Neuer Motorrad-Club in Rothenburg

«Wir sind keine Biker, wir sind Freiheitsliebende!»

Motorradfahrer vor dem Biker-Treff in Rothenburg. (Bild: Anja Glover)

Erst eine Woche geöffnet, hat das neue Biker-Mekka Ace Cafe in Rothenburg schon an die 10’000 Besucher angelockt. Doch was genau sind das für Leute, die sich dort treffen? zentral+ wollte es genau wissen und hat sich unter die schweren Jungs und Mädels mit ihren schweren Maschinen gemischt – und kam zu überraschenden Erkenntnissen.

Es ist Freitagabend, die Sonne verschwindet langsam hinter dem neuen Gebäude am Sonnmatthof 2 im Rothenburger Industrieviertel, ihre Strahlen versetzen den Prachtstücken von Motorrädern einen hellen Glanz, geradezu blendend präsentieren sie sich ihren stolzen Besitzern. Diese sitzen gemütlich vor dem neuen ACE Cafe, unterhalten sich intensiv über ihre Gefährten, die sie hierher hinkutschiert haben, ziehen an einer Zigarette und erfreuen ihre Gaumen mit Speisen aus der hauseigenen Küche.

Sie waren schon mal hier, die meisten zumindest. Letzte Woche erst hat dieses Café Eröffnung gefeiert und schon heute sitzen hier Stammkunden. Einer von ihnen ist Ian Steiner (43), zusammen mit seiner Partnerin Katrin Steiner (38) hat er lange auf die Eröffnung des neuen Treffpunktes gewartet. Er trägt eine Sonnenbrille, ein dunkler Bart ziert sein Gesicht, das schwarze T-Shirt spannt sich über den Bauch, aus der Hosentasche hängt eine kleine Kette.

«Töff zu fahren, ist für mich eine Art Therapie, ein Mittel zur Erholung.»

Ian Steier, Besucher und Töfffahrer

Ein typischer Biker? Steiner lächelt, er wirkt gelassen und entspannt an diesem Freitagabend: «Nein, wir sind keine Biker, wir sind Freiheitsliebhaber», erklärt er überzeugt. «Töff zu fahren, ist für mich eine Art Therapie, ein Mittel zur Erholung.» Um sich mit anderen Töff- und Freiheitsliebhabern im einzigen ACE Cafe auf dem Europäischen Festland zu treffen, fahren die beiden schon mal gerne von Wettingen nach Rothenburg. «Die Atmosphäre ist genial, friedlich und entspannt.» Soeben hat auch Andrin Bertschmann (52) geparkt, er trifft sich mit Freunden. «Es gibt hier eigentlich nichts Vergleichbares,» meint er zufrieden. Zusammen mit seinen Kumpeln trinkt er sein Feierabend-Bier und streckt sein Gesicht der Sonne entgegen.

Besitzer Dany Kunz freut sich über den famosen Start seines Ace Cafes.

Besitzer Dany Kunz freut sich über den famosen Start seines Ace Cafes.

(Bild: Anja Glover)

Industrieleuchten aus Tschechien

Tatsächlich fühlt man sich auch ohne Lederjacke oder Tattoo sehr wohl in diesem liebevoll eingerichteten Lokal. Und es ist nicht der Geruch von Bier, der ins Innere lockt, sondern jener von Essen. Essen, das alleine durchaus Grund genug ist, um dem neuen Café einen Besuch abzustatten. Es sind hier nämlich nur Sternenköche am Werk und sie bereiten Fish’n Chips und Hamburger aus regionalen und nachhaltigen Produkten direkt vor den Augen der Kunden zu.

Die Gestaltung des Cafés, das eigentlich kein Café und auch nicht einfach ein Restaurant oder eine Bar ist, ist durchaus beeindruckend. Was ist das ACE Cafe genau? Vielleicht ein neuer Place to be? Man schreitet da nicht über irgendeinen Boden, sondern über einen 100-jährigen Buchenboden, auf dem jahrelang getanzt wurde. Und die Leuchten an der Decke sind nicht etwa Nachahmungen aus einem Architekturmagazin, es sind Industrieleuchten der 50er-Jahre aus Tschechien. Man sitzt auch nicht auf irgendwas, sondern auf den Stühlen aus einem alten Pfarreisaal und isst an selbstgemachten Tischen. Alle Kleinigkeiten des neuen Ace Cafe vermögen ihre eigene Geschichte zu erzählen und genau dieser Charme spürt der Besucher. Der Rock’n’Roll aus den Lautsprechern untermauert die Stimmung mit einem heftig bebenden Grease-Sound. Man spürt die Freiheit, von der die harten Jungs sprechen.

Das Stückchen Freiheit

Besitzer Dany Kunz war gerade mit seinem Hund draussen. Zu Hause auf seinem umgebauten Hof hat er zusammen mit seiner Partnerin Kathrin Seiler, die ihn im Ace Cafe mit vollem Einsatz unterstützt, auch noch ein Pferd. Er ist etwas müde, sein Gesicht strahlt trotzdem, Freude und Euphorie überwiegen.

«Ich kann mir nichts Besseres vorstellen und ich wusste von Anfang an, dass es funktioniert.»

Dany Kunz, Ace Cafe-Besitzer

Auf seinem rechten Arm hält John Travolta eine Pistole in der Hand (eine Szene aus Pulp Fiction), auf dem Linken posiert eine Frau. Sein Lächeln macht eines deutlich: Er hat sich hier seinen Lebenstraum erfüllt: «Ich kann mir nichts Besseres vorstellen und ich wusste von Anfang an, dass es funktioniert.» Das scheint es wirklich, es funktioniert, die Gäste schwärmen. Viele Burger, Bier und Kaffee’s seien letztes Wochenende ausgeschenkt worden, 10’000 Besucher und Töffs. Vom Triumph über die Harley bis hin zur Vespa, alles war hier. Die Gäste sind eben nicht böse Jungs, es geht hier nämlich nicht um Status, sondern ums Töfffahren: «Hier holt man sich das Stückchen Freiheit, das im Alltag fehlt», meint Kunz.

(Bild: Anja Glover)

Hinter uns sitzen ein paar junge Mädchen: «Das ist meine alte Klasse, ich war zuvor mit einem fixen Pensum Berufsschullehrer,» meint Dany Kunz. Er ist von seinem Jobwechsel überzeugt: «Mit Leidenschaft funktioniert es sogar in der Gastronomie.» Ab und zu grüsst er einen Kunden, stellt sich immer gleich mit Vornamen vor und freut sich immer wieder über die positiven Reaktionen. Dann zeigt er begeistert auf den Burger, den Kevin Rünzi, der Restaurant- und Barmanager, vorbeiträgt. 

Es ist die Kombination aus Musik, Design, Freude und Essen, welche die Besucher anlockt. Das Ace Cafe bringt den Spirit aus London mitten in die Zentralschweiz.  Draussen verabschiedet sich Andrin Bertschmann von seinen Freunden und legt einen lautbrummenden, nach Freiheit schreienden Abgang hin. Er wird wieder kommen, wie so viele, die mal hier waren.

Mehr rockige Fotos zeigen wir Ihnen hier in unserer Bildergalerie:

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kurz
    Kurz, 28.06.2015, 23:44 Uhr

    Herzlichen Dank für die angenehm normale Berichterstattung.
    Biker sind ganz normale Menschen, genau 🙂
    Und einen Treffpunkt dieser Art finde ich persönlich wunderbar.

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