Die Schallplatte im Trend

Luzerner Musikläden rüsten sich für Vinyl

Hat mit zwei Kisten voller Platten angefangen: Walter Beer alias Wab in seinem Platten- und Comixladen in der Pfistergasse. Heute umfasst sein Sortiment 30 Kisten. (Bild: Sandro Portmann)

Die Schallplatte ist heute nicht mehr nur ein Sammlerobjekt. Die Verkaufszahlen steigen kontinuierlich. Das hat mehrere Gründe. «Sie hat einen wärmeren Klang, sind sich Musikliebhaber zum Beispiel einig. Darauf reagieren nun die Luzerner Musikgeschäfte.

Seit Jahren nimmt der Verkauf von Schallplatten kontinuierlich zu. Laut dem nationalen Branchenverband der Ton- und Tonbildträgerhersteller (IFPI) wurden 2013 in der Schweiz rund 50’000 Platten verkauft. Den Tiefpunkt hatten die Verkaufszahlen in den Jahren 2005 und 2006, wo je 20’000 Stück über den Ladentisch gingen. Die Verkaufszahlen während der Blütezeit wird die Platte allerdings wohl kaum wieder erreichen. 1980 wurden 7,8 Millionen Platten in der Schweiz verkauft.

In der Branche spricht man von einem Trend hin zu Vinyl. Das zeigt sich in Luzern an mehreren Orten. Die Musikanbieter rüsten sich für die Renaissance der Schallplatte. Zum Beispiel bei Radio «3Fach». Vor gut einem Monat, im Dezember 2014, eröffnete der Radiosender unter dem Namen 3Fach Records einen Plattenladen im selben Haus. Laut Musikredaktor Kilian Mutter sei das Geschäft gut angelaufen. «Wir sind zufrieden», sagt er.

Genaue Verkaufszahlen kann er noch keine nennen. Das Sortiment widerspiegelt das Radioprogramm. «Alles was wir im Laden haben, spielen wir auch», so Mutter. Das geht soweit, dass die Platten im Laden nach Sendungen oder Radiorubriken, wie dem «Album der Woche», geordnet sind. «Heute kaufen nicht nur Sammler oder DJs Platten. Das hat sich über die letzten Jahre so entwickelt.»

Musik Hug setzt neu auf Vinyl

Ein Stück vom Kuchen will auch der Musikfachhandel «Musik Hug». Seit einem Jahr bietet der Grosshändler hier am Kapellplatz wieder Platten in seinem Sortiment an. Für Abteilungsleiterin Edith Stadelmann gewinnt Vinyl an Bedeutung: «Die Platte war nie ganz ausgestorben. Nun ist sie wieder im Kommen. Die Verkäufe steigen kontinuierlich». Und sie geht nicht davon aus, dass sich das ändern wird. Dies ausgerechnet bei Tonträgern, wo man über das gesamte Sortiment einen Umsatzrückgang um bis zu 80 Prozent zu verzeichnen hatte. Und deswegen laut «Neue Luzerner Zeitung» sogar den Standort Luzern überprüfe.

Im Sortiment hat Musik Hug das ganze musikalische Spektrum, von Punk, Soul, Pop bis Jazz. Auch Plattenspieler hat das Musikgeschäft neu im Angebot. Für den Verkaufsmitarbeiter und Plattenliebhaber Andrea Badalamenti bietet die Platte einen Musikgenuss, den kein anderes Medium bieten kann. «Gerade im direkten Vergleich hat Vinyl bei der Musikqualität die Nase vorn.» Der Klang sei wärmer und intensiver als der einer CD.

Zunahme der Verkäufe

Platte wurde moderner

Damit sich die Platte wieder etablieren konnte, wurde sie moderner. Das zeigt sich nicht nur beim Angebot – viele Künstler bieten heute Platten an – oder den entsprechend trendigen Covern. Auch bei der Technik geht die Platte mit der Zeit. Den meisten Platten liegt heute ein digitaler Code bei, mit dem der Käufer die Musik zusätzlich kostenlos aus dem Internet herunterladen kann.

Das dürfte ein Grund für die Zunahme der Verkaufszahlen sein. Und diese steigen auch weltweit. Zahlen von Amazon UK, dem grössten Online-Händler, zeigen, dass seit 2008 die Vinyl-Verkäufe um über 745 Prozent gewachsen sind. Im Jahr 2013 sind die Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr 2012 um über 100 Prozent gestiegen.

Der älteste «Plattenladen» in der Stadt ist der Oldtown Store an der Hertensteinstrasse. Seit 39 Jahren gibt es hier CDs und Vinyl. «Die Platte ist ganz klar wieder im Trend», sagt Priska Vontobel: «Seit ein, zwei Jahren nehmen die Verkäufe wieder zu.» Im Vergleich zu früher sei das Angebot auch vielseitiger geworden. «Fast alle Musiker bringen heute eine Platte heraus.» Und auch die Platte selber sei moderner geworden. «Im allgemeinen ist die Musik heute besser aufgenommen und die Platte qualitativer in der Verarbeitung.»

Musikliebhaber finden im Oldtown Store heute alle Stilrichtungen auf Vinyl, «ausser House, Techno, und Rap», erklärt Vontobel. Auf der anderen Seite sei die CD immer weniger gefragt. «Wir hatten noch nie so wenige CDs im Regal wie heute.»

Gelegenheitsverkäufe nehmen zu

Einer der bekanntesten und grössten Plattenläden der Stadt ist der «Co-Mix Remix» an der Pfistergasse. In der Szene der Plattenliebhaber und DJs ist der Geschäftsführer Walter Beer besser bekannt unter dem Namen «Wab». Als er vor acht Jahren seine Leidenschaft zum Beruf machte, waren die Verkaufszahlen der Platten im Keller. «Wir haben mit zwei Kisten Vinyl angefangen», erinnert er sich.

Heute hat er rund 30 Kisten voller Platten. Zusammen mit den ausgelagerten umfasst sein Sortiment rund 10’000 Stück. Auch er spürt den Trend. Die genauen Verkaufszahlen weiss Wab zwar nicht auswendig. «Ich kann aber sagen, dass sie seit acht Jahren kontinuierlich steigen.» Das spüre er auch bei der Kundschaft. «In erster Linie kommen Sammler und DJs, um bei uns Platten zu kaufen. Das war schon immer so. Heute hat die Zahl der Gelegenheitskäufer stark zugenommen.» Er spricht von Jugendlichen, die den Plattenspieler von den Eltern entdeckt haben und sich nun selber eine Sammlung anlegen – mit ihrer eigenen Musik.

Der Vinyl-Liebhaber hofft, dass es ein Nischengeschäft bleibt. «Gerade deshalb hat die Platte ihren Reiz.» Er nennt als Beispiel an einer herkömmlichen Platte. «Schätzungsweise werden 5000 Alben in Vinyl gefertigt. Da ist es etwas Besonders, wenn ich eine davon besitze.» Für ihn ist klar: «Die Grösse des Markts ist für mich perfekt. Wird der aktuelle Trend zu gross, tötet das den Reiz.»

«Qualitativ gibt es nichts besseres»

Seit über 20 Jahren befindet sich der «Music & Art» an der Dornacherstrasse in der Luzerner Neustadt. Neben Vinyl verkauft er auch CDs, DVDs und Games – alles secondhand. Seit zehn Jahren führt Marc Akardas den Laden. Blickt er zurück, kann er keine grosse Veränderung bei der Kundschaft feststellen. «Eine gute Platte habe ich schon vor zehn Jahren gut verkauft. Das ist heute nicht anders.» An der Zahl der Käufe nimmt er keine grosse Veränderung wahr. «Das heisst nicht, dass es den Trend nicht gibt. Aber da ich kaum Neuheiten anbiete und hauptsächlich Oldies, spüre ich das vielleicht weniger.»

Alle Platten-Verkäufer loben zudem den Sound der guten alten Schallplatte. Dieser sei «voluminöser», «wärmer» und «im Klang wuchtiger». Wab vom Co-Mix Remix zieht sein Fazit: «Qualitativ gibt es nichts besseres.»

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