Rasante Entwicklung im Weinanbau

Luzern lässt alte Weintradition wieder aufleben

Markus Reinhard bewirtschaftet das einzige städtische Weingut. Aktuell schneidet er die rund 2'000 Reben zurecht. (Bild: Sandro Portmann)

Seit Jahren wird die Rebfläche im Kanton Luzern grösser und grösser. Immer mehr Landwirtschaftsbetrieben bietet der Weinbau eine Einnahmequelle. Denn auch von der Qualität her kann der edle Tropfen aus Luzern mithalten. Doch lohnt sich das auch finanziell?

An den ersten eigenen Wein erinnert sich Markus Reinhard genau. Das war im Jahr 2010. Nach zwei Jahren konnten er und seine Frau Monika die erste Flasche in ihren Händen halten. «Das war ein emotionaler Moment», sagt Markus Reinhard heute. Die leere Flasche hat er in seinem Weinkeller aufbewahrt. Mit dem kleinen Weingut Seeburg an der Grenze zu Meggen betreiben die beiden das einzige städtische Weingut. Und das Potenzial für den Weinbau im Kanton sei noch gross. «Es werden mehr Schweine gezüchtet als Weinflaschen produziert. Dabei entspricht Wein aus der Region Luzern einem Bedürfnis», ist er überzeugt.

Rebfläche im Kanton wächst rasant

Tatsächlich gewinnt der Weinbau in Luzern immer mehr an Bedeutung. Die Meldungen zur Weinlese im Kanton Luzern übertrumpfen sich Jahr für Jahr: «Rekordernte», heisst es etwa in der Mitteilung zum Jahrgang 2013. 301 Tonnen Wein wurden produziert. Zum Vergleich: 2012 waren es noch 274 Tonnen. Der Jahrgang 2014 dürfte dies wiederum toppen. «Die ersten Flaschen des Jahrgangs 2014 sind abgefüllt. Es wird ein toller Jahrgang», sagt Beat Felder, Verantwortlicher Rebbau des Kantons.

Auf der Webseite der Dienststelle steht: «Der Weinbau gehört zu den am stärksten wachsenden Agrarbereichen des Kantons Luzern.» Heute bietet der Wein für 36 Landwirtschaftsbetriebe im Kanton eine wesentliche Einnahmequelle. Die Rebfläche im Kanton beträgt 55 Hektaren. Damit hat sich die Fläche in den vergangenen 15 Jahren beinahe verdoppelt (siehe Grafik).

Luzern kann sich mit dem Wallis messen – manchmal

«Der eigentliche Boom setzte vor 15 Jahren ein», weiss Felder. Wie er sagt, habe die rasante Entwicklung verschiedene Gründe. «Etwa die Temperaturen, die weiter ansteigen, die Vegetation – das heisst die Zeit der Traubenreife wird verlängert – das Wissen und die Ausbildung werden immer besser, ebenso die Technologie.» Muss sich das Wallis als grösste Schweizer Weinregion nun vor Luzern fürchten? Felder verneint.

«Mit dem Wallis wollen wir uns nicht vergleichen. Die Weine Petit Arvine, Cornalin, Syrah oder Merlot verkörpern dort Weltklasse», sagt Felder. Dennoch müsse sich der Luzerner Wein vor dem grossen Wallis nicht verstecken. «Ich denke, dass Weine mit wenig Säure, viel Alkohol oder viel Restsüsse an Akzeptanz verlieren. Hier liegt der Vorteil des Kantons.»

«Bei den harmonischen Weinen sind wir Klasse, manchmal auch Weltklasse.»

Beat Felder, Dienststelle Spezialkulturen des Kantons Luzern

Luzerner Weine passen besonders zum Apéro, zu Vorspeisen oder zu Fisch. In diesem Bereich punkten die regionalen Weine bei Prämierungen regelmässig. «Bei den harmonischen Weinen sind wir Klasse, manchmal auch Weltklasse», sagt Felder zur Qualität. Das beschränke sich aber auf gewisse Sorten. Denn nicht jede Sorte gedeiht in Luzern auch prächtig. «Mit den wuchtigen und zum Teil zu üppigen Weinen aus den südlichen und trockenen Gefilden können unsere Produkte nicht verglichen werden. Es sind ganz andere Weintypen», so Felder.

Hoher Rohertrag im Weinbau

Dabei kann sich ein Umstieg zum Weinbauer tatsächlich auch finanziell lohnen. «In keiner anderen Spezialkultur ist der Rohertrag so hoch wie im Rebbau», weiss Felder. Nicht nur die Menge sei gestiegen, auch die Weinpreise. Allerdings lohnt sich der Umstieg von der traditionellen Landwirtschaft nicht in jedem Fall. «Nur wenn die klimatischen Bedingungen, der Boden, die Neigung der Parzelle und die Strukturen auf dem Betrieb stimmen», sagt Felder und ergänzt. «Weinbau ist Leidenschaft. Jeder Produzent muss auch ein guter Verkäufer sein und die notwendigen Emotionen mitliefern. Es wartet heute kein Kunde mehr auf neue Anbieter.»

Bald Engpässe beim städtischen Winzer

Das Prädikat «Weinbauer aus Leidenschaft» könnte an Markus Reinhard überreicht werden. Ihm steht eine Rekordernte bevor. Gegen 3’000 Flaschen Wein kann der Winzer schon bald in seinen Händen halten. Und er kann es kaum erwarten. Denn sein Vorrat aus den Vorjahren schwindet. «Der Jahrgang 2012 ist ausverkauft. Und die Nachfrage nach dem 2013 ist gross», sagt Reinhard «Ich bin froh, kommt der Jahrgang 2014 schon bald.» Es läuft gut beim einzigen städtischen Weingut. Hoch über der Stadt, an der Grenze zu Meggen, hegen und pflegen Monika und Markus Reinhard rund 2’000 Rebstöcke auf einer Fläche von 0,5 Hektaren. Daneben grasen schottische Hochlandrinder. Den Mist verwenden die Reinhards zugleich als Dünger für die Reben.

Drei Jahre ohne Erträge

Mit dem Weingut haben sich die beiden einen Traum erfüllt. Finanziell ausgezahlt hat sich das bisher aber noch nicht. Im Gegenteil: «Am Anfang stehen grosse Investitionen an. Die ersten drei Jahre gibt es viel Arbeit, aber keinen Ertrag», erklärt Reinhard. Er schätzt, dass nach zehn Jahren die Investitionen wieder reingeholt sein dürften. «Das Ziel ist, dass sich der Weinbau selber trägt, und wir am Ende nicht drauflegen», so Reinhard. Das sei zwar im Moment noch nicht der Fall, aber man sei auf gutem Weg dorthin.

Von seinem Wohnzimmer blickt Reinhard auf seinen kleinen Rebberg. «Das gibt mir viel Energie zurück», sagt er. Denn trotz aller Freude und Leidenschaft: Die Pflege der Reben ist auch sehr zeitaufwändig. Aktuell muss Reinhard die 2’000 Reben schneiden, damit sie richtig wachsen. Bei der Pflege verzichtet er auf Pestizide. Chemie setzt er bei seinem Biowein bewusst keine ein. Dafür hat er mit Solaris und Johanniter zwei resistente Weine ausgesucht. Beides sind Weissweine.

Gold für Stadtluzerner Wein

Der Wein aus dem Seeburghof muss sich nicht verstecken. Qualitativ kann er international mithalten. 2012 hat der Solaris von den Reinhards an einer internationalen Bioprämierung die Goldmedaille geholt. Der Cuvée Blanche 2013 wurde mit dem Silberprädikat ausgezeichnet. Der Solaris 2014 weist einen Oechslegrad von 101 auf. «Das verspricht wiederum beste Qualität zu werden», freut sich Reinhard.

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