Sexuelle Handlungen im Chatroom

Mit Fragen zur BH-Grösse fängt es an

Als junges Mädchen kann ein harmloser Chat schnell unangenehm werden. (Bild: fotalia)

Immer wieder machen Fälle von Kinderpornografie und sexueller Nötigung in Chatrooms Schlagzeilen. Erneut ist in Luzern ein Mann deswegen verurteilt worden. Ein Selbstversuch zeigt: Es tummeln sich viele schwarze Schafe in den Chaträumen.

Diesen Januar wurde in Luzern ein 30-Jähriger wegen sexueller Handlungen mit Kindern verurteilt. Acht junge Mädchen hat der Luzerner zwischen 2010 und 2012 belästigt. Er wurde daher wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern, sexueller Nötigung, verbotener Pornografie und sexueller Belästigung angezeigt und verurteilt. Das bedeutet jedoch nicht, dass er die jungen Mädchen jemals persönlich getroffen oder gar angefasst hat. Denn alle seine Taten geschahen rein virtuell. Trotzdem sind sie strafbar.

Nacktfotos als Druckmittel

Der Verurteilte hatte die Mädchen trotz Kenntnis über das tatsächliche Alter online belästigt und bedroht. Meist begann es in den Chats mit den Forderungen eines Nacktfotos, welche er in vielen Fällen von den jungen Mädchen auch erhielt. Danach erpresste er sie mit diesen und drohte, um weitere Bilder und Videos zu erhalten.

Schaut man sich in Chatrooms um, wird rasch klar, mit wie vielen verbalen Belästigungen ein junges Mädchen bereits nach ein paar Minuten rechnen muss, ohne dieses zu provozieren.

Selbstversuch

zentral+ hat sich unter dem Chatnamen «lina2001» zweimal nachmittags in einem öffentlichen Chat namens «Chatmania» eingeloggt. Es vergeht keine Minute, ohne dass fast ein Dutzend Männer eine erste Nachricht schicken. Rund ein Drittel der Chatpartner reagiert, nachdem sie das Alter erfahren haben, mit einer freundlichen Verabschiedung. Das sei doch etwas zu jung für sie.

Die meisten aber werden nach den ersten Smalltalk-Fragen bezüglich Alter und Wohnort offensiv. Nach fünf Minuten fragt der 26-Jährige, der seine Chatpartnerin für eine 14-Jährige hält: «hesch scho erfahrig?». Ohne Antwort darauf erhalten zu haben, kommt bereits die nächste Frage: «bisch du dominant oder devot?». Als er darauf keine Antwort erhält, löscht er den Chat. Damit ist der eher jüngere Chatpartner an diesem Mittag im Gegensatz zu den folgenden noch sehr anständig.

Ein anderer Chatroombesucher mit dem Chatnamen oldy_gr will nach zwei Minuten wissen, was die 14-Jährige anhabe und was sie darunter trage. Nachdem wir nicht antworten, will er wissen: «tuesch dich denn au öppe achli streichle?» Wir löschen daraufhin den Chat. Nach ein paar Minuten meldet er sich jedoch wieder: «spürsch au öpis wenn d warzeli streichlichsch?»

Drei Standard-Themen

Ein weiterer Chatbesucher fragt sofort, nachdem das Alter geklärt ist, ob die 14-Jährige denn noch Jungfrau sei. Als wir mit einem Ja antworten, will er wissen, ob sie es denn nicht gerne ausprobieren möchte und ob sie sich rasiere. Sie sei doch sicher neugierig. Ein anderer möchte nach zwei Minuten mitteilen, dass er gerade nackt sei. Auch ohne Antwort lassen viele nicht locker. Die Themen «Jungfrau», «Bist du rasiert» und «Hast du einen Freund» tauchen schnell und bei vielen der Chat-Unterhaltungen auf.

Nach solchen Erfahrungen stellt man sich die Frage: Wo liegt eigentlich die Grenze des Legalen in Chatrooms? Wann macht sich jemand strafbar?

Simon Kopp klärt auf: «Die Grenze liegt da, wo jemand zu sexuellen Handlungen aufgefordert wird. Oder wenn jemand unter Täuschung falscher Angaben aufgefordert wird, Bildmaterial von sich senden. Allenfalls können Personen dann mit dem Bildmaterial unter Druck gesetzt werden. Auch das ist strafbar.»

Naivität ausgenutzt

Im Urteil des Falles vom Januar wird erklärt: «Der Beschuldigte nutzte die jugendliche Unsicherheit und Naivität der Mädchen aus, um sich sexuelle Erregung und Befriedigung zu verschaffen.»

Und offenbar werde dieses Ausnutzen im Internet bei den jüngeren Generationen immer einfacher. Es lasse sich heute die Tendenz feststellen, dass es im Rahmen einer Chat-Unterhaltung häufig zum Austausch von Nacktfotos komme und dies vor allem aus der Sicht der jüngeren Generation nichts Schlimmes sei, heisst es im Urteil.

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