Frauen sind kaum am Drücker

Ist die Fasnacht immun gegen die Genderfrage?

So viel zu lachen haben sie eigentlich gar nicht, die Frauen an der Fasnacht. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Prinzen, Väter und Meister. Die Luzerner und Zuger Fasnacht werden zu einem grossen Teil von Männern regiert und repräsentiert. An einigen, auch unerwarteten Orten, beginnen diese Traditionen langsam zu bröckeln. Grundsätzlich jedoch gilt nach wie vor: «It’s a man’s world.»

Die Fasnachtsgesellschaften mögen es nicht, das Frauenthema. Wollen nicht daran aufgehängt werden, dass es nun mal viel weniger weibliche Fasnachtsvertreter gibt als männliche. Denn das ist Fakt und «ist schon immer so gewesen».

Streift man durch die Webseiten der Fasnachtsgesellschaften und –Zünfte, ist es nicht zu übersehen. In allen Gruppierungen sind die Männer in der Überzahl, wenn es sich nicht gar um reine Männervereine handelt.

Die Stadtluzerner Gruppen «Wey-Zunft», «Fidelis Lucernensis», die Maskenliebhaber-Gesellschaft und die «Zunft zu Safran» sind alles ausschliessliche Männerzünfte. Auch die Zuger Letzibuzäli-Zunft hat jährlich nur Platz für einen Prinzen, aber keine Prinzessin.

Es werden einzig Traditionen befolgt

Die Baarer Fasnachtsgesellschaft zählt zwar vier Frauen im Vorstand, doch Fasnachtsrepräsentantin dürfen sie nicht  werden. Das Amt des «Räbenvaters» ist demnach nur den Männern vorbehalten. Eine Räbenmutter gibt es zwar, sie ist jedoch niemals Hauptprotagonistin, sondern stets nur Begleiterin des Mannes. Der Präsident der Baarer Fasnachtsgesellschaft, Reto Herger, erklärt, dass die reine Männerlinie  einzig mit dem Befolgen von Traditionen zu tun habe und so in den Statuten verankert sei.

«Wir als Fasnachtsgesellschaft grenzen Frauen nicht aus, wie dies beispielsweise gewisse Basler Cliquen machen.»

Reto Herger, Präsident der Fasnachtsgesellschaft Baar

Dennoch wehrt sich Herger gegen die Annahme, die Baarer Fasnacht sei eine reine Männerangelegenheit. «Das ist meiner Meinung nach eine Unterstellung. Wir als Fasnachtsgesellschaft grenzen Frauen nicht aus, wie dies beispielsweise gewisse Basler Cliquen machen.» Deshalb wolle sich Herger auch nicht auf eine Quotendiskussion einlassen. Zur schönen Tradition der Baarer Räbefasnacht gehörten nun mal die alten Bräuche und Reglementarien.

Die Bräuche beginnen zu bröckeln

Ähnlich argumentiert man bei der Luzerner Maskenliebhaber-Gesellschaft. «Unsere Bruderschaft wurde 1819 gegründet. Wir haben unsere Frauen zwar über alles gern, dennoch sind sie nicht Teil dieser Gesellschaft. Trotzdem gibt es Anlässe, an denen auch sie willkommen sind,» sagt Bernhard Matter, der Präsident der Maskenliebhaber-Gesellschaft. Zur Debatte gestanden sei es nie, dass auch Frauen aufgenommen werden sollen. «Zusammen mit den Ehrenmitgliedern sind wir 140 Mitglieder. Die Situation ist deshalb nicht so bedrohlich, als dass wir nun zwingend auf neue Mitglieder angewiesen wären.»

Nicht alle Gesellschaften erfreuen sich jedoch solch grosser Nachfrage. Und dies ist mitunter ein Grund, warum die alten Bräuche mehr und mehr zu bröckeln beginnen. Denn finden die Zünfte keine männlichen Nachkommen mehr, werden die Statuten gerne auch mal geändert.

Eine finanzielle Frage

So etwa bei der «Zunft zur Emme». Die derzeitige Zunftmeisterin Sandra Krummenacher sagt dazu: «Einige reine Männergruppen argumentieren damit, dass ohne Frauen keine Liebeleien entstünden, welche die Situationen verkomplizieren können.» Sie selber stört sich jedoch nicht daran, dass es diese reinen Männerzünfte noch immer gibt. «Sie tolerieren ja auch, dass sich unsere Zunft diesbezüglich geöffnet hat. Da ist es nur fair, wenn ich ihnen ihre Ansichten ebenfalls lasse.»

«Dass bisher keine Frau je Zunftmeisterin war, liegt bestimmt auch daran, dass es eine finanzielle Frage ist.»

Cornelia Nussbaum, erste weibliche Zunftmeisterin der Fröschenzunft Inwil

Im Kanton Zug ist es dieses Jahr die Fröschenzunft, die zum ersten Mal eine Frau zur Zunftmeisterin erkoren hat. Cornelia Nussbaum fühlt sich zutiefst geehrt darüber. Sagt jedoch: «Soweit ich weiss wurden schon zuerst verschiedene Männer angefragt. Dass bisher keine Frau je Zunftmeisterin war, liegt wohl einerseits an den Traditionen, doch anderseits auch daran, dass es eine finanzielle Frage ist. Zudem ist es eine Zeitfrage. Ich opfere für X Anlässe meine Freizeit und muss frei nehmen. Das geht nur, weil ich eine eigene Firma habe.»

«Bei uns ist es halt offener und lockerer»

Häufig sind es also auch finanzielle Aspekte, die den Beschluss der Komitees mitprägen. Denn das Amt des Fasnachtsvertreters ist häufig mit Kosten im fünfstelligen Bereich verbunden. Mitunter wahrscheinlich ein Grund, warum Frauen kaum Chancen auf eine Wahl hatten.

In Steinhausen will man dem Kriterium Geld bewusst nur wenig Platz einräumen. «Unser Credo war schon immer, dass das Budget so tief ist, dass auch eine Privatperson das Amt des Steinvaters oder der Steinmutter übernehmen kann», sagt Andreas Trüssel vom Vorstand der «Steingrinde». Entsprechend zeigt ein Blick in die Ahnengalerie, dass seit 1985 acht Frauen zu Steinmütter erkoren wurden. «Bei uns ist halt alles etwas offener und lockerer als beispielsweise bei der Baarer Fasnacht», erklärt  Trüssel weiter.

Und dann gibt es noch Gesellschaften, die es elegant vermeiden, ins geschlechterspezifische Kreuzfeuer zu geraten. So beispielsweise die Hünenberger «Eiche-Zunft», die jährlich einen Eiche-Mann und eine Eiche-Frau wählt, die einander ebenbürtig sind.

Ein Thema, das keins ist?

Klar ist: Frauen sind in Sachen Luzerner und Zuger Fasnacht stark in der Unterzahl. Sowohl in den Vorständen wie auch als Repräsentantinnen.

Gleichzeitig ist das Bestreben, den Ist-Zustand zu verändern, sowohl auf Seite der Männer als Frauen, äusserst gering. Es scheint ein Thema zu sein, das gar keines ist. Vielleicht liegt es daran, dass die traditionellen Mauern noch immer zu starr sind, dass daran gerüttelt werden könnte. Und vielleicht gibt es auch einfach Bereiche im Leben, die immun sind gegen Genderfragen.  

 

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