Auf Wohnungssuche mit «Aha-Erlebnis»

So absurd textet der Zuger Wohnungsmarkt

Eines der harmlosen Beispiele: «Hochwertiger Ausbaustandard mit Seesicht» - Überbauung an der Chamerstrasse in Zug. (Bild: homegate)

Um Gutbetuchte für sich zu gewinnen, schöpfen die Inserenten von Luxusimmobilien aus dem Vollen – und versuchen sich mit wohlklingenden Anpreisungen gegenseitig auszustechen. Wir stellen die kreativsten Wortschöpfungen aus Amtsblatt & Co. vor.

Liegenschaftsverwalter sind professionelle Player auf dem Wohnungsmarkt – und entsprechend versiert darin, ihre Produkte möglichst verlockend anzupreisen. Denn mit dem Preis allein ist es bei Weitem nicht getan. Gerade in Zug, der Stadt der Gutverdiener, ziehen monetäre Argumente bei einer gewissen Klientel längst nicht mehr. Ob eine Wohnung nun monatlich mit 9’000 oder 15’000 Franken zu Buche schlägt, spielt im Hochpreissegment kaum eine Rolle.

«Wohnen mit Stil»

Speziell muss das Objekt sein, luxuriös, ein einmaliges Wohnerlebnis muss es bieten und mit den hochwertigsten Materialen gebaut sein. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. So wird nicht einfach eine Wohnung in der Stadt vermietet, sondern eine «exquisite Stadtwohnung im Herzen von Zug». Geboten wird da nicht bloss die geringe Entfernung zum See, sondern «eine unglaubliche Nähe zur verträumten Seepromenade.»

«Das besondere Flair der gehobenen Ambiance bezaubert und lässt den Alltagsstress hinter Ihnen.»

heisst es in einem Wohungsinserat

Die Räume lassen zuweilen «genügend Luft zum Atmen», frische Luft, wie betont wird, und das mitten in der City von Zug, selbst ohne Stadttunnel. Es geht aber noch wohlklingender: «Das besondere Flair der gehobenen Ambiance bezaubert und lässt den Alltagsstress hinter Ihnen.» Die dazugehörige 3,5-Zimmerwohnung am Bundesplatz kostet läppische 5’700 Franken im Monat und besteche mit schlichter Eleganz, durchdachter Raumaufteilung und überzeugendem Ausbaustandard – kurz: «purer Wohnkomfort». Wer kann da widerstehen?

«Überdurchschnittlich hohe Bauqualität»

Es gibt Wohnungen mit «Eleganz und Ästhetik für Menschen mit Stil», mit einer «hochwertigen Ausstattung» oder versehen mit «exklusiven und edlen Materialien». Wer es lieber unscheinbar mag, der begibt sich an die Bahnhofstrasse, denn: «Hinter der alten, robusten Natursteinfassade der Neumühle versteckt sich ein modernes Innenleben.» Ein echter Geheimtipp.

Bodenheizung, kontrollierte Wohnungslüftung, Küchengeräte der neusten Generation (von V-ZUG natürlich, das freut den Lokalpatrioten), Schwedenofen, Homewireing-System, Airlux-Panoramafenster, Whirlpool und vieles mehr lassen keine Wünsche offen. Die Immobilienverwaltung freut sich, Ihnen das nicht alltägliche, sehr schöne Objekt zeigen zu dürfen.

Aussicht ist Trumpf

Oder ist Ihnen die Umgebung wichtiger? Der unmittelbare Anschluss an den See ist natürlich ein schlagendes Argument. Wer diesen nicht bieten kann, muss das kantonale Gewässer jedoch nicht unerwähnt lassen. Als «ein wahres Juwel mit Seesicht» wird beispielsweise eine 6-Zimmerwohnung in der Stadt bezeichnet. Spannend: dieses «Juwel» liege mitten im Zentrum, sei aber gleichzeitig «ruhig gelegen».

«Grosszügige Fenster, welche Sie jederzeit öffnen können.»

Ein echtes Plus einer angepriesenen Wohnung

Fehlen Terrassen und Balkone, tun es auch die Fenster: «Die Wohnung überzeugt durch optimal ausgerichtete Fenster mit Sicht auf den See», heisst es in einem Inserat jener Wohnung, welche etwas abseits der Altstadt liegt – im 2. Stock notabene. In der Gartenstadt (zentral+ berichtete) entstehen übrigens Wohnungen mit «grosszügigen Fenstern, welche Sie jederzeit öffnen können» – Luxus pur.

Es scheint unerheblich zu sein, wo sich das beworbene Mietobjekt befindet, ob mitten in der Stadt oder hoch oben am Zugerberg: Allfällige Lärmquellen gibt es nicht. Mal ist die Rede von einem «absolut ruhigen Wohnquartier», mal davon, sich mit der Wohnung «eine Insel der Ruhe und Erholung» zu schaffen oder davon, durch die Süd-West-Ausrichtung die Sommertage ruhig und besonnen zu geniessen.

Unbeliebte Raucher

«Mit ihrer internationalen Ausstrahlung, der idyllischen Lage am Zugersee und umgeben von der Innerschweizer Bergwelt, ist die Stadt Zug ein bevorzugter Wohnort mit hoher Lebensqualität und einem freundlichen Steuerklima», bringt es ein Inserat auf den Punkt. International ist übrigens auch die angesprochene Klientel. So werden Wohnungsbesichtigungen in «D/E/F/I/SP» angeboten – die Chinesen konnten also auch für den Wohnungsmarkt (noch) nicht gewonnen werden (zentral+ berichtete).

«Bevorzugt an Bürger aus Unterägeri.»

Inserat einer 2,5-Zimmerwohnung

Sind Sie ein anspruchsvoller Langzeitgast, der das Besondere und gleichzeitig das Flexible sucht? Dann ist der Alpenblick in Cham genau das Richtige für Sie. «Expats are very welcome!» Nicht alle Wohnungsinserenten sind jedoch derart weltoffen, sondern wissen ganz genau, wer in ihre Schmuckstücke passt. Raucher sind äusserst unbeliebt, egal ob die Wohnung über Aussenplätze verfügt oder nicht. Die Einstellung gegenüber Haustieren ist zuweilen etwas toleranter.

Patent und solvent

Noch konkreter: «Nur an eine Frau!», wird beispielsweise ein möbliertes Zimmer in der Stadt vermietet (der Zusatz «Nichtraucherin» wird unmittelbar angefügt). Oder: «An ruhige Person.» Oder lokal eingeschränkt: «Bevorzugt an Bürger aus Unterägeri» – nähere Erläuterungen bleiben leider aus. An der Alpenstrasse findet sich die «ideale Wohnung für Leute, die nicht mehr ein eigenes Haus bewirtschaften wollen, für eine luxuriöse WG oder für eine Familie mit Teenagern.»

Es geht aber auch kurz und knapp: «Patenter und solventer Mieter gesucht.» Wenn Sie das sind und ein «exquisites Bijou an exklusiver Lage mit hervorragender Terrasse» suchen, dann zögern Sie nicht und lassen sich einen individuellen Besichtigungstermin geben – «Aha-Erlebnis» inklusive.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 29.07.2015, 18:57 Uhr

    Leider hibt es kein Grundrecht auf eine bezahlbare Wohnung für jedermann und jedefrau. Andernfalls würde ich diese Spekulanten mit ihren horrenden Mietpreisen wegen Erpressung anklagen und hinter Schloss und Riegel bringen. In einigen Kantonen (z.B. Zug) herrscht seit Jahren eine Notlage bei bezahlbaren Wohnungen. Wer in einer solchen Situation Häuser abreist oder Wohnungen luxusrenoviert, bringt normalverdienende Menschen in existenzielle Bedrohung. Spekulanten sind kriminell und gehören zwangsumgesiedelt: in Kerkerzellen oder Umerziehungslager!

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