Architektur: Salle Modulable

Klotz, Zeughaus oder Berg?

Ein Model des Luzerner Architekturstudents Antony Frank. (Bild: aus der Architekturzeitschrift «Karton»)

Inseli, Motorboothafen oder Theaterplatz: Jeder Standort beeinflusst die Architektur der Salle Modulable. zentral+ hat mit einem Fachmann über das zukünftige Aussehen gerätselt. Klar ist, dass vor allem ein Standort den spektakulärsten Bau zulassen würde.

Die Salle modulable wird nach jahrelangem Hin und Her doch noch Realität. Es soll, ähnlich wie seinerzeit das KKL, ein wegweisendes und prägendes Bauwerk für Luzern werden. Drei Standorte sind für das geplante flexible Musiktheater im Rennen (zentral+ berichtete). Nun wollte zentral+ wissen, wie denn so ein Gebäude am jeweiligen Platz aussehen könnte. Oder besser: Wie stark beeinflusst der Ort die Bauweise? Was ist auf dem Inseli, was am Bootshafen und was beim Luzerner Theater möglich? Der Architekt und Denkmalpfleger Gerold Kunz hat spannende Antworten.

 

Luzerner Theater: Konkurrenz durch Wasserturm und Co.

«Hier treffen zwei Stadtmuster aufeinander», erklärt Kunz. Auf der einen Seite wirkt der Platz mit der Jesuitenkirche mittelalterlich, auf der anderen Seite grenzen funktionale, schnörkellose Bauten an den Platz. Und natürlich das Luzerner Theater. «In den Fünfzigerjahren wollte man auf dem Platz neben dem Theater die ZHB bauen, was aber durch Proteste in der Bevölkerung verhindert wurde», weiss Kunz (zentral+ berichtete). Darum klafft heute eine Lücke zwischen Kirche und Theater.

Einen «Stadtnutzen» habe dieser kleine Platz eigentlich nicht, findet der Architekt. Weiter wünscht er sich die Klärung, wie erhaltenswert das Theater sei – eine Frage, die noch nicht klar beantwortet sei, betont er. Entschliesst man sich, das Gebäude abzubrechen, entstünde ein grosszügiger Platz. Kein Platz für die Salle Modulable? Der Platz an der Reuss ist gemäss Kunz nicht einfach zu bebauen. Durch die prägenden Gebäude – Wasserturm, Kappellbrücke, Rathaus und Jesuitenkirche – ist man von der Höhe her eingegrenzt. Und hier ein weiteres Bauwerk mit Ausstrahlung zu erstellen, ist gar nicht so einfach.  «Die Salle Modulable, die ein Gebäude mit Signalwirkung sein muss, müsste quasi heruntergedimmt werden. Die Problematik gab es damals mit dem KKL ja auch», so Kunz. Dennoch habe es das Gebäude zu Weltruhm gebracht.

Alles Bisherige in den Schatten stellen

Aber schliesslich ist der Kopf ja bekanntlich rund, damit man sein Denken verändern kann. Will heissen: Ist es sakrosankt, dass nicht höher gebaut werden darf? Nicht unbedingt, meint der Denkmalpfleger. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen geändert werden, wenn man tatsächlich weiter gehen und das aus heutiger Sicht Unmögliche möglich machen will.

«Wenn das Theater weg wäre, entsteht endlich ein grosszügiger Platz, der in der Luzerner Altstadt bis heute fehlt.»

Gerold Kunz, Architekt

Anschauungsunterricht gibt das Projekt eines Architekturstudenten (siehe Bild oben): Er hat es gewagt, die Salle Modulable so in die Höhe zu bauen, dass sie alles Bisherige überstrahlt, selbst die Jesuitenkirche. Tut das dem Herz des Denkmalpflegers nicht weh? Nein, meint dieser und gibt sogar zu, dass er von dieser Idee fasziniert sei. «Das Gebäude richtet sich äusserlich an den Wasserturm. Es kommt eigentlich fast bieder daher, ohne Stahl, Glanz und Firlefanz. Interessant ist, dass es aussieht, als habe es sich im Massstab geirrt», führt Kunz aus. Es komme wie ein historisches Zeughaus daher – einfach viel grösser. Damit habe das Haus eine spannende Ausstrahlung.

Allerdings ist Gerold Kunz Vision eine andere: Für ihn müsste der Theaterplatz freigehalten werden. «Wenn das Theater weg wäre, entsteht hier mitten in der Stadt endlich ein grosszügiger Platz, der in der Luzerner Altstadt bis heute fehlt.»

Inseli: Ein Haus wie ein Berg

Beim Standort Inseli bringt Kunz die ursprüngliche Idee des KKL ins Spiel. Jean Nouvel wollte eigentlich einen Konzertsaal bauen, der wie ein Schiff über den See hinausragt. Damals stand so etwas ausser Frage, den See zu überbauen war ein «NoGo». Und heute? «Warum sagt niemand: Wir nehmen diese Idee wieder auf?», fragt Kunz.

Dieses Modell stammt vom amerikanischen Architekturstudent Craig Chowaniec.

Dieses Modell stammt vom amerikanischen Architekturstudent Craig Chowaniec.

(Bild: Aus der Architekturzeitschrift «Karton»)

Das Inseli würde, wenn die Salle Modulable hier gebaut wird, völlig verändert. «Das lauschige Plätzchen würde sicher verschwinden.» Es sei eine Illusion, das Inseli, so, wie es heute ist, zu erhalten. Damit müsste man sich abfinden. Allerdings bestünde – wie bereits erwähnt – die Möglichkeit, beim heutigen Theater einen grosszügigen Platz zu schaffen. Dies würde eine Art «Ersatz» für das Inseli bieten.

Bootshafen: Gigantismus wie in Hamburg

Besser geeignet ist der Bootshafen. Dieser bietet als Standort aus architektonischer Sicht viel. Hier ist Platz, hier sind Freiheiten vorhanden. Hinzu kommt die einmalige Lage direkt am See. Kunz verweist auf einen Projektvorschlag aus den USA, der sehr interessant ist (siehe Bild). «Die Salle Modulable ist hier als ein Gebäude konzipiert, das wie ein Berg aussieht», sagt Kunz. Der Bau hat zahlreiche Rampen und Treppen. Es ist eine Art Haus im Park, die Oberfläche ist begehbar. Gerold Kunz: «Ein künstlicher Berg – wie eine Landschaft.»

«Hier wäre auch eine Bauweise denkbar, die ähnlich wie etwa die Elbphilharmonie in Hamburg aussieht.» Das Gebäude wurde von den Basler Architekten Herozg & de Meuron entworfen. Das 110 Meter hohe Gebäude hat auf einem backsteinernen Fundament einen gläsernen Aufbau mit geschwungener Dachform – ein Gebäude, das zweifellos für Aufsehen sorgt. So etwas wäre auch in Luzern am Bootshafen eine Option, meint Kunz. Allerdings sorgt das noch nicht fertig erstellte Bauwerk wegen der massiven Kostenüberschreitungen für viel Diskussionen in Hamburg.

Oder doch der Kasernenplatz?

Der Denkmalpfleger liebäugelt jedoch mit einer ganz anderen Variante. Sein Lieblingsstandort wäre der Kasernenplatz. Vor rund 10 Jahren war hier ein Projekt des Architekten Valerio Olgiati für einen Neubau der Universität Luzern geplant, ein leicht verdrehter Kubus, der für heftige Diskussionen in der Öffentlichkeit sorgte. «Aber es war ein faszinierender Ansatz», meint Kunz. Zudem wäre der Kasernenplatz ein idealer Ort für die Salle Modulable. «Hier hätte man die maximale Wirkung. Das Bauwerk könnte rundherum ausstrahlen und würde ein ganzes Stadtquartier verändern.» Zudem sei der Kasernenplatz ohnehin ein «verlorener» Platz, der in seiner heutigen Form vor allem ein Verkehrsknotenpunkt sei.

«Am Kasernenplatz hätte man die maximale Wirkung. Das Bauwerk könnte rundherum ausstrahlen und würde ein ganzes Stadtquartier verändern.»

Gerold Kunz, Denkmalpfleger

Der Umbau des Kasernenplatzes wäre für Luzern eine Chance – hier könnte ein weiterer bedeutender städtebaulicher Akzent gesetzt werden, ist Kunz überzeugt.

Ob diese Idee allerdings in der Öffentlichkeit eine Chance hat, ist zu bezweifeln. Zu sehr scheint man bereits auf die drei Standorte fixiert zu sein. Sicher ist, dass die Salle Modulable, wohin auch immer sie dereinst zu stehen kommt, Luzern die Möglichkeit bietet, architektonisch und städtebaulich für Furore zu sorgen.

So sah das Uni-Projekt vor rund 10 Jahren am Kasernenplatz aus. Warum nicht eine Salle Modulable an diesem Standort?

So sah das Uni-Projekt vor rund 10 Jahren am Kasernenplatz aus. Warum nicht eine Salle Modulable an diesem Standort?

(Bild: zvg)

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Stefan Graf
    Stefan Graf, 11.04.2015, 15:15 Uhr

    Ich schlage vor das neue Theater mit dem Musegg-Parking in den Musegg-Hügel zu vergraben !
    Das schafft viele Vorteile:
    Kein oberflächliches Theater mehr in Luzern ! Musicals mit Tiefe !
    Genügend Parkplätze fürs Theater.
    Keine Lärmprobleme.
    Das alte Theater kann während der Bauzeit weiter betrieben werden. Das Inseli kann weiterleben.
    Das neue “Gebäude” kann beliebig gross gebaut werden, auch in Etappen oder eben Modular.
    Auf den ArchitekturWettbewerb kann verzichtet werden, jede Tiefbaufirma kann das Projekt abwickeln.
    Das Projekt selbst wird so zur Kunstinstallation: wie lässt sich das Verlochen der Betriebskosten besser visualisieren ?
    Das wird Luzern in die Schlagzeilen bringen!
    KBL = Kultur Bunker Luzern

    Eine neue Dimension des Theaters … mindestens für die Politiker …und die Steuerzahler 🙂

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  • Profilfoto von yerba
    yerba, 07.04.2015, 23:12 Uhr

    DAS wäre eine Wohltat! Das kitschige, unpraktische und niemals rentabel zu betreibende Objekt könnte doch einem öffentlichen Ort weichen. Als Ersatz des «Gütsch» könnte dann über dem Motorboothafen ein Hotel entstehen.

    Grüsse, Peter Hunkeler

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