Crypto Valley Zug

Mit Bitcoins zum Zahnarzt

Im Crypto Valley Zug sprudeln die Bitcoins. Sie wieder auszugeben, ist allerdings nicht ganz einfach. (Bild: Fotolia / Montage bra)

Kennen Sie Bitcoins? Sicher, das ist doch dieses digitale Geld, das immer mal wieder Schlagzeilen macht. Wegen schwankenden Kursen und Geldwäscherei und so. Richtig. Und was kann man im Alltag mit Bitcoins anfangen? In Zug gibt es erst eine Möglichkeit, die digitale Kohle wieder loszuwerden.

Bitcoins, dezentralisierte Finanzdienstleistungen, Kryptowährung, Blockchain – das klingt alles sehr technisch und abstrakt. Verständlich, schliesslich geht es um nichts weniger als darum, das bestehende Finanzsystem auf den Kopf zu stellen. Die Zentralschweiz spielt dabei ganz vorne mit (zentral+ berichtete) – insbesondere der Kanton Zug. Denn wie nirgends sonst in der Schweiz hat die Kryptogemeinschaft begonnen, sich hier niederzulassen. Zahlreiche Startup-Firmen aus aller Welt siedeln sich in der Stadt an und verwandeln Zug ins Crypto Valley – den klitzekleinen Bruder des Silicon Valley sozusagen.

«Auch das Internet benötigte gut 30 Jahre, bis es zu dem wurde, was es heute ist.»

Niklas Nikolajsen, Geschäftsführer Bitcoin Suisse AG

Das Finanzsystem revolutionieren

Virtuelle Währungen wie der Bitcoin haben im Kontext der Finanzkrise 2008 und dem damit zusammenhängenden Vertrauensverlust in staatliche und privatwirtschaftliche Institutionen eine turbulente Entwicklung durchgemacht. Der Bitcoin ist ein Zahlungsmittel, das von Zentralbanken und Nationalwährungen losgelöst ist. Die Verfechter virtueller Währungen sind der Überzeugung, dass Bitcoins und Co. innovativ und zukunftsweisend sind. Konsumenten würden dadurch von der Abhängigkeit des Finanzsystems befreit und der Zahlungsverkehr würde revolutioniert.

Die digitale Bezahlmethode ermöglicht es, sein Gegenüber direkt zu bezahlen. Das heisst, eine Drittinstanz, wie zum Beispiel eine Bank, ist nicht nötig. Gebühren fallen in der Folge weg. Letztlich funktioniert das Ganze wie beim Bargeld, sodass man bei Bitcoins auch vom virtuellen oder digitalen Bargeld sprechen kann.

Die Nachteile des dezentral organisierten Geldsystems lassen sich jedoch nicht ausblenden. So werden Bitcoins mitunter als ideales Werkzeug für kriminelle Tätigkeiten wie Geldwäscherei oder die Finanzierung terroristischer Organisationen kritisiert. Auch fragwürdige Spekulationen spielen eine Rolle, so die Einschätzung des Bundes.

Eine Auflistung von entsprechenden Unternehmen bekundet eindrücklich Zugs Vorreiterrolle: Von den 22 aufgeführten Firmen haben zehn ihren Sitz im Kanton Zug. Das hat natürlich steuertechnische Gründe. Und auch die Kapitalballung wird dabei eine Rolle spielen. Nebensache, denn es geht um Pionierarbeit. Diese ist in vollem Gange. Was aber bringt das der Zuger Bevölkerung? Jetzt mal konkret: Was lässt sich in Zug, dieser Krypto-Hochburg der Schweiz, mit Bitcoins überhaupt kaufen?

Sein Geld digitalisieren

Schon macht sich Ernüchterung breit. Denn ein Blick auf die Karte mit all jenen Geschäften, welche Bitcoins akzeptieren, zeigt, dass es in Zug davon gerade einmal zwei gibt. Eines davon ist die Bitcoin Suisse AG, ein Unternehmen, das sich auf Finanzdienstleistungen und Vermögensanlagen spezialisiert hat. Ausserdem betreibt die Firma mit Sitz in Baar ein Bitcoin ATM Netzwerk, also Bitcoin-Automaten, an denen Franken gegen die digitale Währung getauscht werden kann.

Niklas Nikolajsen, Geschäftsführer von Bitcoin Suisse AG, ist überzeugt vom Erfolg der digitalen Währung. Man dürfe aber nichts überstürzen: «Man muss bedenken, dass die Entwicklung noch relativ jung ist. Es braucht Zeit, schliesslich benötigte auch das Internet gut 30 Jahre, bis es zu dem wurde, was es heute ist.» Das junge Entwicklungsstadium sei denn auch der Grund dafür, dass es schweizweit noch nicht so viele Bitcoin-Automaten gäbe – gemäss Bitcoin ATM Map sind es momentan elf Stück. Zuger müssen dazu an die Lättichstrasse in Baar, an den Sitz von Nikolajsens Unternehmen, wo sich der einzige – allerdings nicht öffentlich zugängliche – Bitcoin-Automat der Zentralschweiz befindet.

Nur hier hat man die Möglichkeit, physisch sein Geld zu digitalisieren. Dies passiere, so erzählt der gebürtige Däne, je länger, desto häufiger. Das bestätige ihn in seinem Tun: «Es ist ein gutes System. Und wie alle guten Systeme wird es weitergehen. Das heisst, es wird professioneller, es wird weiter wachsen, mehr Firmen werden entsprechende Dienste anbieten und Konsumenten werden zunehmend mit Bitcoins in Berührung kommen.» Aus seiner Stimme sprechen Überzeugung und Euphorie zugleich.

Einfluss auf das globale Finanzsystem

Wird also die Finanzwelt von Zug aus revolutioniert? Sollen Bitcoins am Ende alle Währungen abschaffen und als «Weltgeld» in die Geschichtsbücher eingehen? «Wir sind nicht auf einer Mission», betont Nikolajsen. Er führe ein Unternehmen, in dem es letztlich darum gehe, Geld zu verdienen. Aber: «Bitcoins haben sich bewährt und werden sich weiter bewähren. Die virtuelle Währung wird in Zukunft einen wichtigen Part im globalen Finanzsystem übernehmen», sagt er.

«Ich erwarte, dass in 10 bis 15 Jahren Kryptowährungen ihren Platz im Finanzsystem haben werden.»

Dr. Abbas Hussain, Zahnarzt

Das sagt auch Dr. Abbas Hussain. Er ist Zahnarzt und bietet in seiner Praxis in Zug die Möglichkeit, Behandlungen mit Bitcoins zu bezahlen. «Ich erwarte, dass in 10 bis 15 Jahren Kryptowährungen ihren Platz im Finanzsystem haben werden.» Noch seien die Menschen skeptisch und zurückhaltend. Dies wäre eine Frage der Generation. «Ich bin mit Fernsehgeräten aufgewachsen und schaue entsprechend nach wie vor TV-Sendungen», erklärt Hussain und fügt an: «Mein jüngster Sohn schaut kein TV. Für ihn gibt es nur Youtube und solche Sachen.» Weil die jüngere Generation mit Kryptowährungen aufwachsen würde, werden Bitcoins und Co. für sie völlig normal sein.

Ein Vertrauensding

So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass nicht Abbas Hussain selbst, sondern sein Stiefsohn hinter der Bitcoin-Bezahlmöglichkeit in der Zahnarztpraxis steckt. «Ich komme da technisch überhaupt nicht nach», lacht der Zahnarzt. «Mein Stiefsohn aber ist total begeistert davon und bat mich, diese Dienstleistung in meiner Praxis anzubieten. Er hat letztlich das Ganze übernommen.» Dabei könne Hussain der Kryptowährung durchaus einiges abgewinnen: «Ich sehe insbesondere ökonomische Vorteile. Gerade die Finanzkrise hat doch gezeigt, dass unser bestehendes System äusserst krisenanfällig ist.» Dies gelte es zu überdenken. In diesem Sinne seien virtuelle Währungen eine gute Alternative, konstatiert er.

Seine Patienten haben die Wahl, ob sie ihre Behandlungskosten mit Schweizer Franken oder mit Bitcoins bezahlen möchten. Wie aber steht es um die Nachfrage? Kommt es häufig vor, dass Patienten ihr virtuelles Portemonnaie zücken? «Nein», lacht Hussain, «das kommt überhaupt nicht vor.» Die Gründe dafür würden auf der Hand liegen. So sei es nicht nur ein Generationending, sondern habe in erster Linie mit Vertrauen zu tun. «Die Leute trauen der Währung nicht, was verständlich ist, da sie einen Graubereich abdeckt. Währungen leben aber von Vertrauen.» Bevor dieses nicht vorhanden sei, würde Kryptogeld kein nennenswertes Volumen ausmachen.

«Zug ist kein Shoppingparadies.»

Niklas Nikolajsen, CEO Bitcoin Suisse AG

Das wars auch schon mit Zuger Geschäften, welche Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptieren. Ist etwa der Funke noch nicht aufs Gewerbe übergesprungen? Niklas Nikolajsen sieht einen bestimmten Grund: «Zug ist kein Shoppingparadies», sagt er schlicht und scheint damit einen nicht unwesentlichen Punkt zu treffen. Zum Vergleich: In Zürich gibts 37 Geschäfte und Unternehmen, die Bitcoins akzeptieren; in Genf sind es 15 und in Basel 10 – und damit gleich viele wie in der gesamten Zentralschweiz.

Ein Randphänomen

Wie dem auch sei, von Bitcoins wird wohl auch künftig noch zu hören sein. Auf Bundesebene jedenfalls sind sie ein Thema. So hat der Bundesrat im Juni 2014 einen Bericht vorgelegt, der zum einen Bestimmungen zur Regulierung des Geschäfts mit Bitcoins enthält und zum anderen die virtuellen Münzen als Währung definiert, welche jedem anderen Zahlungsmittel gleichgestellt ist. Andere Länder stehen den Bitcoins weitaus restriktiver gegenüber, was der Schweiz in dieser Hinsicht durchaus einen Standortvorteil verschafft.

Nichtsdestotrotz bleibt man in Bundesbern vorerst gelassen. «Bitcoin wird in der Schweiz in einem geringen Umfang für Zahlungszwecke verwendet. Im Vergleich zum Franken hat er als Zahlungsmittel zurzeit eine unbedeutende Rolle», so steht es im Bericht des Bundesrats. Der Bitcoin bleibe vorerst ein Randphänomen, erscheine als riskantes Spekulationsobjekt und sei wirtschaftlich wenig bedeutend. Aus geldpolitischer Sicht könnten virtuelle Währungen in absehbarer Zeit die Preisstabilität und die Stabilität des Finanzsystems nicht gefährden, heisst es abschliessend. Wobei: «Die längerfristigen Entwicklungen auf dem Gebiet der virtuellen Währungen sind schwer voraussehbar.»

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