Das Tabu ist gefallen

Zuger Regierung will Steuern erhöhen

Will die Steuererhöhung nicht «übers Knie brechen», sondern Zeit zum Angewöhnen geben: Peter Hegglin.

(Bild: mag)

Plötzlich ist alles möglich: Der Zuger Regierungsrat will ein zweites Sparpaket. Darin geht er für Zug ganz revolutionäre Wege. Und fasst eine Steuererhöhung ins Auge.

Kaum ist das Entlastungsprogramm fertig geplant, steht schon das nächste an: Das Projekt «Finanzen 2019» soll da ansetzen, wo das Entlastungsprogramm 2015 bis 18 aufhört: Bei den Steuern. «Bis jetzt haben wir vor allem auf die Effizienz von Prozessen geschaut und da Sparpotential ausgemacht», sagt Finanzdirektor Peter Hegglin. «Dieses Entlastungsprogramm hat die Wirkung gezeigt, die wir erwartet haben. Aber nun zeigt sich, dass wir die Prognosen für die Steuereinnahmen noch weiter senken müssen.»

Deshalb brauche es ein neues Sparprojekt. «Bei diesem neuen Projekt müssen wir nun zwei Seiten betrachten: Wir müssen einerseits entscheiden, welche Leistungen des Kantons wir ganz streichen können. Und andererseits müssen wir die Steuern erhöhen.»

«Wir wollen das nicht einfach übers Knie brechen»

Da ist es: Das Tabu ist gefallen. Gibt es schon konkrete Pläne für die Steuererhöhung? «Nein, die gibt es nicht. Das ist eine politische Frage. Wir wissen, dass wir noch einmal 80 Millionen Franken jährlich sparen müssen. Jetzt könnte man zum Beispiel sagen, die Hälfte davon sparen wir durch Abbau von Leistungen, die andere Hälfte durch Steuererhöhung. Aber das muss die Politik entscheiden, es wäre unseriös, da vorzugreifen.»

Nachdem eine Steuererhöhung für Zug jahrelang völlig undenkbar gewesen ist, steht sie jetzt auf dem Plan. Allerdings erst in vier Jahren. Warum nicht gleich? «Wir wollen das nicht einfach übers Knie brechen. Die natürlichen und juristischen Personen sollen sich zuerst daran gewöhnen können, und sich auf die neue Situation einstellen.»

Die Steuererhöhung sei ein natürlicher Schritt, sagt Hegglin: «Ich war auch immer darauf bedacht, die Steuersenkungen nur sehr klein zu halten. Ich habe sie nie als Investition betrachtet, nur als Zurückgabe an die Steuerzahler. Jetzt müssen wir die Steuern erhöhen, und das soll ebenso bedacht vonstatten gehen.» Es soll auch nicht einfach eine Anpassung des Steuerfusses geben, sondern eine umfassende Neubetrachtung der Steuern.

Unredliche Haltung

Kurz nach der Ankündigung der Steuererhöhung haben sich schon einzelne Parteien zu Wort gemeldet: Die SVP etwa verlangt statt Steuererhöhungen lineare und pauschale Kürzungen bei den Budgets der Verwaltung. «Das finde ich eine unredliche Haltung», kontert Hegglin, «da gibt man einfach die Verantwortung ab und sagt: Ihr sollt weniger Geld ausgeben, sagt aber nicht, wo und welche Leistung dann fehlen soll».

Auch im Jahr 2016 plant die Zuger Regierung mit Defizit: 26,3 Millionen Franken soll der Aufwandüberschuss im nächsten Jahr betragen. Faktisch allerdings rechnet die Regierung mit einem Defizit von 176,3 Millionen Franken. Um diesen Sturzflug abzubremsen, schiesst sie 150 Millionen Franken aus der NFA-Reserve ein. Die Reserve beträgt momentan 340 Millionen Franken – sie wird, wenn es so weitergeht, bis 2018 aufgelöst sein. «Der Regierungsrat wird deshalb die Finanzstrategie grundsätzlich überarbeiten», schreibt ebenjener in seiner Medienmitteilung, «und mit dem Projekt Finanzen 2019 den Finanzhaushalt langfristig ausgleichen. Dazu gehört möglicherweise auch eine Steuererhöhung.»

Leistungsabbau «nicht zu verhindern»

Nach den positiven Erfahrungen bei der Erarbeitung des Entlastungsprogramms 2015–2018 sei der Regierungsrat zuversichtlich, dass die Verwaltung auch die anstehenden Herausforderungen stemmen kann.

Allerdings hat das Entlastungspaket offenbar seine Wirkung schon verpufft: Die Sparwirkungen des Entlastungspakets 2015-2018, die der Regierungsrat bereits ergriffen hat, wurden weggefressen. Es handelt sich um 35,4 Millionen Franken, die 2016 durch schnelle Massnahmen gespart werden können. Diese Summe werde durch zu langsam steigende Erträge, durch einen höheren Aufwand bei den Abschreibungen und durch höhere Beiträge an den NFA, ins Gesundheitswesen, ins Asylwesen oder für soziale Einrichtungen wieder «neutralisiert». Das schreibt die Finanzdirektion.

Trotzdem habe das Entlastungspaket sein Ziel erreicht: Ab 2018 werden jährlich 80-100 Millionen Franken gespart werden können, sofern der Kantonsrat allen Gesetzesänderungen zustimmt. «Das Entlastungspaket ist ein Kraftakt», sagt Peter Hegglin, «Regierung und Verwaltung haben ihren Teil gestemmt, jetzt muss der Kantonsrat Verantwortung übernehmen.» Es sei äusserst wichtig, dass er den Gesetzesänderungen zustimme. «Zudem dürfen der Verwaltung keine neuen Aufgaben übertragen werden.»

Gespart wird offenbar nicht überall: Die vom Kantonsrat beschlossenen Investitionen für 2016 belaufen sich auf 111,3 Millionen Franken und liegen damit 22 Millionen Franken höher als im Vorjahr. Bis ins Jahr 2019 stünden Investitionen für insgesamt 409,2 Millionen Franken an. Dabei handle es sich vor allem um die Tangente Zug/Baar, um das Amt für Verbraucherschutz in Steinhausen, die Kantonsschule Menzingen und die Dreifachturnhalle der Kantonsschule Zug. Die Abschreibungen belasten die Rechnung des Jahres 2016 mit 71,3 Millionen Franken.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Stefan Gisler
    Stefan Gisler, 23.09.2015, 14:39 Uhr

    Seit 2007 warnten die Alternativen in Zug vor den Folgen der Steuersenkungen – bis zum Juni 2014 betonte Finanzdirektor Hegglin, dass sich Zug die Steuersenkungen leisten können ohne Leistungsabbau. In der Zeit hat Hegglin immer wieder falsch budgetiert und sich bezüglich Steuereinnahmen gründlich geirrt. Auch im Hinblick auf das «Entlastungsprogramm» forderten die Alternativen Steuererhöhungen – nicht «gemütlich» wie dies der Autor in seinem Kommentar schreibt, sondern klar, konstruktiv und wir kündeten auch eine Steuerinitiative, in welcher wir gezielt Steuererhöhungen bei den Leistungsstärksten fordern werden. Dieser Druck zusammen mit den verheerenden Finanzaussichten haben Hegglin zum Lippenbekenntnis einer Steuererhöhung bewogen.
    Beschlossen ist nichts und im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 3 fordert Hegglin noch immer die Gewinnsteuern von heute total 14,57% auf 12% zu senken! Der Druck muss aufrecht erhalten werden. Dabei waren die Bürgerlichen nie Teil der Lösung, sondern Ursache des Problems. Deren Politik des enthemmten Wirtschaftswachstums bei tiefsten Steuern hat Zug in die roten Zahlen geführt. Mit seiner Ankündigung einer möglichen Steuerhöhung will Hegglin nur das Sparpaket retten – schaut her, jetzt sparen wir mal, macht alle mit, das nächste Mal erhöhen wir dann ein wenig die Steuern.
    Auch sagt Hegglin nicht, wer mehr Steuern zahlen soll. Am Ende sind es Wenigverdienende und Mittelstand und nicht privilegierte Firmen, Pauschalbesteuerte oder Aktionäre und Vermögende wie die ALG es seit Jahren fordert.
    Ja – es ist ein Tabu-Bruch, dass Hegglin über Steuererhöhungen spricht (vielleicht wird er ja mutiger, weil er sein Amt ja bald verlässt) – aber passiert ist noch gar nichts!

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