Zu Besuch im «Gelben Haus»

Am Puls der Luzerner Kunst

Im Treppenhaus erhält man einen Überblick über das kulturelle Treiben der Stadt Luzern. (Bild: jav)

In 15 Räumen wohnen, arbeiten und experimentieren im Gelben Haus Künstler und Kulturschaffende Tag und Nacht. zentral+ hat diese Mischung aus WG und künstlerischer Ateliergemeinschaft besucht. Einen kompletten Überblick konnten wir in diesem kreativen, lebendigen Haus unmöglich bekommen. Aber das fällt manchmal selbst den langjährigen Bewohnern schwer.

Die Sonne scheint, Schnee liegt rund um das Gelbe Haus am Luzerner Reussport. Aus dem Küchenfenster tönen Musik und Gespräche. Hinein geht es durch das bunt-plakatierte Treppenhaus – drinnen riecht es nach grünem Tee. Es ist hell und gross in den Räumen des alten Hauses, welches Anfang Februar aus den Händen des Kantons in die der Stiftung Gelbes Haus wechselte (zentral+berichtete exklusiv).

Heute sei es relativ ruhig, sagt Roland Bucher, der seit einem halben Jahr im gelben Haus zuhause ist. Wir setzen uns ins Wohnzimmer. Die eine Wand ist mit alten Landkarten tapeziert, an der Decke hängt eine Deko aus Weihnachtskugeln und Kugelfisch. Bucher, Schlagzeuger von «Blind Butcher», kannte bereits einige der Bewohner, bevor er hier einzog. «Es hat sich eigentlich alles ideal ergeben», so Bucher.

Die Proben seiner Band finden jedoch an einem anderen Ort statt. «Würde ich hier stundenlang Schlagzeug üben, wäre die Stimmung beim Zeichnen im Zimmer nebenan wohl irgendwann nicht mehr ideal», amüsiert er sich. Der 38-jährige Musiker sei langsam im Haus angekommen. «Diese Wohnsituation ist genial. Es findet ein guter und bereichernder Austausch statt.» Und auch auf der persönlichen Ebene passe es. «Es ist wie eine grosse Familie.» Es würden sich auch oftmals Zusammenarbeiten unter den Künstlern im Haus ergeben. «Man kann mit einer Idee nur zwei Türen weiterlaufen, um einen neuen Input zu erhalten oder eine Ergänzung zu finden», schwärmt Bucher.

Hamburg, Luzern, Paris

Ein paar Türen weiter sitzt Esther Leupi gerade an einer Zeichnung. Das Atelier der Künstlerin ist sonnendurchflutet, ein Tee steht auf ihrem grossen Arbeitstisch. «Das Licht und die Aussicht sind toll. Ich geniesse es sehr.» 2009, nach ihrem Studium in Hamburg, hat sie sich im Gelben Haus eingerichtet. Gerade arbeitet sie an neuen Zeichnungen. Im Herbst wird sie für drei Monate in Paris arbeiten können. In dieser Zeit werde sie ihr Atelier auch untervermieten. «Das Ziel ist es, dass die Räume nicht ungenutzt da stehen.» In den letzten Jahren sei die Zusammensetzung trotzdem relativ konstant gewesen. «Es ist sehr familiär und gleichzeitig sehr offen im Haus», eklärt Leupi.

«Es läuft so viel in diesem Haus, da kann man auch mal etwas verpassen.»
Rahel Steiner, Illustratorin und Musikerin

Draussen plötzlich Trubel. Der Grill wird vom Balkon auf den Gartensitzplatz abgeseilt. Es wird gelacht und jeder mischt sich ein. Leupi steht auf dem Balkon ihres Ateliers und lächelt. «Ich bin eher ein stiller Schaffer», sagt sie. Doch auch das sei im Haus kein Problem – jedem das seine. Und wenn man Gesellschaft möchte, dann sei bestimmt immer jemand da. Auch wenn sie jemanden brauche, um eine zweite Meinung einzuholen.

Bereichernde Zwischenstation

Luca Pitsch, bildender Künstler aus Bern, macht gerade Mittagspause und kocht Couscous in der farbenfrohen Küche. Erst seit letztem September nutzt er ein Atelier im Gelben Haus, wohnen tut er in der Nähe. Er sei glücklicherweise reingerutscht in das Projekt, als Reto Leuthold in Chicago war und er sich in dieser Zeit in dessen Atelier einmieten konnte. Der 24-Jährige hat im vergangenen Sommer in Luzern den Bachelor in Kunst und Vermittlung abgeschlossen und wird im nächsten Sommer voraussichtlich den Master in Bern beginnen. Dazwischen nutzt er die Chance, ein Jahr im Gelben Haus arbeiten zu können.

«Es ist der ideale Ort für mich nach dem Studiumabschluss. Der Austausch mit Leuten, die auch künstlerisch arbeiten, jedoch bereits mehr Erfahrung mitbringen, ist für mich sehr bereichernd.» Durch den Austausch und die lockere Stimmung ergäbe sich ein produktives und kreatives Arbeitsumfeld. Ausserdem könne er durch sein Atelier im Gelben Haus auch sein Netzwerk erweitern.

Immer wieder neue Gesichter

Wir klopfen an die Zimmertür mit der Nummer 17. Rahel Steiner sitzt dahinter gerade an einem Songtext. Sie ist «eine von den Älteren im Haus», wie sie selbst sagt. Seit sieben Jahren wohnt und arbeitet die Musikerin und Illustratorin aus Solothurn im Gelben Haus. «Ich bin aber sehr oft unterwegs», so Steiner. So passiere es ihr manchmal auch, dass sie Wechsel im Haus verpasse und plötzlich in der Küche auf neue Gesichter stosse. Es haben sich auch immer wieder Zusammenarbeiten im Haus ergeben. «Es gab musikalische Projekte, gemeinsame Ausstellungen, Experimente und Gastauftritte», zählt Steiner auf.

«Es läuft so viel in diesem Haus, da kann man auch mal etwas verpassen», lacht die 33-Jährige. Doch gerade diese Vielfältigkeit und Dynamik mache das Haus aus.

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