Pächterwechsel im Restaurant Reussbad

Spitzenkoch schaltet ein paar Gänge runter

Marie-Louise und Raphael Tuor vor dem Restaurant «Reussbad». Momentan sind die Handwerker im Haus.

(Bild: mbe.)

Nächste Woche öffnet das Restaurant Reussbad seine Tore. Nach der mehrmonatigen Renovation nun unter der Führung des Wirte-Ehepaars Raphael und Marie-Louise Tuor. Was ist dran an dem Gerücht, dass in der städtischen Liegenschaft ein Luxusrestaurant geplant ist?

Der Ruf eilt ihnen voraus: Das Ehepaar Tuor führte die letzten zehn Jahre den «Adler» in Nebikon, der vom Gastroführer Gault Millau mit 17 Punkten ausgezeichnet ist (zentral+ berichtete) und ist auch Eigentümer der Liegenschaft. Jetzt also Luzern; ein Lokal in Pacht. Warum? «Wir wollten noch einmal etwas anderes machen. Die letzten 30 Jahre haben wir in der Gourmetgastronomie gearbeitet», sagt Raphael Tuor (49).

Luzern ist für ihn auch ein Heimkommen: Tuor ist im Tribschen-Quartier aufgewachsen; der Name Tuor komme aus Graubünden. Sie ist eine Zugerin und stammt aus der Wirtefamilie Wismer; ihre Eltern führten bis 2004 das Ausflugsrestaurant Breitfeld in Rotkreuz. Beide haben bisher noch nie in der Stadt Luzern gearbeitet.

Jedermann willkommen im «Reussbad»

«Bei uns soll jeder gut essen können», sagt der Spitzenkoch zum geplanten Konzept im «Reussbad». Er tritt damit Gerüchten entgegen, das Ehepaar wolle aus dem «Reussbad» einen Gourmettempel machen. Er wird in der Küche stehen, während seine Frau Marie-Louise den Service leitet. «Ich will auch in Luzern gut und mit hoher Qualität kochen, einfach mit weniger Schnickschnack», sagt Tuor.

Das Wirtepaar betrieb im «Adler» parallel zum Gourmetlokal auch ein «Beizli», hat also nicht nur abgehoben gekocht. In Luzern wird nun eine «Beiz» daraus, mit rund 50 Plätzen und einer Terrasse. «Unser Konzept ist eine Bistro- oder Brasserieküche mit einigen mediterranen Tupfern», sagt der Küchenchef. Ein Tupfer ist zum Beispiel die Bouillabaisse.

Bürgerliche Qualitäts-Küche

Letzter Pächter ging im Streit

Die Liegenschaft des Restaurants Reussbad, neben dem Nölliturm, gehört der Stadt Luzern. Im Erdgeschoss befindet sich die Gaststätte, in den oberen Stockwerken hat es acht Wohnungen. Die letzten 14 Jahre war das Lokal an Peter und Madeleine Schmidt-Bettex verpachtet und hiess «Reussbad las Torres». Dann kündigte die Stadt den Pächtern mit der Begründung, man wolle frischen Wind ins Lokal bringen. Schmidts haben die Kündigung mit einem Anwalt angefochten und erhielten eine Verlängerung bis Ende Januar 2015.

Das Restaurant sei gut gelaufen, die Stammgäste verstünden nicht, warum er aufhören müsse, sagte Peter Schmidt noch im Januar 2015 auf Anfrage von zentral+. Er habe der Stadt in seiner Zeit als Pächter «mindestens 1,5 Millionen Franken» an Pachtzinsen bezahlt und sei enttäuscht über die Art und Weise der Kündigung, sagte er. Zur Kündigung war bei der Stadt wenig Konkretes zu erfahren. Nur soviel: «Es lag nicht an den Qualitäten von Herrn Schmidt als Koch», sagt Stefan Christen, Leiter Finanzliegenschaften-Management der Stadt Luzern.

Ein neugieriger Blick in die Karte, die Webseite ist bereits aufgeschaltet. Die erste Vorspeise weckt heftige Frühlingsgefühle: Spargelsalat mit pochiertem Ei, Buurehamme und Kräutern zu 18.50 Franken. Oder «Reussbad-Brüggli-Vorspeisen», zum Teilen ab zwei Personen, zu 22.50 Franken pro Person. Folgen lassen kann man zum Beispiel den «Tagesfisch» mit Spargeln und neuen Bratkartoffeln (29.50 Franken). Das sind Kostproben der umfangreichen Karte, die auch «Klassiker», ein Mehrgang-Menü, Tagesmenüs und Mittags einen Business-Lunch umfasst.

Einheimische Produkte

Zur Wahl seiner Produkte sagt der Spitzenkoch, einerseits werde er am «wunderbaren Luzerner Wochenmarkt» einkaufen. Daneben hat er regionale und schweizerische Lieferanten: Das Wagyu-Rind stammt von Hohenrain, das Säuli aus dem Appenzellerland, und es wird Bergkartoffeln aus dem Albulatal geben. «Wir möchten ausserdem fangfrische einheimische Fische anbieten, wenn sie verfügbar sind», sagt Tuor. Im Dessertbereich arbeiten die Wirte mit dem Käseaffineur Rolf Beeler aus Nesselnbach zusammen.

Klassiker aus Nebikon mitgebracht

Die neuen Pächter haben ein paar Klassiker von ihrem früheren Wirkungsort mitgebracht, die sie auch im «Reussbad» anbieten wollen. Dazu zählen die Kalbskutteln an einer Champagner- oder Tomatensauce mit Rösti oder Salzkartoffeln. Oder Kalbskopf, Hacktätschli oder Entrecôte mit Pommes Allumettes. Zum Chillen werden ebenfalls Tapas angeboten werden. Die neue Homepage des Lokals, mit der Speisekarte, ist bereits aufgeschaltet.

Momentan wird das Restaurant noch renoviert. Im ehemaligen Säli entsteht eine Vinothek. «Wir haben gute Beziehungen zu Schweizer Winzern», sagt Marie-Louise Tuor. Man werde Tropfen des Luzerner Weinguts Rosenau (Ottiger) probieren können. Weitere Schwerpunkte seien die Bündner Herrschaft, das Tessin und das Wallis.

Zu ihrem Wunschpublikum sagen die Tuors, es solle möglichst breit gefächert sein und natürlich wollen sie die Stadtluzerner ansprechen. Das Restaurant neben dem Nölliturm wird neben den Gastgebern vier Mitarbeiter und einen Koch-Lehrling beschäftigen.

10 Bewerbungen erhalten

Das Lokal gehört der Stadt Luzern (siehe auch Infobox). 2014 habe die Stadt das Lokal in der Tages- und der Fachpresse zur Verpachtung ausgeschrieben, sagt Stefan Christen, Leiter Finanzliegenschaften-Management der Stadt Luzern. «Wir erhielten rund 10 Bewerbungen von interessierten Pächtern.» Ziel der Stadt sei es gewesen, das Reussbad als Speise- und Quartierrestaurant zu erhalten. Das Konzept des Ehepaars Tuor habe die Stadt am meisten überzeugt, das Wirtepaar habe einen guten Namen. Christen sagt weiter: «Tuors bringen auch die nötigen Sicherheiten mit. Wir sind zuversichtlich, mit den neuen Pächtern eine längerfristige Lösung gefunden zu haben.»

Das Speiselokal wird seit Ende Januar umfassend renoviert, vor allem im Küchenbereich gab es Erneuerungsbedarf. «Es ist aber kein Umbau», betont Christen. Zum Kostenrahmen der Renovation dürfe er sich nicht äussern, sagt er, auch den Pachtzins will der Leiter des Finanzliegenschaften-Managements nicht in der Öffentlichkeit kommunizieren. «Er wurde aber nach oben angepasst. Mit dem Einverständnis der neuen Pächter», sagt er. Die Tuors leisten, gemäss eigenen Angaben, ebenfalls einen Beitrag an die Renovation.

Karriere des neuen «Reussbad»-Patrons

Raphael Tuor hat Jahrgang 1966 und besuchte in Meggen und Luzern die Schulen. Nach seiner Kochlehre im Restaurant Rössli in Adligenswil arbeitete er, wie viele ambitionierte Köche, schon früh in ausgezeichneten Restaurants der Zentralschweiz, Zürichs und in Basel und stieg die Karriereleiter empor. In den 1980er-Jahren waren beispielsweise das «Stucki» in Basel (19 Gault-Millau-Punkte), das «Flühgasse» in Zürich, der «Löwen» in Thörigen (BE) seine Arbeitgeber. Von 1992 bis 1994 war Tuor das erste Mal Küchenchef im Restaurant Adler in Nebikon.

1991 heirateten Raphael Tuor und Marie-Louise Wismer aus Rotkreuz. Die beiden haben sich bei der Arbeit kennengelernt. Ab 2000 machten sich die Tuors selbständig: sie führten fünf Jahre das Restaurant Rigi in Greppen. 2005 konnten sie das traditionsreiche Gasthaus Adler in Nebikon erwerben und führten dieses nach eigenen Angaben erfolgreich bis Ende März. Sie suchen immer noch einen Käufer für die Liegenschaft und hoffen, dass der «Adler» als Restaurant erhalten werden kann.

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