüht, nicht benötigten Platz schnell wieder freizugeben» erzählt Schürmann. So werde man während den Bauarbeiten zwischenzeitlich eine Reihe Parkfelder extra wieder frisch markieren. Dazu stellt die Stadt im Alpenquai Ausweichparkplätze für Anwohner zur Verfügung und gratis Leihvelos für den Weg dorthin.

Bei der Ufschütti hat die Stadt Ersatzparkplätze für Anwohnerinnen markiert.

Bei der Ufschütti hat die Stadt Ersatzparkplätze für Anwohnerinnen markiert.

(Bild: lwo)

Im Zuge der Umgestaltung fällt ein Teil der Parkplätze auch dauerhaft weg. Schräg- werden durch Längsparkplätze ersetzt, der frei werdende Raum wird für breitere Trottoirs verwendet. So werden total 76 öffentliche Parkplätze abgebaut (davon sollen 30 bis 35 im Parkhaus Hirzenmatt kompensiert werden, siehe Box).

Im Detail verändern sich die Parkplatzzahlen wie folgt:

(Bild: Stadt Luzern)

So sieht die Gesamtbilanz aus:

Parkplätze HirschmattPrivate ParkplätzeÖffentliche ParkplätzeParkplätze total
vor Umgestaltung11445561700
während Umgestaltung1144min. 400min. 1550
nach Umgestaltung1174-11794801654-1659

Dass Parkplätze aufgehoben werden, finden auch im Quartier mit dem grössten Anteil autofreier Haushalte in der Stadt nicht alle gut. Bereits im Stadtparlament war die Reduktion der Parkplätze umstritten. «Dazu gibt es viele Meinungen» sagt Markus Schulthess vom Quartierverein diplomatisch. Er selbst hält den beschlossenen Kompromiss für vertretbar. Ruth Zust von der Papeterie Linsi betont, dass von der Aufwertung alle profitieren würden, auch wenn es danach einige Parkplätze weniger gibt. Eine deutliche Meinung hat Cyrill Bazzana, der an der Habsburgerstrasse wohnt: «Auch wenn ich selber kein Auto habe: An der Bahnhofstrasse finde ich es okay Parkplätze aufzuheben, aber in der Neustadt ist es übertrieben.» Er ergänzt: «Wenn wir in unserer Stadt nicht nur Touri-Schuppen haben wollen, müssen wir auch zu unserem lokalen Gewerbe Sorge tragen.» Und dieses sei nun mal auf nahe Parkplätze angewiesen.

Noch keine Ersatzplätze im Parkhaus Hirzenmatt

Knapp die Hälfte der weggefallenen Parkplätze im Hirschmattquartier muss die Stadt in Parkhäusern kompensieren, so will es das Stadtparlament. Im Parkhaus Hirzenmatt an der Winkelriedstrasse könnten die benötigten 30-35 Parkplätze geschaffen werden, der Platz wird im Moment als Lagerfläche genutzt. «Wir befinden uns in Verhandlungen mit den privaten Eigentümern», erklärt Roger Schürmann von der Stadt Luzern: «Sobald diese ein Baugesuch einreichen, können wir dieses zügig genehmigen. Ziel ist, dass die Kompensationsparkplätze bis zum Ende der Bauarbeiten im November zumindest auf guten Weg sind.»

Zu mehr Parkplätzen zwingen kann die Stadt die Besitzer nicht. Was also, wenn mit den Betreibern keine Lösung gefunden wird? Roger Schürmann: «Dann werden wir die Parkplätze am Bundesplatz kompensieren. Das geplante Hochhaus auf dem Kiesplatz soll ein Parkhaus enthalten.»

Marco Isenegger, der an der Moosstrasse wohnt und sich ein Auto mit einem befreundeten Paar teilt, befürchtet, dieses Jahr nur schwer einen Parkplatz zu finden: «Seit in der ersten Bauetappe über 50 Parkplätze weggefallen sind, muss ich Abends nach der Arbeit länger nach einem Parkplatz suchen. Wenn nun noch 150 mehr wegfallen, dürfte sich die Lage deutlich verschärfen.» Aber da es während den Bauarbeiten wohl keine bessere Lösung gebe, meint Isenegger: «Augen zu und durch. Schliesslich freue ich mich auf das umgestaltete Quartier.»

Gute Erfahrungen rund ums Vögeligärtli

«Augen zu und durch» ist das Motto, bestätigt Markus Schulthess vom Quartierverein. Ihm seien während der ersten Bauetappe von letztem Jahr keine Reklamationen zu Ohren gekommen. Dass die «Gesamterneuerung Hirschmatt», die seit einem Jahr läuft, bisher ohne grössere Konflikte abgelaufen ist, führt Schulthess auf das gut koordinierte Vorgehen der Stadt zurück: «Wir wurden frühzeitig in die Planung einbezogen worden und auf die Anliegen von Anwohnerinnen und Geschäftsleuten wird gehört.» Dafür hat das Bauteam ein Sorgentelefon eingerichtet, erzählt Roger Schürmann, er leitet das Projekt bei der Stadt: «Ich habe auch um 22 Uhr noch Anrufe entgegengenommen. Dann habe ich auf die Baustelle angerufen und gefragt: ‹Muss diese lärmige Arbeit unbedingt jetzt noch erledigt werden?›». So habe man bei den Anwohnern Goodwill geschaffen, sagt Schürmann.

Dieses Jahr wird’s knifflig

Bald könnte es häufiger vorkommen, dass Roger Schürmanns Natel spätabends noch klingelt. Denn nun folgt der schwierigere West-Teil des Aufwertungsprojekts. Es gibt mehr zu tun und weniger Platz dafür. Lastwagen müssen Coop und Migros an der Winkelriedstrasse beliefern können. Die Zufahrt zum Parkhaus Hirzenmatt und diversen Innenhöfen muss gewährleistet sein, die zahlreichen Läden im Quartier wollen mit Waren und Kunden versorgt sein. Roger Schürmann sagt’s in der Fachsprache: «Die Nutzungsdichte ist enorm». Mit einem minutiösen Zeitplan und viel Verständnis für Anwohner und Gewerbetreibende soll das Bauprojekt möglichst reibungslos gelingen. «Vermutlich müssen wir aber häufiger als in der letzten Etappe bis in die Nacht arbeiten». Anwohner Bazzana stört das nicht: «Donnerstags, freitags und samstags ist hier sowieso Rambazamba. Wir sind hier in der Stadt, da muss man mit Lärm leben».

Leidenschaftliche Parkplatzzähler sind sie, die Luzerner, aber im Hinblick auf die kommenden Bauarbeiten pragmatisch. Niemand freut sich über Bagger vor der Haustür, aber so Ruth Zust: «Die Welt zeigt uns genügend Bilder, die uns demütig werden lassen.»

«Wir wollen Randständige nicht vertreiben»

Weniger Bäume und Bänkli: Der Platz vor dem Coop soll «heller und freundlicher» werden.

Weniger Bäume und Bänkli: Der Platz vor dem Coop soll «heller und freundlicher» werden.

(Bild: lru)

Gefällt wurden am Mittwoch auch die Baumreihen vor dem Coop an der Winkelriedstrasse, die Sitzbänke wurden abmontiert. Nach der Sanierung werden dort nur noch vier Bäume gepflanzt, die Zahl der Bankgruppen wird von drei auf zwei reduziert und die Pflastersteine werden durch normalen Strassenbelag ersetzt. Der Platz solle dadurch «heller und freundlicher» wirken, begründet der Stadtrat die Massnahmen im Bericht zur Gesamterneuerung Hirschmatt. Dies trage zur Sicherheit im öffentlichen Raum bei. Der Verdacht liegt nahe, dass die Stadt den Platz damit für die Randständigen ungemütlich machen will, bei denen die Bänkli vor dem Coop ein beliebter Treffpunkt waren. Sollen die Umgestaltung also Randständige vertreiben? «Nein», sagt Projektleiter Roger Schürmann: «Es wird ja wieder Bänkli geben, wo sich jeder niederlassen darf. Es geht vielmehr darum, eine einheitliches Erscheinungsbild für die Strassen in der Neustadt zu schaffen.»

Video: An der Sempacherstrasse wurde letztes Jahr Tag und Nacht gearbeitet.

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