Beschwerde beim Bundesgericht

Wird das Polizeigesetz für ungültig erklärt?

Eine friedliche Schülerdemo im Jahr 2013. Wenn aber Demonstrationen künftig aus dem Ruder laufen, soll’s teuer werden. (Bild: Robert Müller)

Nicht einverstanden: Bei Demos können laut neuem Luzerner Polizeigesetz Einsatzkosten von bis zu 30’000 Franken auf einen Randalierer überwälzt werden. Linke Parteien, Juristen und Private haben beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht. Werden sie Erfolg haben? Zum Vergleich: In Genf kam eine Beschwerde teilweise durch.

Was der Luzerner Kantonsrat Ende Juni beschlossen hat, ist Unrecht. Das sagen linke Parteien, Juristen und Private. Das neue Polizeigesetz erlaubt es der Polizei, Kosten für Einsätze bei Veranstaltungen oder Demonstrationen auf die Veranstalter abzuwälzen. Dies gilt bis zu einem Limit von 30’000 Franken. Unabhängig davon, ob es zu Gewalt kommt oder nicht. «Das Polizeigesetz wird Leute abschrecken, die ihre Grundrechte ausüben wollen», schreiben die Demokratischen Juristen in einer Mitteilung. 

Klage mit Ansage

Nun hat ein Zusammenschluss, vertreten durch die Demokratischen Juristen Luzern, beim Bundesgericht Beschwerde gegen das Luzerner Polizeigesetz eingereicht. Das gab der Verein am Mittwoch bekannt. Zu den Klägern gehören SP und Grüne des Kantons Luzern, deren Jungparteien sowie der Gewerkschaftsbund, drei Einzelpersonen und der Verein selber. Dieser hatte bereits im Juni nach der Verabschiedung des Gesetzes durch das Parlament eine Beschwerde angekündigt.

Die Kostenabwälzung sei «verfassungswidrig und stelle einen eklatanten Eingriff in die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit dar», so der Einwand. Eine Befürchtung ist mitunter: Wer an einer Demonstration zur falschen Zeit am falschen Ort ist und bei Randalen als mitverantwortlich taxiert wird, riskiere künftig, dass er tief in die Tasche greifen muss.

Gesetz hielt Vorprüfung nicht stand

Die neuen Regeln sollen am 1. Januar 2016 in Kraft treten. Es ist aber gut möglich, dass das Luzerner Polizeigesetz, kaum tritt es in Kraft, für ungültig erklärt wird. Denn dass der umstrittene Passus im Gesetz nicht sattelfest ist, befürchtete man bereits in der politischen Debatte. Im Zusammenhang mit dem neuen Polizeigesetz war im Kantonsrat immer wieder die Rede von einer «abstrakten Normenkontrolle». Was heisst das? Gemäss dem Rechtsdienst des Justiz- und Sicherheitsdepartements versteht man unter einer Normenkontrolle die gerichtliche Überprüfung eines Erlasses, unabhängig von einem konkreten Anwendungsfall. 

 «Wie die Erfolgschancen der Beschwerde vor Bundesgericht sind, ist schwierig einzuschätzen.»

Hans Stutz, Kantonsrat Grüne

Die ehemalige Regierungsrätin Yvonne Schärli warnte das Parlament damals in der Debatte: «Wir müssen davon ausgehen, dass die 30’000 Franken einer Normenkontrolle nicht standhalten würden.» Die bürgerliche Mehrheit hielt aber am Wortlaut fest und verabschiedete das Polizeigesetz deutlich mit 88 gegen 21 Stimmen. «Da hat die Parlamentsmehrheit mit dieser Gesetzesbestimmung der Regierung schön etwas eingebrockt», kommentiert der Grüne Kantonsrat Hans Stutz auf Anfrage. «Wie die Erfolgschancen der Beschwerde vor Bundesgericht sind, ist schwierig einzuschätzen.» 

Genf: Teile für ungültig erklärt 

Die Kausa FCL

Beim neuen Polizeigesetz unterscheidet man bei der Art der Veranstaltung. Es kommt darauf an, ob eine Veranstaltung kommerziell ist oder einen ideellen Hintergrund hat. Nicht betroffen vom neuen Gesetz sind etwa Fussballspiele des FC Luzern. Mit diesem hat der Kanton Luzern eine separate Vereinbarung ausgehandelt.

Der Kantonsrat hatte sich 2010 dafür ausgesprochen, nicht nur am Rande von Fussballspielen, sondern auch bei unfriedlichen Kundgebungen die Verursacher zusätzlicher Polizeikosten finanziell zur Rechenschaft zu ziehen. Nach dem Scheitern der entsprechenden Verordnung sollten nun mit der Änderung des Polizeigesetzes die ursprünglichen Absichten des Parlaments vollzogen werden.

Zum Vergleich: Der Kanton Genf wollte 2013 ebenfalls ein Polizeigesetz vor Bundesgericht durchsetzen. Die Verschärfung verlangte, Sachschäden auf die Veranstalter zu überwälzen und Bussen von bis zu 100’000 Franken zu verhängen. Und wenn es trotzdem zu Ausschreitungen kommen würde, soll einer Partei oder Gewerkschaft für bis zu fünf Jahre die Durchführung von Demonstrationen verboten werden.

Die Bundesrichter zeigten viel Verständnis für das Bemühen der Politik, Ausschreitungen bei Demonstrationen zu verhindern. Ordnung und Sicherheit seien wichtig, auch für die friedliebenden Teilnehmer von Kundgebungen. Aber ein jahrelanges, generelles Verbot von Demonstrationen sei verfassungswidrig, urteilten die Richter. In diesem Punkt wurde das Genfer Gesetz aufgehoben. Die übrigen Verschärfungen dagegen wurden gutgeheissen. 

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