Öffentlichkeitsprinzip Luzern und Zug

Noch ist es mit der Transparenz nicht weit her

Das Staatsarchiv des Kanton Luzerns in den 70er Jahren (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Neben dem Bund haben in der Zwischenzeit 19 von 26 Schweizer Kantonen das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt. Damit haben Bürger und Medien im Grundsatz freie Einsicht in die Arbeit der Behörden, sofern die Dokumente nicht als vertraulich eingestuft werden. Zu den fehlenden sieben Kantonen gehören auch Luzern und Zug. Einem davon droht gar der letzte Platz in Sachen Transparenz.

Der gesellschaftliche Wandel manifestiert sich auch im Verhältnis des Bürgers zu seinem Staat. Stimmen für eine erhöhte Transparenz und Kontrolle der Verwaltung wurden immer lauter. Als erster Kanton der Schweiz reagierte Bern. Noch bevor das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung im Jahr 2006 auf Bundesebene eingeführt wurde, hat der Bundeskanton 1993 ein Gesetz über die Information der Bürger erlassen und das Öffentlichkeitsprinzip 1995 in die Kantonsverfassung aufgenommen.

Nach und nach zogen verschiedene Kantone nach, wobei sich die Art des Öffentlichkeitsprinzip jeweils stark unterscheidet: Teilweise ist das Öffentlichkeitsprinzip in der Verfassung verankert oder es ist mittels Gesetzverordnung umgesetzt. Ebenso sind Kombinationen zwischen Verfassung und Gesetzen vorzufinden. Vier von sieben Kantonen, welche das Öffentlichkeitsprinzip noch nicht eingeführt haben, liegen in der Zentralschweiz: Luzern, Zug, Nid- und Obwalden (ebenso noch nicht eingeführt ist es in den Kantonen Appenzell-Innerrhoden, Graubünden und Thurgau).

Im Verlaufe 2014 im Kanton Zug

Von den Zentralschweizer Kantonen sind die Arbeiten an der Gesetzesänderung im Kanton Zug am weitesten fortgeschritten. Laut Michael Siegrist, Juristischer Mitarbeiter der Sicherheitsdirektion des Kanton Zugs, wird «das Gesetz an einer ersten Lesung Ende November behandelt. Wenn alles nach Plan läuft, folgt die zweite Lesung im Janauar 2014. Wir gehen davon aus, dass das Gesetz im Laufe des Jahres 2014 in Kraft treten wird.»

In Zug dürfte der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips eigentlich nichts im Wege stehen. «Im Vernehmlassungsverfahren wurde die Vorlage grossmehrheitlich unterstützt», wie Siegrist erklärt. Auch die vorberatende Kommission des Kantonsrates äusserte sich positiv. Allerdings beantragt sie verschiedene Änderungen, über die der Kantonsrat zu entscheiden hat. In den kommenden zwei Lesungen sind nun vor allem noch diverse Details zu klären. Es geht darum, wo das Öffentlichkeitsprinzip gewisse Einschränkungen erhält. So zum Beispiel beim Umgang mit Dokumenten von parlamentarischen Untersuchungskommissionen (PUK). Laut Siegrist ist bei den Kantonen, welche das Öffentlichkeitsprinzip bereits eingeführt haben, kein einheitlicher Umgang vorzufinden: «Mit Berichten einer PUK gehen die Kantone unterschiedlich um», erklärt er. «Gewisse Kantone schliessen dabei das Öffentlichkeitsprinzip grundsätzlich aus, in anderen sind die Berichte öffentlich zugänglich.» Ebenso zur Diskussion steht, ob das Öffentlichkeitsprinzip auf auch Dokumente angewendet werden darf, welche vor des Inkrafttreten des Gesetztes erstellt wurden. Dies fordert die Fraktion «Alternative – die Grünen Zug», weil sich sonst alles, was vorher ersellt wurde, der Transparenz entziehen würde. Ebenso fordern sie, dass das Verfahren grundsätzlich kostenlos sei.

Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltungen – darum geht’s

Da im Artikel 51 der Bundesverfassung festgehalten ist, dass die Kantone befugt sind, eine eigene Kantonsverfassung zu erlassen und auch die Entscheidungsbefugnis über ihre eigene Organisation haben, ist das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung für die Kantone nicht bindend. Das bedeutet, dass die Kantone selbst befugt sind, ein Öffentlichkeitsprinzip einzuführen und es in seiner Art selbst gestalten können. Dies hat zur Folge, dass sich die Form des Öffentlichkeitsprinzips der 19 Kantone, welche es bereits eingeführt haben, stark unterscheiden.

Allen gemeinsam ist jedoch der Wechsel vom Geheimhaltungsprinzip zum Prinzip der Öffentlichkeit. Damit haben Personen  das Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten.

Je nach Kanton gibt es dabei bestimmte Ausnahmen. So zum Beispiel, wenn Persönlichkeitsrechte verletzt würden oder wenn öffentliche oder private Interessen beeinträchtigt würden. So ist im Kanton Jura der Zugang zu den Dokumenten als Grundrecht in der Verfassung verankert. Entsprechend einfach erfolgt die Aushändigung. Anders im Kanton Appenzell-Ausserrhoden, wo ein berechtigtes Interesse – beispielsweise als Medienschaffender – nachgewiesen werden muss.

Von Kanton zu Kanton gestaltet sich auch der Zugang zu den Dokumenten und deren Gebühren unterschiedlich. Im Kanton Aargau beispielsweise ist die Auskunft gebührenfrei. Sind keine umfangreichen Anonymisierungen nötig, sind lediglich die Kopierkosten zu bezahlen. Im Gegensatz zum Kanton Uri, wo ausser bei telefonischen Anfragen Gebühren anfallen. Auch auf Bundesebene wird in der Regel eine Gebühr erhoben.

Wird einer Person die Aushändigung eines Dokumentes verweigert, führen die meisten Kantone eine Schlichtungsbehörde. Diese entscheidet auf Antrag des Gesuchstellers, ob Einsicht in die Dokumente gewährt wird. Eine solche Schlichtungsstelle existiert ebenfalls auf Bundesebene.

Das nun in Zug zur Debatte stehende Öffentlichkeitsprinzip beinhaltet Grundpfeiler, welche auch bei anderen Kantonen vorzufinden sind. So sollen sämtliche amtlichen Dokumente als öffentlich gelten, die nach Inkrafttreten des Gesetzen erstellt werden. Dies umfasst auch die Protokolle von Sitzungen des Regierungsrates und Kommissionen. Voraussetzung ist, dass das Geschäft, auf das sich das Dokument bezieht, abgeschlossen ist. Anders als die Regierung verlangt die vorberatende Kommission des Kantonsrates, dass für Sitzungsprotokolle einer parlamentarischen Untersuchungskommission PUK eine Sperrfrist von zehn Jahren gilt. Das Zugangsverfahren soll in der Regel kostenlos sein, ausser der Verwaltung entstünde durch ein Gesuch ein erheblicher Aufwand.

Private Organisationen werden dann tangiert, wenn sie aufgrund von Leistungsvereinbarungen öffentliche Aufgaben erfüllen. Dabei können sich sämtliche Personen auf das Öffentlichkeitsprinzip berufen. Einschränkungen sind keine vorgesehen, weder bei der Nationalität noch dem Wohnsitz.

Werden Persönlichkeitsrechte verletzt, sind darin vorkommende Namen zu anonymisieren. Zuständig für die Behandlung von Zugangsbesuchen bleibt die Organisation, welche das Dokument erstellt hat. Zug rechnet nicht damit, dass viele Zugangsgesuche eingereicht werden. Aus diesem Grund möchte man auf die Einrichtung einer Schlichtungsstelle verzichten. Sämtliche Bestimmungen gelten dabei nicht nur für den Kanton Zug, sondern für alle Zuger Gemeinden. Diskutiert werden nun im Kantonsrat Ausnahmen. So zum Beispiel für die öffentlichen Verkehrsbetriebe, da diese in einem Wettbewerb stünden.

Laut Siegrist ist klar, dass das Öffentlichkeitsprinzip im Kanton Zug mittels Gesetz geregelt wird: «Unsere Verfassung bietet uns die Grundlage dazu. Eine Verfassungsänderung ist daher nicht nötig.»

Keine Eile im Kanton Luzern

Während der Kanton Zug mit der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips auf die Zielgerade einläuft, ist im Kanton Luzern die Justiz- und Sicherheitsdirektion daran, die Gesetzesvorlage zu erarbeiten. Dabei stand der Kanton bereits einmal kurz davor, das Öffentlichkeitsprinzip einzuführen: Im Rahmen der Totalrevision der Kantonsverfassung im Jahre 2007 wurde ein entsprechender Artikel erst in die Verfassung aufgenommen, schlussendlich aber aus Besorgnis vor grossem Verwaltungsaufwand und Überforderung der Gemeinden wieder gestrichen.

Mit einer Motion des damaligen Kantonsrates Alain Greter (Grüne Fraktion) wurde das Thema im Jahr 2010 wieder auf das politische Parkett gebracht. Im Januar 2011 hat der Kantonsrat diese Motion als «teilweise erheblich» gutgeheissen. Laut Gregor Zemp, stellvertretender Leiter des Rechtsdienstes des Kantons Luzern, werde der Auftrag, welcher aus der Motion der Grünen entstanden ist, schon seit längerem umgesetzt: «Die Vorlage für die Vernehmlassung ist in Erarbeitung.» Dass mittlerweile mehr als zweieinhalb Jahre seit der Einreichung der Motion vergangen sind, ist für Zemp nicht aussergewöhnlich. «Schliesslich handelt es sich um ein neues Gesetz und keine Einzelbestimmung. Die Dauer des Prozesses liegt auch darin begründet, dass das Öffentlichkeitsprinzip die gesamte Verwaltung betrifft und von grundsätzlicher Bedeutung ist.»

Wann schlussendlich auch in Luzern die Dokumente der Verwaltung dem Öffentlichkeitsprinzip unterliegen, kann Zemp nicht sagen: «Der genaue Zeitpunkt, bis das Gesetz in Kraft tritt, kann bis heute noch nicht genannt werden. Rechnet man mit einem normalen Vernehmlassungsverfahren und Parlamentsberatung, dürfte das sicher noch ein bis eineinhalb Jahre dauern.»
Damit ist es nicht unwahrscheinlich, dass Luzern der letzte Schweizer Kanton sein wird, welcher das Öffentlichkeitsprinzip einführt.

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