FDP-Motion zu Sperrkonten bei NFA-Geldern

Stark kritisiert und doch überwiesen

Zu viel fliesst raus, zu wenig rein: Jetzt will die Zuger FDP ein Exempel statuieren. (Bild: Emmanuel Ammon/AURA)

Der Kanton wird geschröpft. Dieser Ansicht ist die Zuger FDP-Fraktion. Zug diene mit überhöhten Zahlungen an den Nationalen Finanzausgleich zwar als Milchkuh, bekomme aber zu wenig vom Bund zurück. Und das sei gesetzeswidrig. Eine entsprechende, rebellische Motion hat der Zuger Kantonsrat heute der Regierung überwiesen. Auch wenn sie bei vielen für Kopfschütteln sorgte.

Die Zuger FDP-Fraktion fühlt sich ungehört und begehrt mit einer Motion gegen den Bund auf. Darin fordert sie, dass ein Teil des Geldes, das der Kanton an den Nationalen Finanzausgleich (NFA) zahlt, auf ein Sperrkonto überwiesen wird. In der Kantonsratssitzung sorgte das Thema bei den Linken für Kopfschütteln.

Er sei eigentlich ein Liberaler, sagt SP-Kantonsrat Alois Gössi, und würde jede Motion dem Regierungsrat überweisen, egal wie abwegig. «Aber bei dieser Motion stelle ich den Antrag auf Nichtüberweisung. Sie alle haben geschworen, die Kantons- und Bundesgesetze zu achten. Mit dieser FDP-Motion sollen wir nun das Bundesgesetz brechen und einen Teil der geschuldeten Steuern nicht abliefern.»

Ungehorsam sei ihm schon sympathisch, sagt Stefan Gisler von den Alternativen – die Grünen. «Aber Sie müssen sich bewusst werden, welche Botschaft Sie mit dieser Motion aussenden. Künftig können sich alle Unzufriedenen auf den Kantonsrat berufen, wenn sie ihre Steuern nicht bezahlen wollen.» Wenn etwa nach einem möglichen Ja zum Stadttunnel die unzufriedenen Autofahrer ihre Motorfahrzeugsteuern nicht mehr bezahlen wollen. «Oder wenn die Stadtzuger aufgrund des Zuger Finanzausgleichs einfach ihren Anteil nicht mehr bezahlen. Wir würden mit einem solchen Entscheid ein Präjudiz schaffen.» Der NFA müsse angepasst werden, allerdings mit Verhandlungsgeschick. «Mit Drohungen ernten wir nur Kopfschütteln.»

«Wir müssen als Zuger endlich einmal aufstehen.»

Thomas Lötscher, Zuger FDP-Kantonsrat

Kantonsrats-Vizepräsident und FDP-Kantonsrat Thomas Lötscher lässt sich durch den möglichen Gesetzesbruch nicht abschrecken. Er sagt: «Klar sind wir gehalten, die Kantons- und Bundesgesetze einzuhalten. Wir haben aber auch geschworen, die Verfassung zu befolgen, und die steht noch über den Gesetzen.» Er zieht damit die Argumentation der FDP ins Feld, die hohen NFA-Abgaben seien nicht verfassungskonform, da der Kanton faktisch zu wenig Geld aus den Bundessteuern zurückerhalte.

Ein Verstoss gegen die Bundesverfassung?

Den Kantonen würde gemäss Bundesverfassung mindestens 17 Prozent der von ihnen eingezogenen Direkten Bundessteuer zustehen. Allenfalls sei eine Reduktion auf 15 Prozent erlaubt. Die Ausgestaltung der NFAs dürfe aber laut der FDP nicht dazu führen, dass Kantone von der bei ihnen generierten Bundessteuer nichts mehr erhalten würden. «Ein gewisser Anteil muss ihnen bleiben, zumal sie an der Erhebung der Bundessteuer massgeblich beteiligt sind», schreibt die FDP-Fraktion in ihrer Motion. Dieser Anteil, den Zug von den Direkten Bundessteuern zurückbekommen habe, sei jedoch geringer gewesen als der NFA-Beitrag, den Zug an den Bund abzuliefern hatte.

Und das verstosse gegen die Bundesverfassung. Für dieses Jahr soll die Rechnung gar noch drastischer ausfallen. Wenn der Kanton, wie es derzeit geplant ist, 252 Millionen Franken Bundessteueranteil erhält und gleichzeitig 317 Millionen Franken an den NFA abliefere, gebe Zug gar 65 Millionen Franken mehr ab, als er erhalte.

«Wir müssen als Zuger endlich einmal aufstehen», betont Lötscher. Diese Argumentation scheint der Mehrheit einzuleuchten. Der Kantonsrat überweist die Motion mit 42 zu 25 Stimmen an den Regierungsrat.

Freisinnige fühlen sich ungehört

Die Motion der Zuger FDP folgt dem Beispiel von Nationalrat Bruno Pezzatti und Ständerat Joachim Eder, den Zuger FDP-Vertretern auf Bundesebene. Diese haben im März bereits eine Motion auf Bundesebene eingereicht, welche verlangt, dass die NFA-Zahlungen so begrenzt werden, dass den ausgenommenen Kantonen netto mindestens zwei Prozent der Bundessteuer bleibe.

Auch im Kanton Schwyz drohten Politiker damit, ein Sperrkonto für NFA-Teilzahlungen zu eröffnen. Allen voran forderte dies die FDP-Nationalrätin Petra Gössi. Sie erklärt: «Uns ist wichtig, dass wir Geberkantone von den Nehmerkantonen gehört werden, dass man sich uns gegenüber gesprächsbereit erklärt. Uns machen die Nehmerkantone zwar den Vorwurf, dass wir trotzen würden, aber wenn die Nehmer nicht einmal mit uns auf eine Diskussion eintreten wollen, empfinde ich das ebenfalls als Affront.»

«Politiker, die eine solche Massnahme fordern, begreifen nicht, wie das System des Finanzausgleichs funktioniert.»

Iwan Rickenbacher, Politologe

Im Dezember erst entschied sich der Ständerat klar mit 26 zu 16 Stimmen gegen die Kürzung des NFAs um 330 Millionen Franken und damit gegen den Vorschlag des Bundesrates. Kommenden Februar wird das Geschäft in der Finanzkommission des Nationalrats besprochen. 

Viel Kopfschütteln, wenig Verständnis

Die Idee der FDP ist aufmüpfig. Gar rebellisch. Und hätte, würde sie tatsächlich umgesetzt werden, Konsequenzen von grosser Tragweite. Der Politologe Iwan Rickenbacher findet klare Worte für die Idee eines Sperrkontos für NFA-Gelder: «Das wäre ein absolutes Nullsummenspiel für Zug. Es ist ja nicht so, dass nur der Kanton dem Bund Geld zu überweisen hat. Der Bund leistet ebenfalls Transferzahlungen und könnte ja diese auch auf ein Sperrkonto verschieben. Die Politiker, die eine solche Massnahme fordern, begreifen nicht, wie das System des Finanzausgleichs funktioniert.»

Der Zuger Finanzdirektor Peter Hegglin hält die ganze Diskussion zwar noch für sehr hypothetisch, doch auch er malt schwarz, wenn er an mögliche Konsequenzen für den Kanton Zug denkt: «Das würde bedeuten, dass Zug sich klar der Bundesverfassung widersetzt, womit der Bund gegen den Kanton klagen und beispielsweise Verzugszinsen einfordern könnte.»  

Praktische Umsetzung kaum möglich

Auch der ehemalige Schwyzer Finanzdirektor Franz Marty verweist auf die «Patt-Situation», die mit der Sperre entstehen würde. Er bezweifelt aber grundsätzlich, dass die Drohung überhaupt wahr gemacht werden könnte. «Zwischen Bund und Kanton wird laufend abgerechnet über gegenseitige Guthaben und Ansprüche.» Er ist daher der Ansicht, dass es sich in erster Linie um eine Protestäusserung handle, «deren praktische Durchführung sich die Motionäre gar nicht überlegt haben.»

Der Luzerner Politologe Olivier Dolder von Interface Politikstudien ergänzt: «Die Kantone müssen sich an geltendes Recht halten. Dieses zu umgehen, ist äusserst problematisch. Eine Lösung muss auf politischem Wege gefunden werden. Solche provokative Aktionen sind klar der falsche Weg.»

Tatsächlich gäbe es andere Möglichkeiten, stimmt Marty zu. «Alle vier Jahre beschliessen die eidgenössischen Räte, wie stark der NFA-Topf gefüllt wird. Wenn sich jemand dagegen wehren möchte, kann er das mit einem Referendum tun.»

Und das will die FDP auch tun, falls sich die Finanzkommission des Nationalrats gegen die Geberkantone stellt. «Das ist durchaus ein möglicher Schritt. Das Wichtigste ist, dass wir kontinuierlich auf die Problematik aufmerksam machen», erklärt Jürg Strub, der Präsident der Zuger FDP.

Und zumindest in diesem Punkt kann die FDP Erfolge verzeichnen.

 

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