Luzerner Hammerwerferin Nicole Zihlmann

«Es gab leider auch schon Tote»

Nicole Zihlmann beim Hammerwerfen auf der Luzerner Allmend. (Bild: rob)

Sie gewann das Luzerner Leichtathletik-Meeting letztes Jahr und will auch nächsten Dienstag wieder brillieren: Die Luzernerin Nicole Zihlmann (28) ist die beste Schweizer Hammerwerferin. Im Gespräch mit zentral+ verrät sie, warum sie trotz ihrer Sportart kein Muskelprotz ist und dass die schwere Kugel auch mal hinten rausgehen kann – was ziemlich gefährlich ist.

Hammerwerfen? Wie kommt man denn auf so eine Idee? Das passt doch nicht zu einer jungen Frau. «Warum nicht?», findet Nicole Zihlmann und lächelt verschmitzt. Ich solle es doch auch gleich mal probieren, findet sie. Gesagt, getan: Sie zeigt mir geduldig, wie man den vier Kilogramm schweren Hammer – derjenige der Männer wiegt über sieben Kilogramm – im Kreis schwingt, wie man sich um sich selber dreht und wie man schliesslich das Geschoss im richtigen Moment loslässt.

Nun, der erste Wurf landet bei bescheidenen fünf Metern. Immerhin habe ich die richtige Richtung erwischt, trotzdem hat sich Nicole Zihlmann vorsichtshalber hinter dem Netz in Sicherheit gebracht. Es sei doch für den ersten Versuch gar nicht so schlecht, versucht sie mich aufzumuntern. Zur Erinnerung: Die Luzernerin wirft den Hammer über 63 Meter weit.

Flink wie eine Katze

 

Nicole Zihlmann – beste Schweizer Hammerwerferin.

Nicole Zihlmann – beste Schweizer Hammerwerferin.

(Bild: rob)

Nun stellt sie sich in den Ring und zeigt, wie elegant Hammerwerfen aussehen kann. Flink wie eine Katze dreht sie sich um die eigene Achse und schwingt den Hammer immer schneller rundherum. «Hammerwerfen ist technisch eine der anspruchsvollsten Disziplinen in der Leichtathletik, neben dem Stabhochsprung», sagt Nicole Zihlmann. Und wie sieht es mit der Kraft aus? Wird man als Hammerwerferin nicht zu einer massigen, muskelbepackten Sportmaschine, ähnlich wie die Kugelstosserinnen? «Die jungen Mädchen im Leichtathletik-Club Luzern sagen immer, dass sie lieber nicht Hammerwerfen wollen, weil sie Angst haben, dick zu werden», sagt Nicole Zihlmann. «Viele meinen, man brauche dazu dicke, muskulöse Oberarme, aber das stimmt gar nicht.»

Klar brauche es Kraft, meint sie weiter. Aber ein Brocken müsse man deswegen nicht sein. «Wichtig ist, dass die Bein- und Rumpfmuskulatur gut ausgebildet ist.» Deshalb verbringt sie einen beträchtlichen Teil ihrer Trainingszeit im Kraftraum. Aber die Zeiten, in denen Hammerwerferinnen in erster Linie schwer sein mussten, sind vorbei. «Es ist vor allem wichtig, dass man den Schwung richtig ausnützen kann», erklärt Nicole Zihlmann.

Hitze als gutes Omen

Genau das kann die Luzernerin besonderes gut. Letztes Jahr hat sie ihren eigenen Schweizer Rekord in Luzern auf 63,79 Meter verbessert. Auch dieses Jahr hat sie sich einiges vorgenommen. «Es ist immer mein Ziel, zu gewinnen. Hier zu Hause ist es natürlich besonders schön und ich freue mich, dass ich am Spitzenleichtathletik wieder die Möglichkeit habe, zu starten und mein Bestes zu geben.» Bereits um halb fünf am Nachmittag wird sie am nächsten Dienstag auf der Allmend ihre besten Würfe zeigen. Gut möglich, dass sie bei grosser Hitze ihren Wettkampf bestreiten muss. «Die Hitze ist ein gutes Omen, schon letztes Jahr war es sehr heiss», sagt sie. Leider ist der Zuschaueraufmarsch am späten Nachmittag noch bescheiden – wie meistens, wenn Hammerwerfen auf dem Programm steht. Ist das nicht demotivierend? «Wir müssen schon immer um mehr Aufmerksamkeit kämpfen, das stimmt. Aber hier beim Spitzenleichtathletik geben die, die hier sind, eine Bombenstimmung ab. Und deswegen freue ich mich jetzt schon auf den kommenden Dienstag.»

«Viele meinen, man brauche als Hammerwerferin dicke, muskulöse Oberarme, aber das stimmt gar nicht.»

Nicole Zihlmann, Hammerwerferin

Viele Stars am Luzerner Meeting

Nächsten Dienstag, 14. Juli, findet auf der Luzerner Allmend das Leichtathletik-Meeting statt (zentral+ berichtete). Der Hammerwerfen-Wettbewerb beginnt bereits um 16.30, das Hauptprogramm startet ab 18.50 Uhr. Viele Disziplinen sind mit Stars gespickt: So werden die beiden jamaikanischen 100-Meter-Sprinter Asafa Powell und Yohan Blake am Start sein, aber auch die Olympiasiegerin im Kugelstossen, Valerie Adams. Auch mit dabei sind die Schweizer Topathleten Selina Büchel (800 Meter), Noemi Zbären (100 Meter Hürden) und Mujinga Kambundji (Sprint). Die Stehplätze sind gratis, Sitzplätze gibt es zwischen 29 und 49 Franken. (www.spitzenleichtathletik.ch)

Nicole Zihlmann ist in Littau aufgewachsen. Etwa mit 14 Jahren ist sie das erste Mal mit Hammerwerfen konfrontiert worden. Sie wollte zusammen mit einer Kollegin an den Schweizer Leichtathletik-Meisterschaften teilnehmen. Und da es damals für Hammerwerfen noch keine Limite gab, entschieden sich die beiden schlauen «Girls» kurzerhand für diese Disziplin. Mit zwei oder drei Trainings als Vorbereitung trat Nicole Zihlmann an – und erwies sich sogleich als ziemlich talentiert.

Noch vier Meter weiter werfen

Heute trainiert Nicole Zihlmann sieben Mal pro Woche, hinzu kommt Physiotherapie und Massage. Das sind bis zu 20 Trainingsstunden pro Woche – ein ziemliches Programm für jemanden, der als Treuhänderin arbeitet. Vor kurzem hat sie ihr Arbeitspensum auf 60 Prozent reduziert, damit sie sich noch mehr auf ihren Sport konzentrieren kann. Ein grosses Ziel hat die Littauerin nämlich noch: die Olympischen Spiele 2016 in Brasilien. Um sich dafür zu qualifizieren, muss sie ihre Bestweite aber noch um mindestens vier Meter verbessern. Die Limite wird so um die 68 bis 70 Meter sein und wird demnächst festgelegt. Ist das zu schaffen? Warum nicht, meint Nicole Zihlmann nur. «Aber es ist sicher noch ein weiter Weg bis dahin.»

«Manche bewundern mich, dass ich so stark bin.»

Nicole Zihlmann

Was macht die junge Frau sonst im Leben? Nicht viel, meint sie. «Ich wohne in einer WG, bin Single, treffe mich mit Freunden, gehe manchmal ins Kino und im Sommer spiele ich gerne Beachvolleyball.» Besonders spannend sei ihr Leben nicht, findet sie. «Es besteht meistens aus Trainieren, Essen, Arbeiten und Schlafen.» Jetzt hätte sie ja zwar etwas mehr Zeit zum Shoppen, «aber leider fehlt mir das nötige Geld dazu». Hammerwerferinnen verdienen kaum Geld mit ihrem Sport. Was sagen ihre Kolleginnen zu ihrer sportlichen Leidenschaft? «Manche bewundern mich, dass ich so stark und sehr fleissig bin», sagt sie und greift sich nochmal den vier Kilogramm schweren Hammer, der eigentlich eine Kugel mit einer Kette und einem Griff dran ist. Wie gefährlich ist das metallene Geschoss eigentlich? Nicole Zihlmann lacht laut. An den Meetings hätten die Veranstalter oft Angst, dass jemand von einem Hammer getroffen werde, sagt sie. Ganz ungefährlich ist die Disziplin trotz Schutznetzen nicht. «Leider hat es auch schon Tote gegeben, weil ein Helfer oder ein Zuschauer ungeachtet aufs Feld lief.» Aber Nicole Zihlmann hat noch nie jemanden mit ihrem Gerät in Gefahr gebracht. «Das soll auch so bleiben.»

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