Luzerner Kulturhaus startet in neue Saison

Klimaerwärmung am Südpol

Der künstlerische Leiter des Südpols, Patrick Müller.

(Bild: jav)

Diesen Freitag startet der Südpol in seine 7. Saison. Nach der Aufstockung der öffentlichen Gelder und einigen personellen Wechseln nimmt das Team eine weitere Professionalisierung in Angriff. Doch mit den Neuerungen entstehen auch räumliche Engpässe und neue Ziele.

Mehr Ressourcen, mehr Veranstaltungen, eine höhere Auslastung – der Südpol hat 2015 richtig Fahrt aufgenommen.

Vor zwei Jahren musste das Geld noch vor allem in die Infrastruktur gesteckt werden, ein Ankommen in der Szene der Kulturschaffenden fand langsam statt (zentral+ berichtete).

Bei seiner ersten Saisoneröffnung seien noch relativ wenige Leute im Südpol erschienen, so Patrick Müller, künstlerischer Leiter des Kulturzentrums. «Wir hatten ungefähr 70 Leute vor Ort, und die hatten wir beinahe dahingeprügelt, obwohl es ein grossartiger Anlass war.» Es sei zu jener Zeit die Strategie gewesen, Offenheit zu zeigen, auf die Leute zuzugehen – natürlich sei das immer noch wichtig, aber der Ort habe sich inzwischen definitiv etabliert.

Die Kritik wird konstruktiver und seltener

«Damals stand auch noch fast alle zwei Wochen etwas Negatives in der Zeitung. Heute kommt natürlich immer noch Kritik, aber viel seltener und viel konstruktiver.» Der Südpol hat seinen Platz gefunden und das offensichtlich nicht nur in den Köpfen der Bevölkerung, sondern auch bei den Politikern.

Patrick Müller erhofft sich viel von den Veränderungen. «Durch die Erhöhung der Subventionen bieten sich endlich die Möglichkeiten, den Südpol wirklich als Arbeitsort für Künstler zu nutzen und das Team zu verstärken.» In den ersten Jahren des Kulturzentrums am Stadtrand ging das Geld hauptsächlich für Nebenkosten und infrastrukturelle Verbesserungen drauf.

«Eine Veranstaltung jagte die nächste, und für die Arbeit im Hintergrund blieb kaum Zeit.»
Patrick Müller, Künstlerischer Leiter Südpol

In der neuen Saison ist es dem Südpol möglich, ein zweites Praktikum anzubieten. «Nun haben wir eine Praktikantin für die Kommunikation und einen für das Event- und Musikbüro. Das hilft uns in Bezug auf den Arbeitsaufwand, und es ist toll, da wir damit junge Leute aufbauen können.»

Erfahrung und Entlastung

Allgemein handelt es sich um ein sehr junges Team in einem jungen Haus. «Das bietet viel Kraft. Aber es tut gut, jemanden am Haus zu haben, der mehr Erfahrung hat und Lust mit uns zu arbeiten, am selben Strick zu ziehen.» Damit spricht Müller den neuen Betriebsleiter an. Der 50-jährige Dominique Münch übernimmt diese Funktion. «Er bringt extrem viel Erfahrungen mit und wird an einer Professionalisierung der Strukturen im Betrieb arbeiten», freut sich Müller.

Auch das Betriebsbüro, welches zwischenzeitlich abgebaut werden musste, ist nun wieder besetzt. Das sei eine enorme Entlastung für alle, da diese zeitintensiven Arbeiten vorher auf die restlichen Mitarbeiter aufgeteilt werden mussten, so Müller. «Es war immer viel Druck da. Wir mussten liefern, eine Veranstaltung jagte die nächste, und für die Arbeit im Hintergrund blieb kaum Zeit.» Jetzt kann endlich stärker inhaltlich und an der Struktur gearbeitet werden.

Inhaltliche Schärfung mit neuer hauseigener Dramaturgin

In Bezug auf die inhaltliche Schärfung wurde Müller, seit 2013 künstlerischer Leiter des Südpols, auf diese Saison hin ein «Herzenswunsch» erfüllt. Mit Johanna-Yasirra Kluhs hat der Südpol nun eine eigene Dramaturgin am Haus. Eine Entlastung für Müller, der sich nun mehr auch der musikalischen Planung annehmen kann. «Wir tragen beide viel Eigenverantwortung, aber wir haben uns für den Konsens entschieden. Zu allem, was ihr in Zukunft im Südpol sehen werdet, haben wir beide Ja gesagt.»

Einige Zahlen aus dem Südpol

Im Jahr 2014 waren es:

52'375 Besucher,
287 Veranstaltungen,
411 Probetage.

Aktuell sind es 1'450 Stellenprozent. Und die Subventionen für das Jahr 2015 betragen 950'000 Franken.

Es geht darum, alles zu verzahnen. «Das Ziel ist, dass Johanna vor allem Tanz und Theater betreut, unser Musikchef Remo Helfenstein die Musik, und ich das Bindeglied darstelle. Wir wollen ein Programm, das zusammenpasst. Musik, Tanz und Theater sollen alle gleich wichtig sein und anhand der selben Kriterien beurteilt werden.»

Durch die hauseigene Dramaturgin gibt es nun die Möglichkeit, Künstlern nicht nur die Infrastruktur zu bieten, sondern sie auch inhaltlich zu begleiten. Damit könne der Südpol seinen Auftrag nun rundum erfüllen: als Kooperationspartner. Und nicht nur als Gastspielhaus.

Das Haus lebt

Am Programm der kommenden Saison zeigt sich, dass der Südpol seine Funktion als künstlerischer Partner und Arbeitsort nun richtig wahrnehmen kann. «Es sind zahlreiche lokale und nationale Produktionen dabei, die im Haus entstanden sind, Koproduktionen, Uraufführungen. Darunter sind zum Beispiel lokale Künstler und Gruppen wie Daniel Korber, die Grenzgänger und Chuck Morris.»

«Das nächste Ziel ist jetzt die inhaltliche Schärfung.»

Touch hat in der Südpol-Wohnung eine EP aufgenommen. Samuel Savenberg arbeitet derzeit im Club und generiert Sounds aus dem Raum. «Es gibt gerade eine Ballung solcher Produktionen. Das wird nicht immer so intensiv sein.» Denn derzeit sind die Räume alle belegt. «Fünf Künstler, wie zum Beispiel Beatrice Fleischlin und diverse Gruppen sind aktuell vor Ort und machen Kunst.» Die Auslastung ist am Anschlag, die Wohnung immer belegt, erklärt Müller. Man könnte auch weitere Räume füllen, wenn man sie hätte. «In den nächsten Monaten werden viele spannende Leute die Räume nutzen.»

Auch in der Grossen Halle konnten die beschlossenen Ziele erreicht werden. «Wir haben uns vor einem halben Jahr vorgenommen, mehr Bands in die Grosse Halle zu buchen und setzen das diese Saison um: Joze Gonzales, Lustmord, Sophie Hunger, Kurt Veil und so weiter. Das hat funktioniert. Nun wollen wir auch die Shedhalle noch mehr bespielen.»

Fokus: Inhalt

Was sich im ersten Moment alles toll anhört, ist für das Team eine Herausforderung auf mehreren Ebenen. «Das nächste Ziel ist jetzt die inhaltliche Schärfung. Wir wollen noch mehr fordern, nicht nur unterhalten», so Müller. «Wir wollen eine ästhetische Breite, aber auch eine gefilterte, qualitativ hohe Auswahl bieten. Jedes Kulturhaus hat seine Kapazitäten. Auch wir, darum wählen wir die Inhalte nach unserem Qualitätsdenken aus. Wir müssen daher auch oft Absagen erteilen. »

In der Vernetzung mit lokalen Künstlern, aber auch mit anderen Häusern und Organisationen hat der Südpol in den vergangenen zwei Jahren einige Fortschritte machen können. «Wir haben vorher schon zusammengearbeitet, aber wir wollen noch mehr kooperieren wie beispielsweise mit dem Fumetto, dem Woerdz, oder dem Kleintheater.» Und auch mit der Freien Szene hat sich der Austausch intensiviert.

«Es gibt keine Grabenkämpfe, sondern man steht füreinander ein.»

«Ich habe das Gefühl, dass sich die jüngere Generation vermehrt engagiert. Und gleichzeitig bleiben die Älteren ebenfalls aktiv. Es gibt keine Grabenkämpfe, sondern man steht füreinander ein. Das Klima hat sich enorm verändert.»

Zudem habe die Geldnot in den vergangen Jahren auch teilweise ihr Gutes gehabt. «Mit Kreativität hat man sich selbst geholfen.» Jetzt gehe es in die richtige Richtung – mit der Kreativität aus dieser Selbsthilfe und mehr finanziellen Mitteln.

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