In Luzern stirbt eine Tradition aus

Dreikönigstag: Speisen statt Lobpreisen

«Achtung, die Drei Könige sind auf dem Weg.» (Bild: fotolia)

Heute ist es wieder so weit – alle freuen sich auf den Dreikönigskuchen. Doch es ist nicht die einzige Tradition in Luzern, die am 6. Januar gepflegt wird. Nur geht das andere Brauchtum hier zunehmend verloren.

20*C+M+B*16: Nein, es handelt sich hier um keine Formel und auch nicht um ein Rätsel. Es handelt sich um die jährliche Haussegnung der umherziehenden Sternsinger am Dreikönigstag. Doch diese Tradition verliert immer mehr an Bedeutung – auch in Luzern.

Thomas Walpen leitet das Sternsingen der Pfarreien St. Anton und St. Michael in der Stadt Luzern. Er spürt, wie die Tradition allmählich verloren geht. «Eine Weile haben wir es gar nicht mehr durchgeführt. Heute haben wir wieder mehr Kinder, die mitkommen wollen und sich dafür anmelden, aber immer weniger Leute, die sich für einen Besuch der Sternsinger interessieren.» Die Haussegnung am Dreikönigstag verliere immer mehr an Bedeutung. «Obwohl die Kinder es sehr geniessen», betont er.

In Neuenkirch findet das Sternsingen am Dreikönigstag zum Beispiel nicht mehr statt – zu wenige Anmeldungen waren der Grund. In Inwil hingegen scheint die Tradition noch eher auf Anklang zu stossen, betrachtet man die Fotos, die jährlich in den Zeitungen erscheinen. Allgemein sei es schon so, dass die Tradition auf dem Land noch eher gepflegt werde als in der Stadt, weiss Walpen.

Vermehrt sind es nur noch Kinder, die am Dreikönigstag zum Sternsingen gehen. Früher waren es noch öfters verschiedene Gruppen Erwachsener mit einem religiösen oder künstlerischen Hintergrund. Doch das Angebot hat sich dahin gehend entwickelt, dass Vereine und Pfarreien das Sternsingen oftmals ausschliesslich für Kinder anbieten, so Walpen. Das Sternsingen an sich sterbe auch nicht aus, sagt er. Gerade im Advent seien neben den Luzerner Spielleuten auch zahlreiche andere Gruppen in der Stadt und in den Dörfern unterwegs. Doch dieses Sternsingen stehe nicht mehr mit den Drei Königen und der Haussegnung in Verbindung.

Das Sternsingen der Luzerner Spielleute (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Das Sternsingen der Luzerner Spielleute (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Essen und Chef sein funktioniert immer

Was am 6. Januar jedoch immer funktioniert, das sind die Dreikönigskuchen. Wie bei uns wird am selben Tag auch in Frankreich, Belgien, Luxemburg, Spanien, Mexiko, Liechtenstein und Österreich ein besonderes Gebäck aufgetischt, in dem ein kleiner Gegenstand eingebacken ist.

In der Schweiz werden jedes Jahr ungefähr 1,5 Millionen Kuchen abgesetzt. Somit ist das Essen der Dreikönigskuchen eines der verbreitetsten Brauchtümer in der Schweiz. In Luzern wird es dieses Jahr ab 16 Uhr gar den «grössten Dreikönigskuchen» auf dem Europaplatz zu verputzen geben.

Die Beliebtheit des Kuchens ist ungebrochen. Denn wer die im Kuchen versteckte Figur findet, ist für einen Tag König oder Königin. Er oder sie darf von seinen oder ihren Mitbewohnern oder Familienmitgliedern Aufmerksamkeiten erwarten oder kann ihnen unliebsame Alltagsaufgaben übertragen. Doch woher kommt die Tradition mit dem König im Kuchen?

Bohnen im Mittelalter, Plastik-Könige heute

In der Schweiz wird das Dreikönigsfest schon seit 1311 gefeiert. Früher wurde eine Bohne im Kuchen versteckt und damit der Bohnenkönig gekürt. In ähnlicher Form soll der Brauch auch in England bekannt gewesen sein. Im Mittelalter ging er jedoch immer mehr verloren.

Erst Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Brauch des Dreikönigskuchens wiederbelebt. Nach dem Krieg stiess der Berner Brotforscher Max Währen auf die alte Tradition und erfand den Kuchen neu. Die Bäcker nahmen den alten Brauch ab 1952 wieder vermehrt auf, und heute ist kaum ein Haushalt in der Schweiz am 6. Januar ohne Dreikönigskuchen mit goldener Papierkrone und eingebackenem Kunsstoffkönig.

Die Segnung des Hauses

Die mit dem Dreikönigsfest verbundene Haussegnung oder -weihe geht auf einen alten Abwehrsegen zurück, welcher das Böse und Schlechte von Haus und Hof fernhalten soll. Bei dieser Segnung geht es um den Bann von Feuer, Seuchen und Unfällen. Schon in vorchristlicher Zeit versuchten die Menschen, durch Zeichen und Sprüche Geister abzuhalten. Im heutigen, christlichen Verständnis stellt dieser Segen vor allem die Bewohner des Hauses in eine engere Beziehung zu Gott.

Die Sternsinger schreiben bei der Haussegnung mit gesegneter Kreide die Buchstabenfolge C-M-B – mit Kreuz und Jahrzahl verbunden – auf die oberen Türbalken. Die Abkürzung wird auf zwei Arten ausgelegt: Sie steht für die Königsnamen Caspar, Melchior und Balthasar oder für «Christus mansionem benedicat» – also «Christus segne dieses Haus» auf Latein.

Waren die Drei Könige heilig?

«Heilige Drei Könige»: diese Benennung ist nicht ganz richtig. Ob die Männer heilig waren, beantwortet die Bibel nicht. Ob es deren drei waren, weiss man auch nicht. Könige waren sie ganz bestimmt nicht, sondern Weise. Man gehe heute am ehesten von Astronomen aus. Doch wie kam es zu dieser Verfälschung? Wie so oft, wurde auch hier eine Geschichte aus der Bibel dem Zeitgeist, schon vorhandenem Brauchtum, oder der Willkür mächtiger Herrscher angepasst.

Die Weisen wurden zunehmend auch mit den Reliquien der Heiligen Drei Könige in Verbindung gebracht, welche durch Friedrich Barbarossa im Kölner Dom ihren Platz fanden.

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