Über das teure Amt des Zunftmeisters

An der Fasnacht regiert der Geldadel

Aufmerksamkeit und Ruhm sind dem Fritschivater gewiss. Ebenso wie hohe Spesen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Monarchie ist in der Schweiz inexistent. Das könnte man jedenfalls meinen. Denn geht es um die Fasnacht, ist das Zepter nach wie vor schwer in Mode. Wer zum Zunftmeister, zum Prinzen oder Räbevater gekürt wird, dem gebührt Ruhm und Ehre. Doch die grosszügige Huldigung ist nicht gratis. Manche Fasnachtsoberhäupter müssen sogar richtig tief in die Tasche greifen.

Es scheint für Fasnächtler keine grössere Anerkennung zu geben, als die Wahl zum Fasnachtsoberhaupt. Die Lorbeeren haben jedoch ihren Preis. Zunftmeister zu werden ist nämlich in vielen Fällen eine teure Angelegenheit. Doch genau so ungern, wie man in den Zünften über Frauenquoten redet (zentral+ berichtete), redet man über Finanzen.

So auch bei der Krienser Galli-Zunft. «Wir reden grundsätzlich nicht über Geld», erklärt der Zunftmeister René Hug. Dennoch gibt er eine Einschätzung darüber ab, wie viel der sogenannte «Gallivater» während seines Amtsjahres für die Fasnacht springen lasse. «Es handelt sich in etwa um den Betrag, den man für einen besseren Mittelklassewagen zahlt.» Ganz zu vergleichen sei es dennoch nicht, so Hug weiter. Denn die Kosten, die für den Gallivater anfallen, würden häppchenweise übers ganze Jahr verteilt bezahlt und nicht auf einmal.

Und wo fliesst dieses Geld hauptsächlich hin? Hug erklärt: «Der grösste Posten, den der Gallivater zu übernehmen hat, ist die Bescherungsfahrt. Dann kommen auch Einladungen dazu und Kleider.»

Profitgier stösst sauer auf

Fast ausschliesslich werden selbstständig Erwerbende zum Gallivater gekürt. Dies einerseits, da der Zeitaufwand für das Zunftoberhaupt während der Amtszeit sehr hoch ist, anderseits auch, da sich der Gewählte den Posten leisten können muss.

Da liegt es nahe zu glauben, dass Zunftmitglieder das Amt vor allem deswegen annehmen, da es ihnen als Werbeplattform dient. Von diesen Beweggründen hält Hug jedoch nichts: «Es gibt Leute, die mit diesem Motiv Schiffbruch erlitten haben.» Nehme jemand das Amt nicht wegen der Zunft oder aus persönlichen Gründen an, sondern nur, um geschäftlich zu profitieren, stosse das sowohl den Zünftlern als auch den Geschäftsleuten sauer auf.

Bei der Luzerner «Zunft zu Safran» sind die Kosten sogar deutlich höher als bei der Galli-Zunft. In verschiedenen Medien war letzthin von 100’000 Franken die Rede. Thomas Bucher, Zunftmeister der «Zunft zu Safran» dementiert diese Summe. Doch auch dort will man keine Zahlen nennen. Bucher erklärt: «Es ist klar, dass es etwas Weniges kostet, aber der primäre Aufwand, den der Fritschivater trägt, ist vielmehr zeitlicher denn finanzieller Natur.» Wie auch in der Galli-Zunft zählen die Bescherungstouren zu den grössten Kostenpunkten für den Fritschivater. «Wir gehen bei verschiedenen Alters- und Kinderheimen vorbei und jede Person erhält von uns ein Geschenk. Das sind insgesamt gegen 1’000 Geschenke.» Bucher, der ein eigenes Möbelgeschäft betreibt, habe das Amt des Fritschivaters keinesfalls angenommen, um berufliche Vorteile zu generieren.

«Der Räbevater gibt während seiner Amtszeit etwa 50’000 Franken aus.»

Erich Hug, Obmann der Baarer Räbevater-Gilde

«Es ist ein Amt, das grosse Ehre mit sich bringt. Und für jedes Mitglied der Zunft zu Safran ist es keine Frage, dass er ein solches Amt übernehmen würde.» Trotzdem bekennt Bucher: «Natürlich ist der Bekanntheitsgrad meiner Person durch die Medienberichterstattung gestiegen, das ist ganz klar. Doch es ist schwierig zu erfassen, wie sich das auf mein Geschäft auswirkt. Das kann man nicht in Franken und Rappen messen. Sicher profitiere ich nun von einem vergrösserten Netzwerk, doch dieser Aspekt steht sicher nicht im Vordergrund.»

Kleine Ausgaben, die sich summieren

Im Kanton Zug ist die Fasnacht weit kleiner als jene in Luzern. Trotzdem haben Ruhm und Ehre auch hier ihren Preis. Der Baarer «Räbevater» ist der Repräsentant der grössten Fasnacht im Kanton. Erich Hug, der Obmann der Räbevater-Gilde, scheut sich nicht davor, klare Zahlen zu nennen. «Der Räbevater gibt während seiner Amtszeit etwa 50’000 Franken aus», erklärt Hug, und präzisiert: «Damit wird ein professioneller Fotograf und ein Filmer bezahlt, das geht ziemlich ins Geld. Dann müssen Kleider gemacht werden für Räbevater und -mutter, dazu kommen Besuche in Altersheimen und Blindenschulen, bei denen der Räbevater immer etwas mitbringt. Weiter muss er die Dekoration für die Inthronisation organisieren und das Abendessen.» Ebenfalls sei nicht zu vergessen, dass der Räbevater einen ganzen Hofstaat bei sich habe, insgesamt zwölf Personen, für deren Verköstigung er ebenfalls zuständig sei während der Fasnacht.

 «Es ist ähnlich, wie wenn ich in Afrika Brunnen bauen würde. Das würde ich auch nicht des Geldes wegen machen.»

René Tomic, Pneuhändler und ehemaliger Räbevater

50’000 Franken sind ein stolzer Preis. Was verspricht man sich davon? Der Pneuhändler René Tomic war 2013 Räbevater. Hat er das Amt unter anderem wegen des Werbeeffekts angenommen? Er lacht und sagt: «Ich bin in Baar bekannt wie ein bunter Hund. Nur weil ich Räbevater war, verkaufe ich nicht mehr Pneus. Das ist ein Ehrenamt. Ähnlich, wie wenn ich in Afrika Brunnen bauen würde. Das würde ich auch nicht des Geldes wegen machen.»

Ach wenn es doch nur Geldregen wär: Das Amt des Fritschivaters ist teuer.

Ach wenn es doch nur Geldregen wär: Das Amt des Fritschivaters ist teuer.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Diese Ansicht teilt der Baarer Weinhändler Xaver Utiger, der 2008 Räbevater war. «Für mich war es ganz klar, dass ich als Ur-Baarer dieses Ehrenamt übernehme», erklärt er. «Räbevater zu sein ist ein Erlebnis, dass mir das ganze Leben lang bleiben wird. Eine wunderbare Erinnerung.» Auch für Utiger sei der Werbeeffekt des Amtes nur von geringer Bedeutung, da er schon zuvor bekannt gewesen sei.

Ein Sprungbrett in die Politkarriere?

Nicht nur Geschäftsleute, sondern auch viele Politiker finden sich in den Dynastien der Zünfte und Gesellschaften. Der Luzerner Ständerat George Theiler und der Kantonsrat Damian Hunkeler waren beide Fritschivater, der Stadtzuger Bauvorsteher André Wicki hatte 2012 das Amt des Letzibuzäli-Prinzen inne und der ehemalige Räbevater Beat Villiger ist heute Regierungsrat in Zug. Dient die Fasnacht als Sprungbrett für die Politkarriere? «Davon bin ich nicht überzeugt. Man könnte das Geld auch einfach in eine gute Werbekampagne inverstieren. Aber auch hier gilt wahrscheinlich: ‹Nützt’s nüüt, so schadt’s nüüd.›»

Die These bestätigt Räbevater-Obmann Erich Hug: «Ja, sicher gibt es Kandidaten, die das Amt der Plattform wegen annehmen. Einerseits Unternehmer, aber auch Politiker. Das gehört quasi dann zum Wahlkampf und kann Vorteile bringen. Dennoch ist das sicher nie der einzige Grund, warum jemand ein solches Amt ausübt. Man muss es wirklich wollen.»

 

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