Neue Polizeisoftware für Luzern?

Damit die Polizei weiss, wo demnächst eingebrochen wird

Die Einbruchsdelikte könnten im Kanton Luzern mit der Polizeisoftware «PreCobs» reduziert werden. (Bild: Fotalia)

(Bild: Fotalia)

Dank «PreCobs»-Polizeisoftware konnte die Zahl der Einbrüche in Zürich um phänomenale 30 Prozent reduziert werden. Ist diese Form der Einbrecherjagd auch in Luzern möglich, wollte die SP deshalb wissen. Der Luzerner Regierungsrat kann sich das grundsätzlich vorstellen.

«Der schwarze Kreis auf dem digitalen Stadtplan ist ein Alarm, in diesem Gebiet mit einem Radius von 500 Metern wird in den nächsten zwei bis sieben Tagen ein Einbruch geschehen – mit einer Wahrscheinlichkeit von 85 Prozent», schreiben die «Augsburger Nachrichten» über das Computersystem «PreCobs» («Pre Crime Observation System»). Das ist keine Hollywood-Science-Fiction mehr, sondern Polizeialltag. Und zwar nicht nur in Deutschland, wo das System entwickelt wurde, sondern auch ein einigen Schweizer Kantonen, die das System erfolgreich getestet haben (siehe Infobox).

Diese Software macht sich laut Polizeispezialisten zu Nutzen, dass die Menschen nach Mustern handeln. Täter kehrten wie Pilzsammler oft wieder in jenes Gebiet zurück, in dem sie erfolgreich waren, weil sie wissen, dass es dort etwas zu holen gibt. Dadurch werden sie in einem gewissen Ausmass berechenbar.

Einbruchs-Wahrscheinlichkeit errechnet

In drei Kantonen getestet

In Zürich, wo «PreCobs» zuerst ausprobiert wurde, gingen die Einbrüche angeblich um rund 30 Prozent zurück. Die Stadtpolizei Zürich hat das System deshalb im November 2014 definitiv eingeführt. Der Kanton Baselland hat ebenfalls beschlossen, das System einzuführen, der Kanton Aargau schloss seine Evaluationen kürzlich ab und hat noch nicht entschieden. In beiden Kantonen verliefen die gemachten Tests ebenfalls positiv. Im Aargau gingen die Einbrüche 2014 gemäss der Polizei um elf Prozent zurück.

Mit diesem System weiss die Polizei also genau, wo demnächst eingebrochen wird und kann präventiv handeln. Die Software ist im Handel erhältlich. Und mit ihr kann man auf Grund von Daten aus Einbrüchen in der Vergangenheit die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Einbruch in derselben Gegend in der Gegenwart oder nahen Zukunft berechnen. «Nach Analyse von Ort, Zeit, Tathergang und Beute errechnen solche Systeme Prognosen, wo in den nächsten Tagen mit hoher Wahrscheinlichkeit Einbrecher ihr Unwesen treiben könnten», schreibt SP-Kantonsrat Martin Krummenacher in seiner Anfrage an die Regierung.

Krummenacher wollte wissen, welche Haltung die Luzerner Polizei gegenüber dieser präventiven Methode vertrete.

Keine Langzeiterfahrungen

Der Luzerner Regierungsrat schreibt in seiner Antwort, dass er Kenntnis habe von diesen Methoden. Die erzielten Resultate sprächen für sich, es fehle aber noch die Langzeiterfahrung. Es sei zum Beispiel noch nicht geklärt, ob es sich beim teilweise signifikanten Rückgang der Einbruchzahlen in den Kantonen Zürich, Aargau und Basel um «statistische Schwankungen» handelt oder um einen «nachhaltigen Trend».

Obwohl der Kanton politisch noch kein grünes Licht gegeben hat, läuft einiges hinter den Kulissen. So steht die Luzerner Polizei gemäss der Regierung mit anderen Kantonen in Kontakt. Im März 2015 informierte sich zum Beispiel eine Delegation der Luzerner Polizei bei den Aargauer Kollegen über das System.

Informelle Gespräche im Gang

Die Frage des SP-Kantonsrats, ob der Einsatz und Betrieb eines solchen Systems über die Kantonsgrenzen hinaus in einem Konkordat sinnvoll wäre, bejaht die Regierung grundsätzlich. Weitere Gespräche seien geplant. Gemäss Antwort der Regierung verfügt die Luzerner Polizei ausserdem über Daten aus dem Polizei-Informationssystem in einer sehr guten Qualität und Quantität, und damit über eine Voraussetzung für den Einsatz von solchen Methoden zur Verbrechensprävention.

Keine datenschützerischen Hindernisse

Da «PreCobs» nur anonymisierte Falldaten einsetze, sei die Rechtsgrundlage aus datenschützerischer Sicht ebenfalls gegeben.

Die SP Kanton Luzern sieht im Einsatz von Precobs gleichermassen Chancen wie Risiken. Krummenacher wollte deshalb wissen, welche Risiken der Regierungsrat sieht. Dieser äussert Bedenken, dass durch den Einsatz unter Umständen sehr viele polizeiliche Kräfte gebunden würden. «Aus polizeilicher Sicht mehrere Flächen von 250 bis 500 Quadratmetern im städtischen, sehr eng gebauten Gebiet für einen Zeitraum von 72 Stunden unter Kontrolle zu halten bindet unter Umständen grosse personelle Ressourcen», schreibt die Regierung. «Notabene für ein Einbruchsdelikt mit einer Eintretenswahrscheinlichkeit von 80 Prozent.»

Bedenken der Bevölkerung?

Eine weitere Schwierigkeit sei die Finanzierung. Die Regierung rechnet mit Investionskosten von zirka 50’000 Franken und jährlichen Betriebskosten von zirka 40’000 Franken. Als drittes Risiko nennt die Regierung Bedenken der Bevölkerung wegen des Datenschutzes oder der Persönlichkeitsrechte.

Was halten Sie von diesen präventiven Polizeimethoden? Bewahren Sie uns vor Kriminalität oder läuten sie den totalen Überwachungsstaat ein? Nutzen Sie die Kommentar-Funktion!

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon