Grabenkämpfe an der Wohnungsfront

Der Schlichter der Kleinkriege

Christoph Wildisen vermittelt bei Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern. (Bild: azi)

26 Jahre lang hat sich Christoph Wildisen für die Rechte von Luzerner Mietern eingesetzt und miterlebt, wie aus kleinen Bagatellen jahrelange Rechtsstreite mit Vermietern wurden. Im Gespräch mit zentral+ erzählt er, warum sich die beiden Parteien immer wieder in die Haare kriegen.

Seit letztem Jahr ist Christoph Wildisen als präsidierendes Mitglied bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht des Kantons Luzern tätig − und verliess deshalb den Vorstand des Mieterinnen- und Mieterverbandes Luzern. «Wer bei Streitigkeiten zwischen den Fronten vermittelt, muss unparteiisch sein», begründet der 58-Jährige diesen Schritt. Doch, kann man überhaupt noch unparteiisch sein, wenn man sich so lange für die Interessen der Mieter eingesetzt hat? Wenn man sich dessen bewusst sei, sei das durchaus möglich, so Wildisen. 

«Die Interessen der Mieter habe ich immer im Rahmen des geltenden Mietrechts vertreten.» Nun steht er nicht mehr auf der Seite der Mieter, sondern vermittelt zwischen den Fronten. So gross sei der Unterschied zwischen diesen Rollen nicht: «Bei der Schlichtung von Streitigkeiten geht es immer darum, Kompromisse zu finden − egal auf welcher Seite man steht.» Es sei eine schöne Aufgabe, zu vermitteln, sagt Wildisen weiter. So könne er beide Parteien fordern, um eine gute Lösung zu finden.

«Alle sollen sich schliesslich wieder in die Augen schauen können.»
Christoph Wildisen, Anwalt

Denn ein Vergleich habe viele Vorteile gegenüber einem teuren und langwierigen Gerichtsverfahren: «Bei Gericht gibt es häufig nur Schwarz oder Weiss, Gewinner und Verlierer», sagt Wildisen. Das Ziel des Schlichtungsverfahrens hingegen sei ein austarierter Interessenausgleich: «Alle sollen sich schliesslich wieder in die Augen schauen können.» 

Es begann mit Pflanzen im Hausgang

In der Vergangenheit habe es einige Fälle gegeben, die ihm bis heute in Erinnerungen geblieben sind, erzählt Wildisen. Doch dies hätte mehr mit den persönlichen Geschichten der Parteien zu tun gehabt als mit der Rechtssituation an sich. «Es ist tragisch zu sehen, wie aus kleinen Bagatellen jahrelange Rechtsstreitigkeiten entstehen können, die letztlich zum Schaden einer Partei eskalieren», so Wildisen, der hauptberuflich als Anwalt in einer Kanzlei in Luzern arbeitet.

«Oft machen Mieter ihrem ganzen Ärger Luft, der sich bereits über Jahre aufgestaut hat.»
Christoph Wildisen, Anwalt 

Er erinnert sich beispielsweise an eine Mieterin, die Pflanzen in den Hausgang gestellt hat − und letztlich nach jahrelangem Hin und Her mit dem Hauswart und der Verwaltung aus der Wohnbaugenossenschaft ausgeschlossen werden musste und die Wohnung verlor. 

Immer wieder ähnliche Fälle

Die Fälle, die er in den vergangenen 26 Jahren als Rechtsschutzdelegierter und bei der Schlichtungsstelle behandelt hat, haben sich im Laufe der Zeit kaum verändert. «Es gibt sogenannte Dauerbrenner», meint Wildisen. So etwa die Anfechtung von Kündigungen, Mieterstreckungen, oder wenn Vermieter Mietzinserhöhungen ankünden. «Gerade bei Renovationen oder Umbauten führt dies immer wieder zu Streitigkeiten darüber, ob diese lediglich dem Unterhalt dienen oder tatsächlich zu einer Wertvermehrung führen, die eine Erhöhung der Miete rechtfertigen.»

Aber auch Mietzinssenkungen bei Veränderungen des Referenzzinssatzes, die gegenwärtig wieder beim Vermieter eingefordert werden können (zentral+ berichtete), landen ebenso oft bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht, wie Streitereien um Nebenkostenabrechnungen oder Klagen wegen Lärm- oder anderen Immissionen.

Für beide Parteien belastend

«Oft machen Mieter dabei ihrem ganzen Ärger Luft, der sich bereits über Jahre aufgestaut hat», meint Wildisen. Auf der anderen Seite seien es teilweise auch immer wieder die selben Vermieter, die er an Verhandlungen antreffe. 

Wichtig sei vor allem, dass Schlichtungsverfahren zügig durchgeführt und abgeschlossen werden können, da ein Rechtsstreit für die Parteien oft sehr belastend sei. «Differenzen kann man letztlich nie ganz verhindern, aber man kann sie − wenn die Parteien mitmachen − unkompliziert und schnell beilegen», sagt Wildisen und meint, dass der Schlichtungsbehörde die Arbeit wohl niemals ausgehen wird. 

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