Abnahme der straflosen Selbstanzeigen

Zug als Hort der Steuerehrlichen?

Nichts zu verbergen im Kanton Zug?

(Bild: zvg)

Die Anzahl strafloser Selbstanzeigen zeigt über die letzten Jahre schweizweit eine zunehmende Tendenz. Nicht so im Kanton Zug – dort sind die Zahlen rückläufig. Wohnen demnach die steuerehrlichsten Schweizer im Zugerland?

«Wir gehen davon aus, dass die Schwankung bei der Anzahl strafloser Selbstanzeigen rein zufallsbedingt ist», sagt Guido Jud von der kantonalen Steuerverwaltung. Es sei daher nicht seriös, Rückschlüsse auf die Steuermoral der Zuger Bevölkerung zu ziehen, meint er weiter.

«In Zug könnte ein geringerer Nachholbedarf bestehen.»

Guido Jud, Leiter Steuerverwaltung Zug

Auch Peter Hegglin, Finanzdirektor des Kantons Zug, wagt es nicht, aufgrund der publizierten Angaben irgendwelche Trends herauszulesen. «Es wäre angesichts der starken Zunahme der straflosen Selbstanzeigen von 2012 auf 2013 vermessen, zu behaupten, die Zugerinnen und Zuger hätten damals einfach schneller reinen Tisch gemacht, sodass heute das Potenzial an straflosen Selbstanzeigen im Kanton Zug geschrumpft ist.»

Kleine Steueramnestie

Im Januar 2010 trat die sogenannte kleine Steueramnestie in Kraft. Selbstanzeigen und die Nachbesteuerung in Erbfällen sollten durch das steuerpolitische Instrument vereinfacht werden. Besitzer von versteckten Vermögen und Erbschaften können sich einmalig selber anzeigen, müssen aber, im Gegensatz zu einer generellen Amnestie, auf den gemeldeten Kapitalbesitz Steuern und Zinsen nachbezahlen. Eine Strafverfolgung bleibt indessen aus. Die kleine Steueramnestie ist zeitlich nicht begrenzt.

Ein Blick auf die Fakten: Nach einer markanten Zunahme der straffreien Selbstanzeigen von 56 (2012) auf 102 Fälle (2013) sank die Anzahl in Zug im vergangenen Jahr auf 74 Anzeigen. Die Abnahme mag zwar nicht sonderlich bemerkenswert sein, ungewöhnlich aber ist sie. Denn im schweizerischen Schnitt stiegen die Selbstanzeigen von 5900 im Jahr 2013 auf über 8000 Fälle im Jahr 2014. Lediglich in den Kantonen Zug und Obwalden ist der Trend rückläufig.

Keine Sünden in Zug?

Der Kanton Zug bricht also mit dem gesamtschweizerischen Trend. Zufallsbedingt oder nicht, die Tatsache, dass Selbstanzeigen im letzten Jahr rückläufig waren, lässt zumindest Interpretationen zu. Guido Jud erwähnt zwei Faktoren, welche diesbezüglich eine Rolle spielen könnten. «Erstens kannte der Kanton Zug in seinem Steuergesetz schon bis 2000 die Möglichkeit zur straflosen Selbstanzeige.»

«Der finanzielle Anreiz zur Steuerhinterziehung ist in Zug vermutlich geringer.»

Guido Jud, Steuerverwaltung Zug

Jud könne sich vorstellen, dass deshalb ein geringerer Nachholbedarf als in jenen Kantonen bestehen könnte, welche damals im kantonalen Recht keine straflose Selbstanzeige gekannt hätten. Die Sünder haben ihre Sünden also bereits gebeichtet und bleiben deshalb dem staatlichen Beichtstuhl fern.

Zweitens verweist Jud auf die vergleichsweise moderate Steuerbelastung im Kanton Zug. «Der finanzielle Anreiz zur Steuerhinterziehung ist damit vermutlich geringer als in anderen Kantonen mit deutlich höherer Steuerbelastung.» Soll wohl heissen: Ist der Staat fair zu mir, liegt es mir fern, ihn zu bescheissen.

Peter Hegglin spricht ebenfalls von der These, wonach eine tiefe Steuerbelastung die beste Garantin für Steuerehrlichkeit wäre. «Wenn die These stimmt, sollten die Zugerinnen und Zuger dank der tiefen Steuern steuerehrlicher sein», sagt er. Dafür anhand der Daten eine Bestätigung zu sehen, wäre jedoch reine Spekulation, fügt der Finanzdirektor an.

«Die einmalige straflose Selbstanzeige ist gegenüber einer eigentlichen Steueramnestie vorzuziehen.»

Peter Hegglin, Vorsteher der Finanzdirektion im Kanton Zug

Reinen Tisch machen

Guido Jud, der Leiter der Steuerverwaltung, nimmt verhalten Stellung zur kleinen Steueramnestie: «Aus rein praktischer Vollzugssicht kann man festhalten, dass sich das Instrument der Selbstanzeige grundsätzlich bewährt.» Die Verfahren liessen sich rasch und ohne grossen Aufwand abwickeln, erklärt Jud. «Zudem ist die prompte Bezahlung Voraussetzung für die Strafbefreiung, sodass die Steuerverwaltung dem Geld nicht nachrennen muss.»

Dezidierter tritt Hegglin in dieser Frage auf: «Die einmalige straflose Selbstanzeige ist gegenüber einer eigentlichen Steueramnestie vorzuziehen.» Die kleine Steueramnestie biete die Gelegenheit, ein Mal reinen Tisch zu machen, ohne dass sich die Steuerehrlichen übertölpelt vorkommen müssten. Zudem sei eine Befristung nicht zweckmässig, weil der Ruf nach einer eigentlichen Steueramnestie verstärkt ertönen könnte, sagt Hegglin. «Die kleine Steueramnestie belohnt nicht, sondern schafft einen Anreiz, reinen Tisch zu machen.»

Der Staat kann damit nur gewinnen: Zum einen animiert er die Bevölkerung zu Steuerehrlichkeit und füllt mit den Nachsteuern seine Kassen. Zum anderen erspart er sich zeit- und personalaufwendige Steuerfahndungen, die darüber hinaus ohnedies meist aussichtlos sind.

Quo vadis?

Die Laufzeit der kleinen Steueramnestie ist nicht terminiert. Es ist davon auszugehen, dass Steuersünder auch künftig von der kleinen Amnestie Gebrauch machen. Wie sich die Zahlen entwickeln werden, bleibt jedoch ungewiss.

Guido Jud geht von stabilen Verhältnissen aus: «Die Anzahl der Selbstanzeigen dürfte auch künftig etwa auf dem Stand der letzten Jahre bleiben.» Er sieht jedoch ein gewisses Unsicherheitspotential im automatischen Informationsaustausch von Bankdaten mit dem Ausland. «Dies könnte zu vermehrten Selbstanzeigen führen, weil Steuersünder vor den ersten eingehenden Auslandsmeldungen im Jahr 2018 ihr Schwarzvermögen reinwaschen wollen», spekuliert Jud.

Regierungsrat Hegglin wagt keine Vorhersage: «Schon die Interpretation der Vergangenheit ist Spekulation – Prognosen sind es erst recht.» Ob der Abwärtstrend in Zug bestehen bleibt, steht in den Sternen. Oder wie sich Hegglin ausdrückt: «Wir werden sehen, wie es weitergeht.»

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