Ein Kanton wagt den Aufstand

Zug rasselt mit rostigem Säbel

Peter Hegglin ist wütend. Der NFA nehme den Kanton «völlig aus». (Bild: Archiv)

Jetzt ist es soweit: Die Zuger Regierung beantragt das Kantonsreferendum gegen die heutige Ausgestaltung des NFA. Die Abgaben seien eine Katastrophe, sagt der Finanzchef. Es sei Zeit für drastische Massnahmen. Dies könnte sich allerdings als leere Drohung entpuppen.

«Wir werden völlig ausgenommen», sagt der Zuger Finanzdirektor Peter Hegglin, er meint den nationalen Finanzausgleich: «Die 300 Millionen Franken, die wir jährlich zahlen müssen, das ist eine Katastrophe und sie geht immer weiter. Deshalb müssen wir drastische Massnahmen ergreifen.» Die Zuger Regierung hat am Mittwoch bekanntgegeben, dass sie dem Kantonsrat beantragt, das Kantonsreferendum gegen den Ressourcenausgleich im NFA zu ergreifen.

Für das Zustandekommen eines Kantonsreferendums braucht es acht Kantone, dafür schien die Ausgangslage Anfang Jahr nicht schlecht, als es noch neun Geberkantone gab. Mittlerweile hat sich die Ausgangslage aufgrund der Wirtschaftslage jedoch geändert: Es sind 2016 nur noch sechs tatsächliche Geberkantone, die die Last zusammen tragen müssen. Das reicht nicht für ein Referendum. Und tatsächlich sind die Signale aus den anderen Geberkantonen auch eher schwach: «Wir haben das seit Januar vorbereitet und sind in Gesprächen», sagt Hegglin, «aber die Resonanz ist nicht überall gleich stark. Es gibt Kantone mit gewissen Vorbehalten, Waadt etwa, die Netto Empfängerkantone sind.»

«Wir müssen den anderen Kantonen zeigen, wie schlimm die Situation für Zug ist.»

Peter Hegglin, Finanzdirektor Kanton Zug

Ist das Ganze also eine leere Drohung? Dass das Referendum zustande kommt, ist offenbar eher unwahrscheinlich. «Das sagen Sie, ich gebe die Hoffnung nicht auf», sagt Hegglin. «Es ist eine drastische Massnahme, ja, und wir haben uns das lange überlegt. Es braucht viel, dass der Zuger Regierungsrat ein Kantonsreferendum beantragt. Aber wir müssen den anderen Kantonen zeigen, wie schlimm die Situation für Zug ist. Der NFA macht unseren Wirtschaftsstandort kaputt.»

Das Geber-Lager ist noch schwächer geworden

Zug sei wie ein Unternehmen aufgebaut – die wirtschaftliche Stärke basiere auf den Umständen, die der Kanton bietet. «Wenn wir jetzt wegen dem NFA alles  zu unserem Nachteil umstellen müssen, das kann doch nicht sein», sagt Hegglin. Zudem habe das Parlament versprochen, die Last der Geberkantone zu mindern – dummerweise sind gleichzeitig zwei Geber zu Nehmerkantonen geworden. «Wenn man die Debatte vom letzten Frühling im National- und Ständerat noch im Ohr hat, dann war dort der Konsens, dass die Summe sinken sollte. Jetzt ist die Last wieder gewachsen. Da fühlen wir uns einfach vor den Kopf gestossen.»

Zug rasselt aber offenbar mit einem etwas rostigen Säbel – seit Jahrzehnten kämpft der Kanton für eine Neuorganisation des NFA. Hört da überhaupt noch jemand hin, wenn die Zuger Regierung wieder klagt? «Klar, die Nehmerkantone können es sich einfach machen», sagt Hegglin. «Aber es ist ein schlimmes Zeichen gegen uns und gegen die Solidarität, wenn man nicht auf unsere Lage achtet.»

 

Bundesgesetz nicht korrekt umgesetzt?

Der Regierungsrat stellt sich auf den Standpunkt, dass der Bund das Gesetz zum NFA nicht korrekt umsetze: Den Nehmerkantonen werde mehr zugestanden, als im Bundesgesetz über den Finanz- und Lastenausgleich vom 3. Oktober 2002 (FiLaG; SR 613.2) festgelegt werde. Darin steht, es sei anzustreben, die massgebenden eigenen Ressourcen jedes Kantons pro Einwohnerin und Einwohner zusammen mit den Leistungen des Ressourcenausgleichs auf mindestens 85 Prozent des schweizerischen Durchschnitts anzuheben. Die Mindestausstattung diene dazu, dass jeder Kanton seine Kernaufgaben möglichst autonom und ohne übermässige Steuerbelastung erfüllen könne, so der Regierungsrat.

«Gemeint war allerdings nie, dass die Messlatte von 85 Prozent ein Minimum für den ressourcenschwächsten Kanton ist und demnach auch höher liegen könnte.» Es sei immer geplant gewesen, die jeweilige Festlegung des Ressourcenausgleichs auf eine neue Vierjahresperiode stets an diesem Ziel zu orientieren. «In den Jahren 2012–2015 bestand nun aber eine Dotation, die 7,6 Prozent höher war, als es notwendig gewesen wäre, um die Ziele des NFA mit Bezug auf den Ressourcenausgleich zu erreichen.» Das sei nicht rechtens, schreibt die Zuger Regierung.

«Da das Eidgenössische Parlament nun eine Lösung gewählt hat, welche das Bundesgesetz nicht korrekt umsetzt, fordert der Regierungsrat die Umsetzung des Bundesratsvorschlags.» Dieser war als Kompromissvorschlag gedacht gewesen, jedoch vom Parlament noch weiter abgeschwächt. «Deshalb beantragt der Regierungsrat die Einreichung des Kantonsreferendums. Einerseits muss den Nehmerkantonen klar gezeigt werden, dass sie den Bogen dieses Mal überspannt haben und dies nicht einfach hingenommen wird», schreibt die Regierung. «Andererseits sollen sich Parteien und Private, welche das Volksreferendum ergreifen, getragen fühlen von Regierung und Parlament.»

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Urs Eggler
    Urs Eggler, 08.07.2015, 13:46 Uhr

    Dass gerade der Finanz-Chef des Kantons Zug sich über mangelnde Solidariät klagt, scheint mir in Anbetracht des altbekannten, zugerischen Steuer-Kannibalismus überzogen. Es ist auch nicht solidarisch, den anderen Kantonen die guten Steuerzahler abzujagen und dann noch zu sagen, die ärmeren Kantone seien selber schuld, und sie sollen halt besser wirtschaften.

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  • Profilfoto von Stefan Gisler
    Stefan Gisler, 08.07.2015, 13:07 Uhr

    Der NFA ist eine Erfindung von bürgerlichen (auch Zuger) Finanzpolitikern – gutgeheissen vom Schweizer Volk -, um ohne Steuerharmonisierung einen Beitrag zur nationalen Einheit und zur Stärkung der Schweiz als Ganzes zu leisten. Zugs Finanzdirektor lamentiert nun, die NFA mache den Wirtschaftsstandort Zug kaputt. Dabei ignoriert er – zusammen mit vielen Zuger Bürgerlichen – konsequent den selbstverschuldeten Anteil an der hohen NFA-Rechnung. Zug zieht mit seiner Wirtschafts- und Steuerpolitik gewinnstarke, oft steuerprivilegierte Firmen sowie topverdienende Private an. Mit deren Zuzug steigt Zugs wirtschaftliches Ressourcenpotenzial (Rang 1 unter allen Kantonen) und damit die NFA-Kosten. Gleichzeitig schöpft Zug nur rekordtiefe 13% dieses Ressourcenpotenzials steuerlich ab. Die Warnungen, dass dies nicht gut kommt und die Vorschläge, dass endlich die Kostenverursacher etwas mehr besteuert werden sollen, schlägt der Finanzdirektor seit Jahren in den Wind. Nun soll das Volk mit dem Sparpaket von 111 Millionen die Steuerprivilegien der Kostentreiber retten. Das ist unfair! Und mit dem lautem und wirkungslosem NFA-Gejammere sowie zahnlosen Drohungen (Beiträge nicht mehr auszahlen), gewinnt Zug keine Sympathien bei den Nehmerkantonen.
    Stattdessen: Steuerpolitik ändern und geschickter verhandeln!!!

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  • Profilfoto von Politikerli
    Politikerli, 08.07.2015, 12:58 Uhr

    Zugs Ressourcenstärke steigt und steigt, dank zuziehenden steueroptimierenden Unternehmen aus nah und fern und hier hochwillkommenen Steuerasylanten. Unseren Eidgenossen schwinden dadurch die Ressourcen und ihre Steuereinahmen und die Spriale dreht sich munter weiter. Unser Finanzdirektor hat zwar richtig erkannt, dass das Kantonsdefizit durch weniger Steuereinnahmen entstand, aber korrigieren will er nicht an der Ursache – Steuererhöhungen für die Schmarotzer – sondern durch ein «Entlastungsprogramm» auf dem Buckel der Normalverdiener. Nichts anderes bedeutet etwa der verminderte Pendlerabzug für Arbeitnehmer: Steuererhöhungen für Wenig- und Normalverdienende. Victor Feliksovich Vekselberg trifft das nicht, er arbeitet selbstverständlich nicht in der Schweiz. Als pauschalbesteuerter Wirtschaftsflüchtling darf er das ja gar nicht. Die NFA Jammerer werden fürchterlich auf die Nase fallen, da die CH Stimmbürger das angestrebte Referendum überwältigend ablehnen werden und damit die geltende Regelung auf Jahrzehnte legitimieren.

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